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Folgen der Energiekrise: Axpo winkt dreistelliger Millionenbetrag aus deutscher Gasabgabe

Folgen der Energiekrise Axpo winkt dreistelliger Millionenbetrag aus deutscher Gasabgabe

Deutschland will Gasimporteuren erlauben, Zusatzkosten auf die Kunden zu überwälzen, wenn diese Ersatz für russisches Gas beschaffen. Von der Zwangsumlage profitieren auch profitable Schweizer Firmen.

Robert Habeck (links) beim Besuch eines Gasspeichers: Mit einer Zwangsumlage eilt der deutsche Wirtschaftsminister Gasimporteuren zu Hilfe, doch die Kritik wird lauter. 

Robert Habeck (links) beim Besuch eines Gasspeichers: Mit einer Zwangsumlage eilt der deutsche Wirtschaftsminister Gasimporteuren zu Hilfe, doch die Kritik wird lauter. 

Foto: Soeren Stache (Keystone/DPA) 

Deutschland greift den Gasimporteuren unter die Arme. Da diese kein oder viel weniger günstiges Gas aus Russland erhalten, müssen sie nun teuer Gas nachkaufen, um ihre Lieferverpflichtungen einzuhalten. Per Verordnung hat die deutsche Regierung nun die sogenannte Gasumlage beschlossen.

Damit sollen die Gasimporteure die Zusatzkosten auf ihre Kunden überwälzen können.  Wirtschaftsminister Robert Habeck will damit den Zusammenbruch von wichtigen Gasfirmen wie Uniper verhindern. Deutschland hat dem Unternehmen bereits mit Milliardenkrediten ausgeholfen.

Doch laut einem Bericht des deutschen «Handelsblatts» werden von der neuen Gasumlage auch Firmen profitieren, die profitabel sind und das Beschaffungsrisiko wohl aus eigener Kraft stemmen könnten. Von den zwölf Firmen, die sich bisher für Gelder aus der Gasumlage angemeldet haben, sind gleich drei aus der Schweiz. Darunter ist auch die Axpo, die mehrheitlich den Kantonen Zürich und Aargau gehört.

Axpo bestätigt Antrag

«Wir können bestätigen, dass die Axpo beim Trading Hub Europe im Zusammenhang mit ihren internationalen Gashandelsaktivitäten Ausgleichsansprüche als Gasimporteur (…) beantragt hat», teilte die Axpo mit. Das Unternehmen sei nur «geringfügig betroffen» und dürfte aus der Gasumlage «weniger als ein Prozent der geschätzten Gesamtsumme erwarten», hiess es.

Tönt nach wenig, kann aber noch eine dreistellige Millionensumme bedeuten. Denn laut Schätzungen dürfte die Gasumlage die deutschen Gaskunden insgesamt rund 34 Milliarden Euro kosten.

Sollte die Axpo nur ein halbes Prozent davon erhalten, wären dies rund 170 Millionen Euro, umgerechnet 160 Millionen Franken. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr erwirtschaftete die Axpo einen Halbjahresgewinn von 513 Millionen Franken.

Geld für profitable Konzerne 

Auch die Rohstoffkonzerne Vitol und Gunvor haben gemäss «Handelsblatt» Mehrkosten geltend gemacht, welche sie auf die Kunden überwälzen wollen. Der Fall Gunvor ist dabei besonders delikat, wurde der Ölhändler doch vom russischen Oligarchen Gennadi Timtschenko gegründet, der als Vertrauter Putins gilt. Kurz bevor die USA Timtschenko 2014 mit Sanktionen belegten, hatte dieser sich von seinen Gunvor-Anteilen getrennt.

Gunvor und Vitol liessen eine Anfrage zur Gasumlage ohne Antwort. Auch Gunvor ist hochprofitabel, im ersten Halbjahr wies der Konzern einen Gewinn von 841 Millionen Dollar aus, also umgerechnet rund 800 Millionen Franken. 

Die Bedingungen zur Gasumlage erlauben indes, dass auch profitable Firmen von der Umlage profitieren können und sie ihre Kunden zur Kasse bitten dürfen. Laut dem Bundeswirtschaftsministerium sehen die Bedingungen lediglich vor, dass Gasimporteure vom Ausfall russischer Lieferungen betroffen sein müssen. Ferner müssen die Verträge physische Gaslieferungen nach Deutschland vorsehen. Wirtschaftsprüfer sollen die Höhe der entstandenen Mehrkosten für den Ersatz des Gases aus Russland prüfen. 

Energieriese RWE verzichtet

Beobachter weisen darauf hin, dass Firmen gegenüber ihren Aktionären unter Rechtfertigungsdruck kämen, würden sie die gesetzlich festgelegten Geldansprüche nicht in Anspruch nehmen. Nimmt ein Gasimporteur die Umlage nicht in Anspruch, könnte dies als Schädigung der Aktionäre gewertet werden, so die Lesart. 

Für einen deutschen Durchschnittshaushalt bedeutet die Gasumlage Mehrkosten von umgerechnet 400 bis rund 550 Franken pro Jahr.

Doch diese Haltung ist offenbar kein Konsens. So hat der deutsche Energieriese RWE, bei dem ähnlich wie bei der Axpo Kommunen und Landkreise wichtige Aktionäre sind, bereits angekündigt, keine Gelder aus der Gasumlage in Anspruch nehmen zu wollen. Dagegen hat die OMV aus Österreich bestätigt, Geld aus der Umlage beantragt zu haben. Zur Höhe machte das Unternehmen keine Angaben. 

Die Umlage sieht einen Zuschlag für deutsche Gaskunden von 2,4 Cent pro Kilowattstunde, fällig ab dem 1. Oktober, vor. Für einen Durchschnittshaushalt wären das Mehrkosten von umgerechnet 400 bis rund 550 Franken pro Jahr. Entsprechend gehen Konsumentenschützer bereits auf die Barrikaden. Sie beklagen, dass Gaskunden nun die Gewinne und Dividenden der Konzerne bezahlen müssten.

Heikle Staatseingriffe

Um den Energiemarkt zu stabilisieren, hat auch die Schweiz bereits Staatseingriffe beschlossen. So hatte der Bundesrat im Mai den Rettungsschirm für die Stromfirmen verabschiedet. Dieser sieht vor, dass der Bund Stromfirmen mit Notkrediten von insgesamt 10 Milliarden Franken aushelfen kann. Denn im Stromhandel müssen die Energieunternehmen Sicherheiten hinterlegen. Steigen die Preise rasant an, kann der daraus folgende Geldbedarf Firmen in finanzielle Schwierigkeiten stürzen.

Am Rettungsschirm gibt es nach wie vor Kritik, unter anderem, dass er verpflichtend für systemrelevante Anbieter sein soll. Firmen, die die Staatsgelder bekommen, dürfen indes keine Dividenden ausschütten. Das ist bei Deutschlands Gasumlage dagegen erlaubt. 

Holger Alich ist stellvertretender Leiter des Wirtschaftsressorts. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Banken und die Pharma-Branche. Davor arbeitete der Volkswirt als Korrespondent aus Paris und Zürich für das deutsche Handelsblatt. Das journalistische Handwerk hat er an der Kölner Journalistenschule gelernt. Mehr Infos@Holger_Alich

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