Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Bayern-Wut und Nagelsmanns Stolz: Was passiert nun mit Manuel Neuer?

Manuel Neuer hat sich die Zukunft beim FC Bayern deutlich verkompliziert. Mit seinem wütenden Interview bringt er die Bosse und den Cheftrainer des Klubs gegen sich auf. Endet seine Zeit in München nun? Oder lässt sich das Verhältnis tatsächlich nochmal kitten?

Das Leben von Manuel Neuer geht weiter. Der Torwart des FC Bayern arbeitet auch an diesem Dienstag weiter hart an seinem Comeback. Im Tor des Rekordmeisters. Bis zum Sommer 2024 steht der 36-Jährige in München noch unter Vertrag. Doch ganz so einfach wie sich die Sache liest, ist sie nicht. Denn Manuel Neuer hat sich das (Berufs)-Leben spätestens am vergangenen Freitag selbst deutlich verkompliziert. Sein abrechnender Hilferuf oder seine Hilfe rufende Abrechnung haben den Verein zumindest mal auf Barrikaden gerufen. Welche Folgen das Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" und "The Athletic" für den Kapitän haben wird, das ist in diesen Tagen ein nationales Thema - über den Fußball hinaus. Nur die ARD verkniff sich einen Brennpunkt. Welche Szenarien sind möglich?

Manuel Neuer bleibt Kapitän und Nummer eins: Dieses Szenario erscheint Anfang Februar das am wenigsten realistische. Es müsste tatsächlich einiges passieren, damit der Frieden zwischen Profi und Verein wieder hergestellt wird. Nicht zum ersten Mal wirft der Keeper den Verantwortlichen im Klub schlechten Stil vor. Ging die Sache während der Vertragsverhandlungen 2020 noch gut aus, auch weil der Keeper in einer Weltklasse-Form war, so entwickelt sich die Situation derzeit zugunsten von Neuer. Schon vor seinem folgenschweren Skiunfall nach der nächsten WM-Katastrophe waren Zweifel aufgekommen, ob der Keeper wirklich noch unantastbar ist. Dann folgte die fatale "Schwabenrunde" und die Transfer-Reaktion der Münchner. Mit Yann Sommer holten sie den vielleicht stärksten Bundesliga-Keeper der vergangenen anderthalb Jahre als Ersatz und statteten ihn mit einem langen Vertrag bis 2025 aus. Durchaus ein Indiz, dass die Klubbosse ein Post-Neuer-Szenario vorbereiten.

Dass der Klub vor wenigen Wochen mit Torwarttrainer Toni Tapalovic noch einen engen, den engsten Vertrauten des 36-Jährigen rauswarf, weil Chefcoach Julian Nagelsmann ihn nicht für loyal genug hielt und sogar Geheimnis-Plaudereien vermutete, hat das Standing von Neuer zusätzlich geschwächt. Nagelsmann berichtet zwar von einer "ehrlichen" Aussprache mit dem wütenden Keeper, wie nachhaltig die Dinge ausgeräumt worden sind, offen. Die Beziehung zum Chefcoach ist indes nicht das einzige Hindernis, das Neuer auf dem Weg zurück ins Bayern-Tor überwinden muss. Da sind auch noch die angezickten Führungskräfte um Hasan Salihamidžić, die sich zum zweiten Mal von Neuer im Stich gelassen fühlen. Erst durch den Unfall und die Folgen, auch finanziell, bis zu 25 Millionen Euro kostet den Verein der Ausfall immerhin, und dann noch durch die Abrechnung. Letztes Hindernis: Yann Sommer. In einem offenen Konkurrenzkampf - und der dürfte ohne Tapalovic tatsächlich sehr offen sein - ist es keineswegs ausgemacht, dass Neuer als Nummer eins zurückkehrt. Aber: Zu oft hat der Junge aus der Malocherstadt Gelsenkirchen schon gezeigt, wie wuchtig er aus prognostizierten Trümmer auferstehen kann.

Manuel Neuer verliert den Konkurrenzkampf und wird Nummer zwei: Dieses Szenario lässt sich ausschließen. Immer dann, wenn sich ein Herausforderer öffentlich positionierte, bellte die Torwart-Legende laut zurück und verteidigte seinen Stammplatz mit noch größerer Verbissenheit. Das war in der Nationalmannschaft so, als Marc-André ter Stegen aufbegehrte. Das war beim FC Bayern so, als es um versprochene Einsätze für Alexander Nübel ging. Neuer, so betonte er, wolle immer der Protagonist sein. Und als dieser auch abtreten. Für das DFB-Team hat er als möglichen Abschluss die Heim-EM 2024 ausgerufen. Dafür müsste er Nummer eins bleiben. Ob er nach dem ausgeheilten Beinbruch aber tatsächlich noch einmal die Form erreicht, die es ihm möglich macht, mit Sommer und eventuell auch Nübel zwei starke und ambitionierte Herausforderer hinter sich zu lassen? Und ob er degradiert dann auch noch Kapitän bleiben könnte (wohl nicht)? Zumindest für die aktuelle Nummer eins gab es lange ein Hintertür-Szenario. Manchester United soll sehr an Sommer interessiert sein. Womöglich ist das der Königsweg für den verletzten Titanen und seine Karriere beim FC Bayern.

Das belastete Verhältnis zu Klub und Trainer ist nicht mehr zu reparieren und Neuer muss wechseln: Das Thema Auflösung des Vertrags hat Präsident Herbert Hainer abmoderiert. Bedeutet also auch: Die Bayern haben Manuel Neuer noch nicht aufgegeben. Aber sie werden die Sache mit dem Interview, das haben sie bereits an allen Fronten sehr klar gemacht, nicht einfach so auf sich sitzen lassen. Mindestens eine saftige Geldstrafe wird es geben, angesichts der vielen Millionen, die Neuer in seinem Leben angehäuft hat, hat dies aber bestenfalls Symbolkraft. Spannender ist tatsächlich, ob es zu einem Machtkampf zwischen dem Keeper und dem Trainer kommt. Nagelsmann soll der treibende Mann hinter der Absetzung des Torwarttrainers und Neuer-Kumpels gewesen sein. So professionell das Business auch sein soll, so professionell ist es nicht. Der Torwart hat das mit seiner Interview-Abrechnung überdeutlich gemacht.

Um das Verhältnis von Nagelsmann und Neuer soll es ohnehin schon länger nicht gut bestellt sein. Wie der "Kicker" gerade erst berichtet hat, soll dem Kapitän aufstoßen, dass er nicht der Hauptansprechpartner für den Trainer ist. Joshua Kimmich soll demnach der erste Mann für den stolzen und von seinem Weg überzeugten Nagelsmann sein. Neuer sei dagegen häufiger "außen vor", heißt es. Schon eine ungewöhnliche Gemengelage im Machtkonstrukt einer Mannschaft. Kommt es womöglich zu einem Machtkampf, einem Showdown? Der Trainer dürfte (jetzt erst recht) das deutlich bessere Blatt haben, auch wenn es in dieser Saison schon häufiger mal Kritik an seiner Taktik gab. Eng dürfte es für ihn indes nur werden, sollte der Verein im Achtelfinale der Champions League an Paris St. Germain scheitern und es auch in der Bundesliga mit dem Titel nicht klappen.

Und wie Alphatier-Kämpfe in München enden können, hat die jüngere Vergangenheit bewiesen: Der, der am lautesten bellt, verliert. So war es im Duell zwischen Salihamidžić und Hansi Flick. So war es auch im Duell zwischen Robert Lewandowski und dem Verein. Der Stürmer durfte zwar tatsächlich gehen, aber dafür erstritt sich der Klub eine fürstliche Ablöse. Aber wohin könnte Neuers Weg gehen, wenn er tatsächlich von der Säbener Straße wegführt? In der Bundesliga hätte höchstens RB Leipzig auf höchsten Niveau Bedarf, wenn Peter Gulasci sich bis Sommer nicht von seiner Knieverletzung samt Entzündung erholt. Allerdings sollen sich die Leipziger ganz lose mit dem deutlich jüngeren Nübel beschäftigen. Und im Ausland? Welcher Klub auf höchsten Niveau, das bleibt ja der Anspruch von Neuer, hat Bedarf an einem dann 37-Jährigen, der aus einer schweren Verletzung? Winkt gar eine Ronaldo-Situation? Die Aktien der Legende sinken.