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AfD Bremen: Völlig außer Kontrolle

Das Chaos, das sich in Bremen abspielt, ist selbst für AfD-Verhältnisse spektakulär: Weil sich verfeindete Lager bekämpfen, darf die Partei nicht bei der Landtagswahl antreten. Das hat Folgen weit über die Hansestadt hinaus.

Streitereien vor laufenden Kameras, Attacken auf den Bundesvorstand, Strafanzeigen gegen Parteikollegen: Die Bremer AfD gibt seit Wochen ein desolates Bild ab. Der Landesverband ist zutiefst zerstritten, kurz vor der Landtagswahl Ende Mai ringen zwei Gruppen erbittert um die Macht. Beide Lager wollten ihre Kandidatenlisten für die Wahl durchbringen und reichten sie beim Landeswahlausschuss ein. Das geht allerdings nicht. Deshalb entschied das Gremium am Donnerstag endgültig, dass die AfD gar nicht antreten darf.

Das ist nicht nur für den Bremer Landesverband bitter, sondern auch für die Bundespartei. Eine von drei Landtagswahlen in diesem Jahr – verschenkt. Dabei war man 2018 noch so stolz darauf, nur fünf Jahre nach der Parteigründung in allen Landesparlamenten vertreten zu sein.

Mit dem Siegeszug ist schon seit einer Weile Schluss, zumindest im Westen: 2022 flog die AfD mit nur 4,4 Prozent aus dem Landtag in Schleswig-Holstein. In Bremen wird sie nun nicht einmal mehr die Chance auf ein paar Prozentpunkte erhalten. Sie scheitert schon vorher an sich selbst.

Es brodelt in vielen Landesverbänden

Der Eklat auf Landesebene steht im Widerspruch zu der heilen Welt, die die Parteispitze gerne auf Bundesebene inszeniert: Alles laufe wie geschmiert, erklären die Partei-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla gern. Und tatsächlich sind die Umfragewerte für die AfD mit ihrem neuen Kurs als "Friedenspartei" in der Ukraine-Krise gut. Zuletzt sorgten 16 Prozent beim Meinungsforschungsinstitut Insa dafür, dass die Partei bundesweit sogar die Grünen überholte.

Der demoskopische Erfolg kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der AfD an allen Ecken und Enden brodelt. Nicht nur der Bremer Landesverband ist stärker mit sich selbst als mit politischer Sacharbeit beschäftigt. Streit und Rechtsklagen ziehen sich durch viele Verbände, oft setzen sich AfD-Politiker dabei selbst schachmatt. Und den Bundesvorsitzenden gelingt es nicht, die Konflikte zu lösen.

Im Gegenteil: Im aktuellen Bremer Streit überwirft sich die Spitze mit einem der wichtigsten Gremien in der Partei: dem Bundesschiedsgericht. Das ist für die Verhängung von Parteistrafen zuständig, bis hin zu der Entscheidung über Parteiausschlussverfahren. Besonders in der AfD hat es eine wichtige Funktion, weil sich immer wieder Parteimitglieder mit Anträgen auf Ausschluss überziehen.

Die Lage in Bremen ist selbst für AfD-Verhältnisse so skurril, dass sich die Frage stellt: Wie konnte es so weit kommen?

"Das ist total irre"

Bevor die AfD dort zwei Wahllisten einreichte, hatte sich ein selbst ernannter "Notvorstand" um Heiner Löhmann und Frank Magnitz gegründet. Als Gegenentwurf gruppierte sich ein "Rumpfvorstand" um Sergej Minich. Das Magnitz-Lager kürte seine Kandidaten für die Wahl in Bremen Ende 2022, im Januar stellte das Minich-Lager ebenfalls eine Liste auf. Beide Seiten bezichtigten einander, Verfahrensfehler begangen zu haben.

Das AfD-Bundesschiedsgericht entschied pro "Notvorstand", der AfD-Bundesvorstand hielt dagegen zum "Rumpfvorstand". Die Folge: ein heilloses Durcheinander, absurde Auftritte vor der Landeswahlleitung und Strafanzeigen wegen versuchten Prozessbetrugs. Weil die AfD den Streit nicht parteiintern klären konnte, urteilte die Wahlleitung: Beide Landeslisten sind von der Wahl ausgeschlossen.

Für Heiner Löhmann, Vorsitzender des AfD-"Notvorstandes" in der Hansestadt, liegt das größte Problem dabei nicht in Bremen, sondern in Berlin – nämlich beim Bundesvorstand. Das Bundesschiedsgericht der Partei habe schließlich bereits im Januar in dem Streit zwischen den beiden Bremer Lagern geurteilt und sei zu dem Schluss gekommen, dass sein "Notvorstand" der rechtmäßige sei und nicht etwa der "Rumpfvorstand" von Sergej Minich. "Trotzdem hat der Bundesvorstand Minich unterstützt", sagte Löhmann t-online. "Das ist total irre."