Austria
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Corona-Impfung "made in Austria"

In ihrer preisgekrönten Forschung kombiniert die Wiener Biotechnologin Pia Gattinger Impfstoffe für Sars-CoV-2 und Hepatitis B – mit herausragendem Erfolg.

„Das ist, glaube ich, das Tollste, was dieses Jahr passiert ist. Es hat mich riesig gefreut, weil ich nicht damit gerechnet habe“, sagt Pia Gattinger über ihre diesjährige Auszeichnung mit dem Life Science Research Award der Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT). Die an der Med-Uni Wien tätige Biotechnologin erhielt die Auszeichnung in der Kategorie Angewandte Forschung für ein Thema, das immer noch brandaktuell ist: die Entwicklung eines Sars-CoV-2 Impfstoffes.

„Ist man nach einer Covid-19-Erkrankung geschützt? Das war die erste Frage, mit der wir 2020 begonnen haben“, erzählt Gattinger. „Dann haben wir einen Test entwickelt, den man in jedem Labor auf der ganzen Welt ohne spezielles Equipment machen kann, um herauszufinden, ob ein Schutz besteht oder nicht.“ Die ersten Ergebnisse waren für die Wiener Arbeitsgruppe überraschend: „Wir haben früh entdeckt, dass nicht alle nach einer Covid-19-Erkrankung geschützt sind. Die Antiköper-Antwort schafft es nicht zu verhindern, dass das Virus an den Rezeptor bindet.“

Immun gegen zwei Krankheiten

Etwa 20 Prozent der Genesenen sind sogenannte Non-Responder, die keine ausreichenden schützenden Antikörper bilden. „Es gibt verschiedene Subklassen von Antikörpern, mit verschiedenen Aufgaben und einer bestimmten Abfolge während der Immunantwort“, sagt Gattinger. Dies kann mit dem neuen Impfstoff, den Gattinger entwickelt hat, erreicht werden. Das Besondere an dem PreS-RBD-Impfstoff ist die Kombination zweier rezeptorbindender Domänen (RBD), also Proteinteilen, von Sars-CoV-2 mit dem PreS-Teil des Hepatitis-B-Virus. „Die Rezeptorbindungsdomäne (RBD) wird von den Zellen nicht gut erkannt. Darum haben wir dieses Fusionsprotein hergestellt, das die Zellen stimuliert, um die Antikörper-Antwort hervorzurufen.“

Durch diesen molekularbiologischen Kniff wird nicht nur eine Immunität gegen Sars-CoV-2 erreicht, auch gegen Hepatitis B ist man geschützt. Zusätzlich ist der neue Impfstoff flexibel anpassbar. Durch die Verwendung von zwei RBD-Teilen können diese auch mit unterschiedlichen Varianten des Virus kombiniert werden. „Wie in einem Legosystem kann man einfach auswechseln, welche Variante gerade problematisch ist bzw. hat man auch die Möglichkeit, hochansteckende und besonders gefährliche Varianten zu kombinieren.“ Bisher traten bei den Versuchen auch keine Nebenwirkungen auf, Gattinger erwartet das auch nicht: „Es gibt ganz viele zugelassene Impfstoffe, die auch Proteine sind, zum Beispiel gegen HPV und Hepatitis, da gibt es auch keine großen Nebenwirkungen.“

„Um das Ganze in eine klinische Phase zu bringen, bräuchte man eine ordentliche Geldspritze. Das können wir als Forschungsgruppe nicht stemmen“, sagt die gebürtige Niederösterreicherin. „Aber das ist kein Grund, aufzuhören. Mein Bereich ist die Grundlagenforschung.“

Kein Tag ist wie der andere

Für Forschung begeisterte sich Gattinger schon in der Schule und maturierte deshalb an der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie Rosensteingasse in Wien. In den Alltag an einer Universität schnupperte sie dann bei der Arbeit in der Forschungsgruppe Molekulare Pflanzenbiotechnologie an der Boku Wien hinein.

Dort beschäftigte sie sich mit der Herstellung und Optimierung von Biopharmazeutika in Pflanzen – bevor sie ihr Studium berufsbegleitend begann. „Forschen macht mir auch heute so viel Spaß, weil man ein Problem hat und dann überlegen und experimentieren muss. Natürlich ist das auch manchmal try and fail, aber ich mag es, dass jeder Tag anders ist.“ Die ehemalige Handballerin findet ihren sportlichen Ausgleich beim Yoga und Segeln – beim Mannschaftssport war es immer schwieriger geworden, Termine für das Training zu finden. „Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam: dass man eine Leidenschaft für Forschung hat und dann wenig Platz für andere Hobbys bleibt.“

Zur Person

Pia Gattinger (35) studierte Biotechnologie an der Boku Wien und promovierte im internationalen Doktoratsprogramm „Molekulare, Zelluläre & Klinische Allergologie“ 2019 an der Med-Uni Wien. Zurzeit forscht sie dort am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie. Im September erhielt sie den Life Science Research Awards Austria 2022 der ÖGMBT.

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