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Kinderpropaganda in Nordkorea: Gaudi in Pyongyang

Kinderpropaganda in NordkoreaGaudi in Pyongyang

Propaganda ist das halbe Überleben für Machthaber Kim Jong-un. Dafür spannt das Regime auch Kinder ein. Eine elfjährige Videobloggerin erzählt, wie toll es in Nordkorea ist.

Von Nordkoreas Freizeitparks hatte die elfjährige Videobloggerin Song A aus Pyongyang schon in ihrem ersten Youtube-Beitrag geschwärmt. «Buchstäblich überall, wo du hingehst», seien welche in ihrer Heimatstadt. Und wenn westliche Internetnutzerinnen und -nutzer jetzt Song As jüngste Berichte «Munsu Wasserpark Teil 1» und «Munsu Wasserpark Teil 2» betrachten, müssen sie anerkennen: Wasserrutschenmässig ist die Parteidiktatur hervorragend aufgestellt. Lustig rauscht das Spassbad. Song A jubelt in makellosem British English: «Mit einem Wort würde ich das ein Wasservergnügen nennen.» So eine Gaudi in Pyongyang.

Propaganda ist das halbe Überleben für Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un, und natürlich beschränkt er sich dabei nicht nur auf das Staatsfernsehen und die Verlautbarungstexte der Arbeiterparteizeitung «Rodong Sinmun». Das Ausland soll nicht glauben, dass Nordkoreas Jugend nicht auch mit Selfiestick und sozialen Netzwerken umgehen kann. Nach Recherchen des südkoreanischen Nachrichtenportals NK News betreibt die staatliche Medienfirma Sogwang Media Corporation die Onlinekampagne seit 2018.

Fünftklässlerin und «Harry Potter»-Leserin

Junge Mädchen berichten dabei in kurzen Videos aus ihrem Leben. Entweder auf Chinesisch, Russisch oder Englisch. Natürlich ist Nordkorea darin immer toll. Auch mal zu toll. Laut NK News wurden solche Vlogs im Januar wegen Regelverstössen auf Twitter und Youtube gesperrt.

Die Serie «Song A’s Life» ist der nächste Versuch. Ihr erster Beitrag wurde am 20. Juni auf dem Twitterkanal eines Mannes namens Eric Endosen gepostet, der sich als «Anti-Imperialist/Friedensliebhaber/Juche-Fan» bezeichnet. Juche ist Nordkoreas Staatsideologie. Song A stellt sich als Fünftklässlerin und «Harry Potter»-Leserin vor. Ihr gutes Englisch habe sie von ihrer geduldigen Mutter. Ihr Text wirkt abgelesen.

In ihrem zweiten Video meldet sie sich aus dem Lockdown, den das Kim-Regime verhängte, nachdem es Mitte Mai den ersten Covid-19-Fall gemeldet hatte. Im Hintergrund sieht man eine geräumige Wohnung mit schweren Bildern an den Wänden. Song A erzählt, sie habe Fieber gehabt, Medikamente seien knapp geworden. «In diesem Moment klingelte es an der Tür. Wer könnte das sein?» Pause. «Es war der Militärarzt!» Zwei fürsorgliche Soldaten werden gezeigt, und die Elfjährige sagt: «Alles ist unter Kontrolle, wie immer.»

Tochter eines Diplomaten in London

Tae Yong-ho, einst Vizebotschafter Nordkoreas in Grossbritannien und nach seiner Flucht 2016 Parlamentier in Seoul, hat Song A mittlerweile erkannt. Sie sei die Tochter eines Diplomaten, mit dem er einst in London zusammengearbeitet habe. Das Mädchen habe damals dort gelebt, deshalb ihr britischer Akzent. Song A stammt also aus einer Elitefamilie. Klar, dass sie da mehr über Wellenbäder redet als über die Frage, wie der Rest der rund 25 Millionen Menschen in Nordkorea mit den Härten der Parteidiktatur lebt.

Kim Jong-un hat in den Staatsmedien übrigens gerade erklärt, dass das Coronavirus jetzt «ausgerottet» sei. Das ist natürlich gut für Song A und ihre 12’700 Follower. Das jüngste Video auf ihrem Youtube-Channel datiert vom 31. Juli. Vielleicht filmt sie jetzt wieder mehr. Es ist ja angeblich so schön in Pyongyang. 

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