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Bernd Ziesemer: Die Russland-Treue der deutschen Konzerne

Kolumne

Bernd Ziesemer Die Russland-Treue der deutschen Konzerne

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer

© Martin Kress

Deutschlands Energiewirtschaft und Russland verbindet immer noch viel. Das befeuert irre Hoffnungen in den Konzernzentralen

Während Wladimir Putin gerade mit großem Propagandagetöse vier Provinzen in der Ukraine annektiert und dem Westen mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, gilt für Teile der deutschen Energiewirtschaft in Russland die Devise „Business as usual“. Beispiel Uniper: Der deutsche Konzern, der gerade Milliardensummen aus der deutschen Staatskasse als Hilfen kassiert, betreibt in Russland mit der Tochterfirma Unipro fünf Gas- und Kohlekraftwerke. Offiziell steht das Geschäft zum Verkauf. Das hindert Unipro aber nicht, derweil die „Russian Energy Week“ zu sponsern, die am 12. Oktober in Moskau beginnt. Noch schlimmer: Die Tochterfirma investiert nach eigenen Angaben auch weiter in das Reich von Putin. So unterzeichnete Unipro am 26. August eine Absichtserklärung für den Bau einer Windkraftfarm in der russischen Region Tschuwaschien.

Man vergisst es leicht in diesen Wochen, in denen Putin immer aggressivere Töne gegen Deutschland und die Europäische Union anschlägt und nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz einen „Energiekrieg gegen Deutschland“ führt: Unsere Energiekonzerne sind immer noch über Hunderte von Fäden mit Russland verbunden. So hält Eon nach wie vor seine Beteiligung an Nord Stream 1, Wintershall betreibt weiterhin Gasfelder im Osten Sibiriens, BASF verfolgt über die Holding Letter One immer noch gemeinsame Geschäftsinteressen mit zwei russischen Oligarchen, die auf den Sanktionslisten der westlichen Welt stehen.

Konzerne wollen nichts verschenken

Ein Rückzug aus Russland sei derzeit nicht möglich ohne herbe Verluste, hört man aus den Konzernzentralen. Schließlich wolle man Wladimir Putin nicht schenken, was man für Milliarden Euro erworben und ausgebaut habe. Andere Konzerne wie Shell haben jedoch gezeigt, dass ein vollständiger Abschied durchaus machbar ist – allerdings tatsächlich mit Abschreibungen in Milliardenhöhe einher geht. In Deutschland drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass die Energiekonzerne gar nicht ernsthaft an einem Ausstieg arbeiten, sondern es bei bloßen Worten belassen. Offenbar hoffen viele von ihnen auf eine Rückkehr der schönen alten Zeiten des Russland-Geschäfts.

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer

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Die Lobbyarbeit der Konzerne zielt deshalb offenbar darauf, die Fäden nach Moskau nicht ganz zu zerreißen. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, gab am vergangenen Freitag im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen sehr interessanten Hinweis in diese Richtung: „Viele Experten“ hätten ihm versichert, Russland werde die Erdgas-Lieferungen nach Deutschland „auf keinen Fall komplett einstellen“. Genauso ist es jedoch gekommen. Müller ist nach eigenen Worten deshalb „sehr vorsichtig“ geworden. Man darf vermuten, dass viele der genannten Fachleute in unseren Konzernen in Lohn und Brot stehen.

Nicht aufhören, auf die Finger zu schauen

Deutschland konzentriert sich gegenwärtig ganz darauf, die Folgen des russischen Erdgaskriegs zu bewältigen. Bis zu 200 Milliarden Euro nimmt die Regierung dafür in die Hand. Es geht um den Schutz der privaten Verbraucher und der Industrie. Diejenigen, die uns die ganze Misere durch ihre Fixierung auf Russland erst eingebrockt haben, stehen nicht so sehr im Licht des Interesses. Wir sollten aber nicht aufhören, ihnen gehörig auf die Finger zu schauen – vor allem, wenn es um ihre Geschäftsverbindungen mit Russland geht.

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