Austria
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Mein Sohn Roman erkannte seinen Vater nicht in Uniform [premium]

Die Physiklehrerin Marianna Solocha aus Kiew schildert den Alltag im Krieg: die Angst, den Winter ohne Strom, die Sorgen um den Mann.

In Teremky, am Südrand von Kiew, steht eine der zahlreichen Satellitenstädte, die noch aus der Sowjetunion stammen. Es sind die immer gleichen, schäbig-grauen Wohnblöcke, mit den trostlosen Grünanlagen vor den Hauseingängen. Für Fremde ist diese riesige Wohnanlage aus den 1980ern schon tagsüber wie ein Labyrinth. Aber nach Einbruch der Dunkelheit, wenn der Strom wieder einmal ausfällt, irrt man wie durch eine Geisterstadt. In Teremky wohnt Marianna Solocha mit ihren beiden Kindern Olena und Roman.
Ihre 60 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung liegt im 17. Stock. „Der Aufzug funktioniert nicht und wenn, dann benutzen ihn höchstens alte Leute“, sagt Solocha. „Viele saßen dort schon stundenlang fest“, erklärt die 35-Jährige.

In Ohnmacht. Auf dem Tisch ihrer Miniküche brennt eine Kerze neben einem Campinggaskocher. Die braun-weiße Hauskatze liegt auf dem Bügelbrett. An der Wand hängt ein Marienbild. Ständig gibt es russische Luftschläge, die jederzeit auch ihr Wohnhaus treffen könnten. „Seit dem 10. Oktober leben wir so“, sagt Solocha. Sie legt die Hände kurz übers Gesicht und starrt dann wie abwesend ins Leere. „Von Monat zu Monat wurde es schlimmer.“ Die Zeiten ohne Licht wurden immer länger. Nicht einmal an Silvester hatte die Familie Strom, auch gab es einen Raketenangriff. „Ich stand gerade in einer Schlange mit 50 Leuten für Brot an, als die Polizei vor einem neuen russischen Angriff warnte.“ Kurz darauf schlug tatsächlich in der Nähe eine Rakete ein. „Es war eine riesige Explosion“, erzählt Solocha. „Ich fiel fast in Ohnmacht und suchte nur Deckung.“