Austria
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Neuer Migrationsdruck über die Slowakei

Die Asylzahlen steigen EU-weit an, besonders auf der Balkanroute mehren sich die illegalen Aufgriffe. Wien und Prag wollen nun den Schlepperbanden zuvorkommen und führen ab sofort schwerpunktmäßige Kontrollen ein.

Ein Europa ohne Grenzkontrollen gibt es schon länger nicht mehr: In Österreich etwa werden an den Schengen-Binnengrenzen zu Ungarn und Slowenien bereits seit September 2015 polizeiliche Kontrollen durchgeführt. Damals hatte die große Flüchtlingsbewegung gerade erst begonnen.

Seit Donnerstag, 0.00 Uhr, wird nun auch an den Grenzübergängen zur Slowakei schwerpunktmäßig kontrolliert. Österreich reagiert damit auf die stark steigenden Asylzahlen und mögliche Ausweichrouten der Schlepper, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) erklärte: „Wir müssen reagieren, bevor die Schlepper reagieren.“

Welche Grenzübergänge sind betroffen und welche Fahrzeuge werden kontrolliert?

Die Kontrollen werden, den Schengen-Bestimmungen entsprechend, zunächst für zehn Tage eingeführt. Kontrolliert werde auf dem gesamten Grenzabschnitt, hauptsächlich aber an den Hauptverkehrsrouten, hieß es am gestrigen Mittwoch aus dem Innenministerium. Karner sagte im ORF-Radio, dass in erster Linie sogenannte Schlepperfahrzeuge überprüft würden. „Das sind meist weiße Kastenwägen“, so der Innenminister. Direkt an der Grenze kann mittels EU-Fingerabdruck-Identifizierungssystem auch festgestellt werden, ob eine Person bereits in einem anderen Mitgliedsland einen Asylantrag gestellt hat und somit dorthin zurückgebracht werden kann.
Seinen slowakischen Amtskollegen Roman Mikulec hat Karner am Dienstag telefonisch über die geplante Maßnahme informiert. Auch Tschechien begann Donnerstagnacht aufgrund des vermehrten Schlepperaufkommens mit Kontrollen an den Grenzen zur Slowakei.

Welche Staatsangehörigen bemühen sich um Asyl in Österreich?

Von Jänner bis August 2022 wurden nach Angaben des Innenministeriums 56.149 Asylanträge gestellt. Im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum bedeutet das ein Plus von 195 Prozent. Die meisten Anträge kommen derzeit von indischen Staatsangehörigen. Überhaupt gebe es immer mehr Asylanträge von Menschen, die aufgrund ihres Herkunftslandes keine Chance auf Asyl hätten, etwa Personen aus Indien, Pakistan, Marokko oder Tunesien, hieß es.

Was sind die Hintergründe für die jetzigen Grenzkontrollen?

Aus dem Innenministerium heißt es gegenüber der „Presse“, dass Wien die Grenzkontrollen zur Slowakei jetzt einführen müsse, da auch Prag diesen Schritt setze: Sonst würden Menschen, die an der slowakischen Grenze zu Tschechien abgewiesen werden, den Weg über die West-Slowakei Richtung Niederösterreich nehmen.
Oftmals reisen die Migranten über den Flughafen Belgrad in Serbien ein, wo etwa Inder, Tunesier oder Marokkaner Visafreiheit genießen. Von dort gelangen sie mithilfe von Schleppern über Ungarn nach Österreich oder in die Slowakei. An der Grenze Österreichs zu Ungarn – wo bekanntlich seit Jahren Kontrollen stattfinden – ist die Situation im Übrigen unverändert angespannt: Wöchentlich würden 2000 bis 3000 Migranten aufgegriffen – also beinahe so viele wie im großen Fluchtjahr 2015 –, warnte die burgenländische Landesregierung zuletzt. Das Ziel vieler Menschen heißt nach wie vor Deutschland, wo Innenministerin Nancy Faeser in der vergangenen Woche bereits Gesprächsbedarf mit ihren Amtskollegen in Serbien, Österreich, der Slowakei und Tschechien anmeldete. Gut möglich also, dass die Entscheidung zu den jetzigen Grenzschließungen auf Betreiben Berlins gefallen ist.

Wie ist die Situation in der gesamten EU zu bewerten?

Nach einem deutlichen Rückgang der Asylzahlen auf dem Höhepunkt der Pandemie zählte die EU-Asylagentur (EUAA) im ersten Halbjahr 2022 rund 406.000 Anträge in der gesamten Union. Das entspricht einem Anstieg um 68 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr. Afghanen, Syrer und Venezolaner machen bei den Antragstellern laut EUAA die größten Bevölkerungsgruppen aus.
Besonders auf der Balkanroute war das Migrationsaufkommen in den letzten zwölf Monaten hoch: Die EU-Grenzschutzagentur Frontex geht von einer Verdreifachung der illegalen Grenzübertritte aus. Ein Grund dafür dürfte sein, dass viele Syrer sich von der Türkei Richtung Westen aufmachen, da sie Angst vor einer Rückschiebung in ihr Heimatland haben: Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, steht vor den Wahlen kommendes Jahr unter Druck und will die Flüchtlingszahl drastisch reduzieren.