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Auswärtiges Amt kalt erwischt: Traf Scholz Panzer-Entscheidung allein?

Das Auswärtige Amt wurde von der plötzlichen Panzer-Entscheidung des Kanzlers überrascht. Das geht aus einem Dokument hervor, das t-online vorliegt.

Plötzlich ging alles ganz schnell. Deutschland stand nicht mehr auf der Bremse. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat vergangene Woche entschieden, deutsche Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Daraufhin verstummte die internationale Kritik am Bundeskanzler und in der Ampelkoalition kehrte in der Debatte ebenfalls Ruhe ein.

Aktuelle Recherchen von t-online zur Panzer-Kehrtwende des Kanzlers zeigen nun aber vor allem eines: Scholz' Umdenken war eine Überraschung, auch für Teile der Bundesregierung.

Begehrtes Kriegsgerät: Das kann der Leopard II. (Quelle: t-online)

Ende der Panzerblockade kam überraschend

Besonders das Auswärtige Amt hat der Panzervorstoß des Kanzleramtes kalt erwischt. Das Ministerium von Annalena Baerbock (Grüne) hatte kurz vor der Entscheidung noch ein Kommuniqué an alle deutschen Auslandsvertretungen verschickt. Das Dokument liegt t-online exklusiv vor.

Darin enthalten: Sprachregelungen, wie etwa deutsche Diplomatinnen und Diplomaten das deutsche Zögern in der Panzerfrage offiziell begründen sollen.

Quotation Mark

Die Bundesregierung hat zur Frage der Lieferung von Kampfpanzern aus Deutschland noch keine Entscheidung getroffen. Innerhalb der internationalen Unterstützerkoalition für die Ukraine besteht bei der Frage der möglichen Lieferung von Leopard 2 (oder 1) noch Gesprächsbedarf.

"Lines to take" vom Auswärtigen Amt (24. Januar 2022)

Diese Kommunikationshilfen für Diplomatinnen und Diplomaten verschickte das Auswärtige Amt nach Informationen von t-online am 24. Januar – also am Tag der Panzerwende – gegen 17 Uhr über eine interne Kommunikationsplattform. Also eine Stunde nachdem bereits durchgesickert war, dass die US-Regierung den Export von Abrams-Kampfpanzern prüft und eine Stunde bevor Deutschland seine Blockade bei den Leopard 2 aufgab. Abgesegnet wurde das Schreiben nach t-online-Informationen ausgerechnet von Staatssekretär Andreas Michaelis, dem von Baerbock gewählten, neuen deutschen Botschafter in Washington.

In dem Schreiben heißt es weiter, dass die Bundesregierung diese Entscheidung "überlegt" und "abgewogen" treffen wolle. Von einem baldigen Beschluss ist keine Rede. Auch über die Genehmigung für andere Staaten, Leopard-Panzer aus deutscher Produktion zu exportieren, gab es am Vormittag noch keine Beschlusslage der Bundesregierung, die das Auswärtige Amt rechtzeitig erreicht hat. Der Stand im Auswärtigen Amt: Man werde das prüfen.

Quotation Mark

Polen hat am 24.01. die Genehmigung für den Re-Export von in DEU hergestellten Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine beantragt. Die Bundesregierung wird das mit gebotener Dringlichkeit prüfen und darüber entlang der bewährten Verfahren und Zuständigkeiten entscheiden.

"Lines to take" vom Auswärtigen Amt (24. Januar 2022)

Bereits am Nachmittag waren diese Sprachreglungen nicht mehr gültig und das Auswärtige Amt zog sie offiziell zurück. Eine neue Version musste ausgearbeitet und erneut verschickt werden.

War Scholz' Panzerwende so geplant?

Das Dokument ist ein Beleg dafür, wie plötzlich die Panzer-Entscheidung gefallen sein muss. Der Export von Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine war am Vormittag des 24. Januar noch keine Beschlusssache der Bundesregierung. Im Gegenteil.

Besonders brisant: Außenministerin Annalena Baerbock verkündete schon am 22. Januar in einem Interview mit dem französischen TV-Sender LCI, dass Deutschland Lieferungen von Leopard-Panzern durch Bündnispartner nicht blockieren würde. Dieser Vorstoß geschah ohne Rückendeckung von Scholz und der Bundesregierung. Mehr zum Streit zwischen Baerbock und Scholz erfahren Sie hier.

"Krieg gegen Russland": Annalena Baerbocks Aussage irritiert das Netz. (Quelle: t-online)

Die Entscheidung über die deutsche Panzerwende wurde am 24. Januar schließlich final im Bundessicherheitsrat getroffen. Im Auswärtigen Amt schien man damit nicht gerechnet zu haben. Stattdessen sah man sich offenbar zeitgleich weiterhin dazu gezwungen, händeringend Begründungen für das deutsche Zögern zu finden. Wirklich gebraucht wurden die Sprachregelungen dann letztlich nicht mehr.