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„Balsam für die Seele“: Gladbacher Kirmes startet zu Pfingsten wieder

Bergisch Gladbach -

Diese Rückkehr treibt vielen Menschen die Tränen in die Augen. Allerdings nicht nur vor Freude. „Drei Schausteller sind in der Zwischenzeit gestorben, einer an Corona, drei haben aufgeben müssen, einer ist abgebrannt, ein weiteres komplettes Kirmesunternehmen im Ahrtal abgesoffen“, sagt Gladbachs Kirmesmacher im städtischen Auftrag, Burkhardt Unrau.

Nicht nur für ihn ist es ein Wechselbad der Gefühle, sondern auch für Bürgermeister Frank Stein: Einerseits ging die Pandemie nicht spurlos an den Schaustellern vorbei. Andererseits sind Unrau und Stein nach zweieinhalb Jahren Zwangspause „unendlich glücklich, dass die Kirmes in der Stadtmitte wieder stattfinden kann“.

Die Laurentiuskirmes im August 2019 war die letzte Kirmes vor der Pandemie. Mit der Pfingstkirmes kehrt das Volksfest nach Gladbach zurück.

Die Laurentiuskirmes im August 2019 war die letzte Kirmes vor der Pandemie. Mit der Pfingstkirmes kehrt das Volksfest nach Gladbach zurück.

Das hatten beide im vorigen Jahr bei einer der engagierten Aktionen, mit denen Unrau auch während der Pandemie das Kulturgut Kirmes und die Schausteller in den Fokus gerückt hatte, versprochen. „Pfingsten 2022 werden wir wieder eine Kirmes auf dem Konrad-Adenauer-Platz eröffnen – und wenn ich dafür in den Knast gehe“, hatte Unrau angekündigt und Bürgermeister Stein hatte dem Geschäftsführer des Schaustellervereins beigepflichtet. Beide haben Wort gehalten.

Herzen mit der Aufschrift „Wir sind wieder da“

Jetzt steht „Wir sind wieder da“ auf den Lebkuchenherzen, die zum großen Comeback der Kirmes in der Kreisstadt an Pfingsten verteilt werden sollen. „Ich hatte wirklich Sorge, dass ein 1200 Jahre altes Kulturgut zugrunde geht“, erinnert sich Unrau an die schweren vergangenen beiden Jahre, in denen eine Volksfest-Kirmes wie in Gladbach nicht möglich war.

„Und es war auch deutlich schwieriger, jetzt wieder alle Plätze zu füllen“, berichtete der Mann, der seit nunmehr 42 Jahren die Gladbacher Kirmessen organisiert, von den Vorbereitungen auf die jetzige Pfingstkirmes. Manche Schausteller hätten nicht mal mehr ausreichend Geld gehabt, um ihr Fahrgeschäft durch den TÜV zu bringen.

Kirmesplatz in gemeinsamer Anstrengung für Pfingsten gefüllt

In gemeinsamer Kraftanstrengung gelang es am Ende doch, die Kirmes zu füllen. Und wie. „Jetzt bin ich der glücklichste Mensch hier. Kirmes ist Balsam für die Seele“, strahlt Unrau und betont: „Das hier geht nur, weil viele Menschen mithelfen.“

Dazu zählten in der Pandemie ebenso Bundestagsabgeordneter Dr. Hermann-Josef Tebroke, der den Kontakt nach Berlin hergestellt hatte, wie Kanzleramtsminister Helge Braun, der ein „sehr guter Gesprächspartner“ gewesen sei, um auf die Not der Schausteller hinzuweisen. Aber auch NRW-Innenminister Herbert Reul, der eine der bundesweit beachteten Solidaritätsaktionen für die Kirmes unterstützt hatte. Und ohne die Unterstützung aus der Stadtverwaltung sei die Kirmes, die in ihren 180 Jahren mehr als einmal ums Überleben hatte kämpfen müssen, ohnehin nicht denkbar, so Unrau.

Bürgermeister als Zirkusdirektor und Kirmesveranstalter

„Wenn alle nur machen würden, was sie machen müssen, würde es so etwas nicht geben“, konstatierte der Rathauschef beim Pressetermin am Rande des Konrad-Adenauer-Platzes, auf dem in der kommenden Woche wieder die Kirmesgeschäfte aufgebaut werden, die dann am Samstag, 4. Juni, 12 Uhr offiziell eröffnet werden.

Dass er als „Bürgermeister auch so eine Art Zirkusdirektor sei“, habe er ja bereits vor seiner Kandidatur gewusst, sagte Rathauschef Stein augenzwinkernd: „Dass ich aber mit diesem Amt in Bergisch Gladbach auch Kirmesveranstalter werde, habe ich erst als Bürgermeister erfahren.“

Begegnungsfest für vor dem Krieg geflüchtete Kinder und ihre Familien

Parallel zur offiziellen Eröffnung gibt es diesmal ein besonderes Angebot für geflüchtete Kinder. In den Kirchgarten der Evangelischen Gnadenkirche lädt der Verein „Wir für Bergisch Gladbach“ ein zum Begegnungsfest für geflüchtete Kinder mit ihren Familienangehörigen, die im Anschluss Gutscheine für die Kirmes erhalten.

Finanzieren möchte „Wir für Bergisch Gladbach“-Vorsitzender Ferdinand Linzenich die Aktion aus Spenden, zu denen er mit seinen Brüdern anlässlich des 40. Geburtstags der Linzenich-Gruppe die Gäste der Jubiläumsgala aufgerufen hat. „Es ist toll, dass die Kirmes wieder da ist, und wir die Kinder dann auch dorthin einladen können“, so Linzenich. Eingeladen werden die Kinder über die städtischen Sozialkräfte in den Geflüchtetenunterkünften und -begegnungszentren.

Nicht „trotz, sondern auch wegen des Krieges in der Ukraine“, finde die Kirmes diesmal statt, so Burkhardt Unrau. „In allen Kriegszeiten hat es auch Kirmessen gegeben.“ Auf die Böllerschüsse zum Beginn werde aus Rücksicht auf die vor dem Krieg Geflüchteten zwar verzichtet, aber die Kirmes biete in schweren Zeiten vor allem auch eines: Hoffnung. Unrau: „Es muss leuchtende Augen, nicht nur bei Kindern und auch in Krisenzeiten geben.“