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Ukrainische Künstlerin: Kachelofen des Kriegsgrauens [premium]

Die junge Multimediakünstlerin Julia Beliaeva verwirklicht mit der Gmundner Keramik ein irritierendes Projekt: drei Kachelöfen, die Wärme und Entsetzen verbinden.

Treffpunkt? Das riesengroße grün geflämmte Keramikhäferl vor der Keramikmanufaktur Gmunden. Das hätte sich Julia Beliaeva wohl auch nicht vorstellen können, früher, als die junge, 1988 geborene Künstlerin noch in ihrem Kiewer Studio am Computer und 3-D-Drucker arbeitete. Beliaeva ist eine der technisch Avanciertesten in der kleinen, aber regen ukrainischen Gegenwartskunstszene. Bei Kriegsbeginn floh sie mit ihrem Sohn über Dänemark nach Österreich. Kein Einzelfall, denn Wien gilt heute aus geografischen wie historischen Gründen (wieder) als Treffpunkt der ukrainischen Kunst-Diaspora. Die ukrainische Biennale-Venedig-Kuratorin lebt mittlerweile hier, wie auch die ehemalige Kiewer Kulturstadträtin. Beide haben vor Kurzem Ausstellungen mit teils hier lebenden ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern gezeigt („Die Presse“ berichtete).

Auch Beliaeva war vertreten: Bei „Contrapunct“ im Künstlerhaus mit zwei ihrer großen digitalen Prints. Darauf sind weiße Keramikfiguren in historische Hintergründe montiert. Eine davon ein dürres, vermummtes Mädchen. Beliaeva hat es vor Längerem schon aus einem alten Foto gelöst, das sich zufällig im Archiv des Wiener Diözesanmuseums befindet. Es stammt vom österreichischen Chemieingenieur Alexander Wienerberger (1891–1955), der 1932/33 in Charkiw die von russischer Seite lang tabuisierte Hungerkatastrophe der Ukraine dokumentiert hat, den Holodomor, eine der größten humanitären Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Beliaeva lässt dieses Mädchen jetzt durch Zeiten und Materialien reisen, wandelte es etwa durch ein 3-D-Verfahren in Keramik um.