Austria
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Festnahmen in Reichsbürgerszene: Oberösterreicher unter den Verdächtigen

Die deutsche Bundesanwaltschaft hat Mittwochfrüh 25 Menschen aus der sogenannten Reichsbürgerszene im Zuge einer Razzia festnehmen lassen. Rund 3.000 Beamte seien in elf deutschen Bundesländern im Einsatz, sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde. Es wurden auch in Österreich und Italien Durchsuchungen durchgeführt. Mit Ausnahme einer Russin waren alle Festgenommenen nach Angaben der Bundesanwaltschaft deutsche Staatsbürger. Details dazu im Video: 

Außerhalb Deutschlands gab es demnach Festnahmen in Kitzbühel und im italienischen Perugia. Nach Angaben des österreichischen Innenministeriums hat es in zwei Bundesländern Österreichs Durchsuchungen gegeben. Der "Kurier" berichtete in seiner Onlineausgabe, dass sich unter den Festgenommenen auch ein Oberösterreicher und ein Tiroler befänden. Es gebe insgesamt "Spuren zu drei Österreichern". Es soll demnach neben Kitzbühel auch in Niederösterreich im Bezirk Amstetten eine Durchsuchung gegeben haben, hier kam es jedoch zu keiner Festnahme.

Es war zunächst unklar, ob Festgenommene auch die österreichische Staatsbürgerschaft hatten oder in Österreich ansässig waren. Auf der Namensliste der Bundesanwaltschaft befanden sich bis auf eine Ausnahme nur deutsche Staatsangehörige. In der italienischen Stadt Perugia (Umbrien) wurde ein deutscher Staatsbürger, der sich seit einiger Zeit in Italien aufhielt, aufgrund eines europäischen Haftbefehls in einem Hotel festgenommen.

"Erfolgreicher Schlag gegen die Szene"

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zeigte sich erfreut über die Festnahmen: "Ein erfolgreicher Schlag gegen die verfassungsfeindliche, demokratiezersetzende und rechtsextreme Reichsbürgerszene in Deutschland und Österreich. Die Polizeibehörden haben einmal mehr effizient, zielgerichtet und erfolgreich für die Sicherheit der Menschen zusammengearbeitet", hieß es in einer Mitteilung des Innenministeriums.

"Die Ermittlungen lassen in den Abgrund einer terroristischen Bedrohung aus dem Reichsbürger-Milieu blicken", sagte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser dazu. Justizminister Marco Buschmann bezeichnete die deutschlandweite Razzia als "Anti-Terror-Einsatz".

Noch am Mittwoch wollte die deutsche Bundesanwaltschaft mit der Vernehmung der ersten Festgenommenen beginnen, wie die Sprecherin sagte. Für 14.00 Uhr wurde eine Pressekonferenz angekündigt.

Soldat und Reservisten im Visier der Ermittler

22 der Festgenommenen sollen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung sein, zwei davon Rädelsführer. Weiters wurden drei Personen als Unterstützer festgenommen. Zudem gebe es 27 weitere Beschuldigte, sagte die Sprecherin. "Wir haben noch keinen Namen für diese Vereinigung", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Sie soll den Umsturz der staatlichen Ordnung in Deutschland und die Übernahme der Staatsführung geplant haben. Ins Visier der Ermittler gerieten dabei auch ein aktiver Soldat der deutschen Bundeswehr und mehrere Reservisten, teilte der Militärische Abschirmdienst (MAD) am Mittwoch in Köln mit.

Bei einer Festgenommenen handelt es sich um die Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann, eine frühere Bundestagsabgeordnete der rechtspopulistischen deutschen Partei AfD. Sie saß von 2017 bis 2021 im Bundestag, im März 2022 kehrte sie in den Richterdienst zurück und ist am Landgericht Berlin tätig. "Wir werden alle Instrumente ausschöpfen, um die Beschuldigte vollständig aus dem Richterdienst zu entfernen", sagte Berlins Justizsenatorin Lena Kreck am Mittwoch auf Anfrage der dpa. Die Berliner AfD-Vorsitzende Kristin Brinker reagierte mit Bestürzung auf die Festnahme von Malsack-Winkemann. "Wir sind alle überrascht", sagte Brinker am Mittwoch. Allerdings gelte auch für Malsack-Winkemann zunächst die Unschuldsvermutung. "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre sicher ein Parteiausschlussverfahren die Folge."

Heinrich XIII. Prinz Reuß als Kopf der Gruppe?

Zu den Verdächtigen gehört auch der hessische Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß. Der 71-Jährige steht laut Bundesanwaltschaft im Verdacht, einer der Rädelsführer der mutmaßlichen Terrorgruppe gewesen zu sein. Den Ermittlungen zufolge soll der Mann Vorsitzender des zentralen Gremiums der Gruppe ("Rat") gewesen sein und im Fall des Umsturzes als "zukünftiges Staatsoberhaupt" gegolten haben. Er soll auch versucht haben, über die ebenfalls festgenommene Russin Vitalia B. Kontakt zu Vertretern der Russischen Föderation aufzunehmen.

Russland bezeichnete die Razzia als innere Angelegenheit Deutschlands. "Das ist eher ein inneres Problem der BRD. Sie haben selbst konstatiert, dass hier keine Rede von einer Einmischung Russlands sein kann", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der russischen Agentur Interfax zufolge zu den mutmaßlichen Umsturzplänen. Russland habe das nur aus den Medien erfahren und könne nichts dazu sagen, meinte Peskow.

Verhandlungen mit Russland geplant

Zentrales Gremium der Gruppe sei ein "Rat" gewesen, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Dieser verfüge ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung über Ressorts wie Justiz, Außen und Gesundheit. "Die Mitglieder des "Rates" haben sich seit November 2021 regelmäßig im Verborgenen getroffen, um die angestrebte Machtübernahme in Deutschland und den Aufbau eigener Staatsstrukturen zu planen". Mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs hätte eine Übergangsregierung die neue staatliche Ordnung in Deutschland verhandeln sollen. "Zentraler Ansprechpartner für diese Verhandlungen ist aus Sicht der Vereinigung derzeit ausschließlich die Russische Föderation."

"Reichsbürger" sind Menschen, die die Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Oft stehen sie im Konflikt mit Behörden. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene mittlerweile mehr als 21.000 Anhänger zu.