60 Minuten Albtraum in Wolfsburg Nico Schlotterbeck ist das Symbol für Flicks Scheitern

Der desaströse Auftritt von Nico Schlotterbeck erinnerte an Zoltan Sebescens einziges Länderspiel - das bestritt er im Februar 2000, es geriet zum Reinfall.
(Foto: picture alliance / SVEN SIMON)
Ein Albtraum auf links: Nico Schlotterbeck ist beim DFB-Debakel gegen Japan auf ungewohnter Position heillos überfordert. Er ist an den ersten beiden Gegentoren beteiligt und von seinen Mitspielern verlassen. Das Experiment scheitert krachend.
Nach dem einstündigen Albtraum auf links kam die Auswechslung für Nico Schlotterbeck einer Erlösung gleich. Der heillos überforderte Dortmunder durfte in Wolfsburg gnädigerweise den Platz verlassen - nach einem Abend, der kaum rabenschwärzer hätte verlaufen können. Schlotterbeck war DAS Gesicht der 1:4 (1:2)-Blamage gegen Japan - wie schon bei der bitteren WM-Auftaktpleite gegen die Blue Samurai im November.
Der Innenverteidiger war auf der linken Abwehrseite völlig deplatziert, an zwei Gegentoren beteiligt und hätte Japan beinahe ein drittes aufgelegt - all das hatte ihm Hansi Flick eingebrockt. "Ich werde keinen Spieler anprangern. Das sind die Dinge, die wir intern besprechen", sagte der Bundestrainer.
Doch seine Idee, analog zum WM-System 2014 mit einem Innenverteidiger links zu spielen (damals der höchst solide Benedikt Höwedes), ging krachend schief. Stand Schlotterbeck hoch, wurde er nach Vorbeilegen des Balles überlaufen - wie beim japanischen Siegtor durch Takuma Asano in Katar. Ging er tiefer in den Zweikampf, wurde er von den dribbelstarken Gästen ausgespielt.
Schlotterbeck stolpert von Unglück zu Unglück
"Er wird nicht unterstützt, aber er ist auch immer zu weit vom Gegner weg", sagte RTL-Experte Lothar Matthäus in der Halbzeit. Viele Beobachter waren verwundert, dass Schlotterbeck danach noch knapp 20 Minuten lang weiterspielen musste. Es wurde nicht besser. Kein Wunder: Er hatte die Position zwar einige wenige Male in der U21 oder im Freiburger Nachwuchs bekleidet, aber erst wenige Minuten lang im Seniorenbereich.
Flicks neuer Ansatz, Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger aufzubieten und ihn in Ballbesitz in den Aufbau einzugliedern, wird wohl links künftig eher von Robin Gosens flankiert werden. Der Profi von Union Berlin hat seine Stärken auch nicht in der Abwehr, kann dann aber zumindest offensiv Impulse setzen. Als er Schlotterbeck ab- und erlöste, führte er sich jedoch "direkt" mit einem Fehler ein, wie Flick monierte, und war am 1:3 wie am 1:4 beteiligt.
Schlotterbecks desaströser Auftritt passte ins Bild einer bislang verkorksten DFB-Karriere. Der 23-Jährige, beim BVB Partner in der Innenverteidigung von Niklas Süle, verursachte in seinen ersten fünf Länderspielen drei (!) Elfmeter. Beim siebten Einsatz verlor er gegen Japan (1:2) das besagte Laufduell mit Asano.
Auch im Juni gegen die Ukraine (3:3) agierte er extrem fehleranfällig und war für die beiden folgenden Partien raus. In seiner Not griff Flick nun auf der Problemposition hinten links auf "Schlotti" zurück. Doch die schlimme Stunde von Wolfsburg wird mit Blick auf die Heim-EM im kommenden Jahr niemandem weiterhelfen.