Ich bin eine Klimasünderin. Mit 20.000 bis 25.000 gefahrenen Autokilometern pro Jahr lässt sich das nicht verleugnen. Zweimal im Monat pendeln zwischen der Wiener Großstadt und der idyllischen, aber öffitechnisch stark vernachlässigten steirischen Heimat.
Die A2-Südautobahn – ich kenne sie wie meine Wohnung. Jede Kurve, jeden Radarkasten, jeden der unzähligen Baustellenkilometer. Und ja, ich nutze dieses Wissen. Ein bisserl Gas geht immer, jede Minute weniger auf der Straße heißt mehr Zeit für Familie, Freunde und Freizeit. Ein Genuss, getrübt durch das schlechte Gewissen: Muss ich meinen CO2-Fußabdruck wirklich so tief in den Asphalt drücken?
Tempo 100 auf der Autobahn? „Krone“-Redakteurin Teresa Spari beendet den Versuch mit gemischten Gefühlen.
(Bild: Andi Schiel)
Eine Studie macht Hoffnung: 100 km/h statt 130 auf der Autobahn wären ein enormer Beitrag zur Verbesserung der Klimasituation, zum Energiesparen – und heben die Verkehrssicherheit. Der Arbeitskreis Verkehrspolitik der Gesellschaft für Straße, Schiene und Verkehr schlug zudem Tempo 80 auf Freilandstraßen und 30 im Ortsgebiet vor. Von zehn Prozent Sofortwirkung sprechen Experten, das Klimaministerium winkte ab.
Als Einzige mit Tempo 100 auf der A 2 – geht das?
Der ÖAMTC lehnt eine verordnete Temporeduktion ab, empfiehlt sie aber individuell. Geht das? Allein mit 100 km/h dahinschleichen, während andere rasen? Der Test zeigt: besser als erwartet.
Dienstagnachmittag auf der A2: Das Navi zeigt eine Fahrtzeit von 2 Stunden, 21 Minuten. An normalen Tagen eine Aufforderung, die berechnete Ankunftszeit zu schlagen. Gute zehn Minuten sind es üblicherweise, auch ohne Strafzettel zu riskieren. Aber nicht heute. Den Tempomat auf 100, und los geht’s von Graz Richtung Wien. Huper, Drängler, Überholer? Fehlanzeige. Aber gut - es gilt ja aufgrund der schlechten Luftwerte rund um Graz ohnehin das Tempolimit von 100 km/h.
Ankunft erwartet um 14.42 Uhr, ...
(Bild: Teresa Spari)
Wo ich mich sonst nach dem „100-Ende-Taferl“ sehne, genieße ich jetzt, mit meiner Geschwindigkeit nicht aufzufallen. Und ehrlicherweise: Die meiste Zeit bleibt das auch so. Luft-100er, Wechsel-100er über den Berg, Baustellen-80er – die Chancen, die Drehzahl nach oben zu treiben, sind auf der Südautobahn Mangelware.
Dahindümpeln zwischen Lkw auf der ersten Spur
„Weh“ tut die Selbstbeschränkung nur beim Überholen. Auch das ist untersagt, man reiht sich brav zwischen Lkw und hofft auf eine Steigung, um doch einmal ein wenig auf das Gaspedal zu steigen.
... knappe zehn Minuten mehr waren es schlussendlich.
(Bild: Teresa Spari)
Am Ende sind es wieder knappe zehn Minuten Abweichung vom Navi, allerdings nach oben. Verglichen mit meinem normalen Tempo also 20 Minuten, die mich das klimafreundlichere Fahren kostet. Eigentlich aushaltbar – und vor allem planbar. Freude macht der Blick auf den Spritverbrauch: Statt wie sonst zwischen 6 und 7 Liter sind es nun 4,5 Liter, die ich auf 100 Kilometer im Schnitt verbraucht habe. Bei den Dieselpreisen ein echter Gewinn.
Gemeinsamer Nenner für Gasfuß und Gewissen
Mehr Zeit, dafür ein reineres Gewissen und mehr Geld im Börsel. Mein Kopf schreit: JA! Das machen wir jetzt immer so. Er wird überstimmt – von Bauch und rechtem Fuß: Ich will keine Schleicherin sein. Bis zum Gesetz für Tempo 100 für alle steige ich weiter aufs Pedal. Der Kompromiss zwischen Gasfuß und Gewissen: 120. Und ab und zu ein Überholmanöver ...
Freude macht der Blick auf den Spritverbrauch.
(Bild: Teresa Spari)
Geschwindigkeitsgrenzen auf Europas Straßen: