Austria
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Seltsame Auswüchse der Sonn- und Feiertagsöffnung

Touristen in der City drücken sich ihre Nasen an den Schaufenstern platt. Sie möchten am Sonntag einkaufen, können aber nicht. Anderen ist ihre Feiertagsruhe wichtig. Zeit für Familie. Offene Geschäfte, das heißt: Druck zu arbeiten. Egal, wie man zu diesen beiden Positionen steht, in Wien ist bei der Feiertagsöffnung ohnehin nichts eindeutig.

Löchrige Regelungen
Die Regelungen sind löchrig und kaum nachvollziehbar. Supermärkte an den großen Bahnhöfen und Verkehrsknoten dürfen aufsperren (und werden wie der Billa am Praterstern zum Marienfeiertag gestürmt). Aber nicht nur hier. Auch beim MQ oder in der Innenstadt gibt es Ausnahmen. Die Märkte dürfen nur Reiseproviant und Toilettenartikel verkaufen, müssen das restliche Sortiment abschirmen.

(Bild: Krone KREATIV)

Bäckereien sind mitunter auch gestattet, Lebensmittel wie Butter, Säfte, Milch & Co. am Sonntag zu vertreiben. Aber nicht allen. Dazu kommen Tankstellenmärkte und orientalische Läden. Manche müssten ihre Rollläden herunten haben, halten sich aber nicht daran. Und dann gibt es noch so ein Mittelding zwischen Gastro und Verkaufsgeschäft. So viel, so verwirrend.

Gewerkschaft bleibt bei Nein zur Sonntagsöffnung
Wien ist das einzige Bundesland, das keine Tourismuszonen hat. In diesen Zonen können alle Geschäfte offen halten, müssen aber nicht. Festlegen kann das der Landeshauptmann. Doch aus dem Wiener Bürgermeisterbüro heißt es seit Jahren: Nur wenn sich die Sozialpartner einigen. Aber die einigen sich nicht. Die Wirtschaftskammer betreibt die Sonntagsöffnung halbherzig. Die Gewerkschaft lehnt sie - trotz 100-Prozent-Zuschlag für die Beschäftigten - strikt ab.

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Eine Sonntagsöffnung bringt nicht mehr Umsatz, denn dann werden Milch und Mehl eben sonntags statt samstags gekauft, aber nicht mehr davon.

Karl Dürtscher, GPA-Bundesgeschäftsführer

(Bild: Peter Tomschi)
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Die jetzige Regelung ist eine Schnapsidee und eine echte Zumutung!

Richard Lugner (89). Baulöwe und Sonntagsöffnungs-Verfechter

„Alle Umfragen zeigen, dass die große Mehrheit der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Kunden am Sonntag geschlossene Geschäfte will. Eine Sonntagsöffnung bringt nicht mehr Umsatz, denn dann werden Milch und Mehl eben sonntags statt samstags gekauft, aber nicht mehr davon“, sagt Karl Dürtscher, GPA-Bundesgeschäftsführer.

Einer, der schon lange die generelle Sonntagsöffnung im Handel einfordert, ist Baulöwe und „Lugner City“-Betreiber Richard Lugner (89). Er hält die gegenwärtige Lösung für eine reine „Schnapsidee“ und will alles aufsperren. So wie es in vielen Metropolen der Welt völlig normal ist. Ändern wird sich in nächster Zeit aber wohl so schnell nichts.

Illegal aufgesperrt: Heuer schon mehr als 250 Verstöße
Nicht jedes Geschäft, das an Feiertagen seine Waren fein säuberlich feilbietet, darf das auch. 255 Verstöße gegen die Sonntagsöffnung haben die Gruppe Sofortmaßnahmen der Magistratsdirektion und das Marktamt (MA 59) allein im ersten Halbjahr 2022 festgestellt. Manche halten im vollem Wissen illegal geöffnet, bei anderen fehlt das Verständnis oder die Kenntnis.

„Viele Betriebe glauben, dass das Öffnen am Sonntag in einen rechtsfreien Raum fällt“, schilderte Walter Hillerer, Leiter des Einsatzteams Stadt Wien nach einer Schwerpunktkontrolle im Mai. Dem ist natürlich nicht so. Es gibt ein Öffnungszeitengesetz und die Gewerbeordnung, wenngleich die darin genannten Regelungen oft schwer verständlich und - siehe oben - mit Ausnahmen versehen sind.

Der ertappte Betreiber muss in der Regel mit einer Geldstrafe rechnen. Je öfter er erwischt wird, desto teurer wird es. Das kann dann mehrere Tausend Euro kosten. Schlitzohren umgehen das, indem sie das Gewerbe innerhalb der Familie weiterreichen. Dann fängt das Strafmaß jedes Mal von vorne an, schildert ein Experte. Ein Katz-und-Maus-Spiel, wie so oft.