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Asylkompromiss der EU: Die rote Linie ist überschritten

Ein Vorhaben wollten die Grünen bei der EU-Asylreform durchsetzen. Doch das hat die Bundesregierung nun für einen Kompromiss geopfert. Das dürfte ungemütlich werden.

Die EU hat sich auf eine Asylreform geeinigt. Auf den ersten Blick eine gute Nachricht: Seit mindestens 2015 ist klar, dass die Staatengemeinschaft ihre Regeln für das Asylsystem überholen muss. Doch es gibt – zumindest aus der Sicht der deutschen Bundesregierung – ein großes Aber. Und das wird nun vor allem für die Grünen zum Problem.

So schwierig sich auch die Verhandlungen in der EU gestalteten, ein Vorhaben wollten die Grünen unbedingt durchsetzen: Wer minderjährig ist, dürfe inklusive der Eltern nicht in haftähnliche Zustände an der Grenze geraten. Dafür setzte sich vor allem die grüne Außenministerin Annalena Baerbock ein – und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nahm dies als eine der zwei zentralen deutschen Forderungen mit zu den Verhandlungen nach Luxemburg.

Doch daraus wurde nichts. Um einen Kompromiss zu finden, gab die Bundesregierung ihren Standpunkt auf. Die FDP dürfte das freuen. Die Partei hatte schon vor dem Gipfel dafür geworben, diese Position zu kippen, um eine Einigung auf EU-Ebene zu erreichen.

Einigung zu welchem Preis?

Für die Grünen wird sich nun die Frage stellen: zu welchem Preis? Denn Minderjährige in Haftlagern, das war die rote Linie – gezogen von Menschenrechtsgruppen, Asylanwälten, aber auch von der grünen Basis und Bundestagsabgeordneten der Grünen und SPD. "Minderjährige Geflüchtete und ihre Eltern dürfen keinesfalls in solch ein Grenzverfahren kommen", hieß es in einem offenen Brief, den vor allem jüngere Politikerinnen und Politiker von Grünen und SPD vor den EU-Verhandlungen unterschrieben hatten.

Außenministerin Annalena Baerbock bemühte sich am Abend um Schadensbegrenzung: "Zur Ehrlichkeit gehört: Wenn wir die Reform als Bundesregierung alleine hätte beschließen können, dann sähe sie anders aus", schrieb sie in einer Erklärung. "Aber zur Ehrlichkeit gehört auch: Wer meint, dieser Kompromiss ist nicht akzeptabel, der nimmt für die Zukunft in Kauf, dass niemand mehr verteilt wird." Das mag stimmen, denn mit seinen liberalen Forderungen stand Deutschland in der EU fast allein auf weiter Flur.

Und doch ist die rote Linie überschritten. Noch vor dem Treffen in Brüssel hofften Parteimitglieder darauf, dass zumindest diese eine Forderung Weg in die Reform finden würde. Doch falls Baerbock auf Parteidisziplin spekuliert hat, wurde sie nun enttäuscht.

Während Parteichef Omnid Nouripour von einem schwierigen, aber notwendigem Schritt sprach, sagte seine Co-Chefin Ricarda Lang: Deutschland hätte diesem Kompromiss nicht zustimmen dürfen. Noch deutlichere Worte fand die Bundessprecherin der Grünen Jugend: Sie sei fassungslos, sagte Sarah-Lee Heinrich. Und die Grünen-Bundestagsabgeordnete Jamila Schäfer sagte t-online: "Diese Einigung ist eine Verstetigung von Leid und Chaos". Für die Grünen wird es nun richtig ungemütlich.