Zudem wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Russland auch im aktuellen Angriffskrieg gegen die Ukraine Hunger als Kriegswaffe einsetze. Die gemeinsame Initiative von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS wurde auch von der FPÖ unterstützt, wie die Parlamentskorrespondenz mitteilte.
Die Regierung wurde in den angenommenen Entschließungsantrag aufgefordert, weiterhin dafür einzutreten, dass Hunger und Mangel nicht als Waffe gegen die Zivilbevölkerung oder als ein Druckmittel gegen Regierungen eingesetzt werden sowie Parallelitäten zwischen Geschichte und Gegenwart aufgezeigt und entsprechende Verbrechen verurteilt werden.
Kein Völkermord
Anders als zuletzt der deutsche Bundestag gingen die Nationalratsparteien nicht so weit, den Holodomor als Völkermord anzuerkennen. Man habe sich für den Begriff "schreckliches Verbrechen" entschieden, weil es für den Begriff Völkermord keine so breite Mehrheit gegeben hätte, erklärte ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler am Donnerstag. Der Begriff Völkermord sei zudem auch unter Historikern und Historikerinnen umstritten, argumentiert sie. Die vorliegende Entschließung bezeichnete sie als "symbolisch wichtigen Schritt". Ähnlich argumentierte die SPÖ. Es sei wichtig, dass alle fünf Parlamentsparteien gemeinsam Stellung beziehen, so Harald Troch. Der Politik stehe eine Definition von Völkermord nicht zu, komplexe historische Einschätzungen sollten Experten überlassen werden.
Auch Ewa Ernst-Dziedzic von den Grünen hielt eine breite Unterstützung der Initiative für wichtig. Allerdings erklärte sie, eine heutige politische Bewertung würde den Holodomor als Völkermord bezeichnen. Die NEOS, die am Wochenende eine Anerkennung als Völkermord gefordert hatten, erklärten, es sei wichtig gewesen, "klare Worte im Rahmen des Möglichen zu finden". Nikolaus Scherak betont, aus seiner Sicht handle es sich um Völkermord, immer mehr Länder würden das auch so anerkennen. Susanne Fürst von der FPÖ sprach von einem "millionenfachen Hungermord, der ein schreckliches Verbrechen des stalinistischen Regimes ist".
Im November 1932 hatte der sowjetische Machthaber Josef Stalin das gesamte Getreide und Vieh der neu kollektivierten ukrainischen Bauernhöfe beschlagnahmen lassen, einschließlich des Saatguts für die nächste Ernte. Millionen von ukrainischen Bauern verhungerten in den folgenden Monaten. Russland - wie die Ukraine ein Nachfolgestaat der Sowjetunion - hat die Einschätzung stets zurückgewiesen, dass es sich dabei um einen Völkermord handelte. Damals hätten Millionen von Menschen auch in anderen Teilen der Sowjetunion gelitten, lautet die Argumentation.