Raffinierter RomanHürlimanns neuestes Buch ist ein Meisterwerk
In Thomas Hürlimanns «Der rote Diamant» verbindet sich die Suche nach einem verborgenen Edelstein mit dem Blick auf eine untergehende Kultur. Der Autor seinerseits zeigt grosse Fabulierlust.
Die Kombinationskunst erreicht in seinem neuen Buch einen neuen Höhepunkt: Thomas Hürlimann wühlt sich in «Der rote Diamant» auch durch sein eigenes Werk.
Bild: Remo Inderbitzin
Nein, zaubern kann er nicht, der Ich-Erzähler in Thomas Hürlimanns neuem Roman. Der «Zögling 230» fährt auch nicht in ein Zauberinternat wie Harry Potters Hogwarts, sondern in eine mächtige Klosteranlage, ein «Gebirge, doch mit Hunderten von Fenstern». Es heisst Maria zum Schnee, ist aber unverkennbar dem Kloster Einsiedeln nachempfunden, in dem der Autor acht Jahre als Internatsschüler verbracht hat. Hat J.K. Rowling in ihrer Romanserie das Internats- mit dem Zaubergenre überaus erfolgreich gemixt, so kombiniert Hürlimann Pubertätsgeschichte, Schatzsuche und Zeitenwende (in den «ewigen Tag» des Klosterrituals bricht 1968 ein, mit sexueller Revolution, Drogen und Vietcong-Fahne).