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Deutschförderklassen: NEOS wollen "heilige Kuh" schlachten

"So wie die Deutschförderklassen jetzt angelegt sind, verhindern sie Integration statt sie zu fördern", so NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Sie und Integrationssprecher Yannick Shetty plädieren dafür, Schulen bei der Sprachförderung mehr Freiheiten zu geben. Bei den 2018/19 unter Schwarz-Blau eingeführten Deutschförderklassen werden Schülerinnen und Schüler, die die Unterrichtssprache nicht gut genug beherrschen und deshalb als außerordentliche Schüler eingestuft werden, maximal zwei Jahre lang bis zu 20 Stunden pro Woche in eigenen Klassen in Deutsch gefördert. Nur Fächer wie Werken, Musik oder Turnen verbringen sie mit ihrer Stammklasse. Separate Klassen werden aber erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet, außerdem sind die Deutschförderklassen nur für Kinder der ersten Schulstufe bzw. gerade in Österreich angekommene Quereinsteiger vorgesehen.

In der vom Bildungsministerium beauftragten Studie, deren Ergebnisse am Montag bekannt wurden, wurde Deutschförderung im Klassenverband von den rund 700 Lehrkräften und Schulleitern deutlich besser beurteilt als separate Deutschförderklassen oder auch die weniger Stunden umfassenden Deutschförderkurse. Ein nur mittelmäßiges Zeugnis gab es auch für den MIKA-D-Test, der über Zuteilung und Verbleib in der Deutschförderklasse bzw. den Wechsel in Deutschförderkurs oder Regelklasse entscheidet. Die sprachbezogenenen Ziele haben laut Befragung 21 bis 55 Prozent der Deutschförderklassen-Schüler nicht erreicht. Praktisch alle Befragten gaben an, dass vier Semester Sprachförderung zu wenig seien. Außerdem plädierten die Befragten für Änderungen auf der Steuerungsebene (u.a. kleinere Gruppen, mehr Autonomie und Flexibilität, mehr Ressourcen, integrativ statt segregiert, flexiblerer Aufstieg).

"Intensive Deutschförderung unerlässlich"

Darauf pochen auch die NEOS. Sogar die vom Bildungsministerium selbst in Auftrag gegebene Studie empfehle, die Entscheidung über die Form der Deutschförderung in die Hände der Schulen zu legen, statt stur allen ein Modell aufzuzwingen, das offensichtlich nicht funktioniere und sogar kontraproduktiv sei, so Künsberg Sarre in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. "Doch aus der türkis-blauen heiligen Kuh ist offenbar nahtlos eine türkis-grüne heilige Kuh geworden, die nicht geschlachtet werden darf. Damit verhindert die Regierung jede Verbesserung im Sinne der Kinder und der Gesellschaft."

Für neu zugewanderte Kinder sei intensive Deutschförderung unerlässlich, räumte Integrationssprecher Shetty ein. Kinder mit Deutschförderbedarf von ihren deutschsprachigen Mitschülerinnen und Mitschülern abzusondern, führe aber in den meisten Fällen weder bei Sprachkenntnissen noch Integration zu den gewünschten Ergebnissen. "Schulen können meist am besten beurteilen, wie sie ihren neuen Schülerinnen und Schülern die deutsche Sprache am effektivsten näher bringen", so Shetty. Die aktuelle Regelung nehme ihnen aber diese Möglichkeit zur Selbstgestaltung.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) hatte nach Bekanntwerden der Studienergebnisse angekündigt, am Modell der separaten Deutschförderung festzuhalten, sei diese doch "das beste Mittel", um möglichst schnell die deutsche Sprache zu lernen. Angesichts der hohen Zahl an Asylwerbern und 13.000 aus der Ukraine nach Österreich geflohenen Schülern soll es allerdings vier zusätzliche Stunden Förderung für jede der rund 1.400 Deutschförderklassen geben.

Studienmitautorin Julia Holzer reagierte zuletzt in der "Wiener Zeitung" skeptisch auf diese Ankündigung. Es sei nicht schlüssig, mehr Geld in "More-of-the-same" hineinzupumpen, ohne das Modell nachzubessern. Beim Koalitionspartner Grüne will man die Verbesserungsvorschläge aus der Studie aufzunehmen - und verweist auf entsprechende Punkte im Regierungsprogramm.