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BILD-Reporterin mit iranischen Wurzeln - „Ein Land, das seine Frauen versteckt, ist am Ende!“

Mein Name ist Aresou Leisdorff, ich bin Halbiranerin und arbeite für BILD. Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Iraner, ich bin in Hamburg geboren und auf Mallorca aufgewachsen. Meinen Eltern sei Dank bin ich modern und weltoffen erzogen worden, die Unterdrückung des iranischen Regimes musste ich selbst nie erfahren.

Auch wenn in meiner Brust drei Herzen schlagen – das spanische, deutsche und iranische – so ist mein Seelenleben zu diesen Zeiten erfüllt von Schmerz und Stolz zugleich.

Reporterin Aresou Leisdorf hat iranische Wurzeln und berichtet für BILD von der Baleareninsel Mallorca

Foto: Privat

Mit dem Tod der 22 Jahre jungen Mahsa Amini, die dem Anschein nach wegen eines nicht sittenkonform sitzenden Kopftuches von Moralwächtern des Regimes zu Tode geprügelt wurde, wurde für die Frauen des Irans eine rote Linie überschritten.

Der gewaltsame Tod von Mahsa Amini erschütterte Abertausende iranische Frauen in ihren tiefsten Wertvorstellungen. Im vollen Bewusstsein, ihr eigenes Leben im Kampf gegen die antiquierten Moralvorstellungen des Mullah-Regimes zu riskieren, solidarisierten sie sich, lösten im ganzen Land eine Protestwelle gegen die Unterdrückung aus, für ihre Gleichberechtigung und für ihre Freiheit.

Das brutale Mullah-Regime will die Protestwelle vor der Weltöffentlichkeit verbergen, kappte die Internet- und Telefonleitungen.

In der vergangenen Woche erreichten mich auf Umwegen dutzende, teils schwer verstörende Videos aus dem Iran. Das Mullah-Regime will im Verborgenen halten, wie brutal es den Widerstand der Frauen zu brechen versucht. Hunderte oder sogar tausende Frauen wurden vom Regime in Gewahrsam genommen – was ihnen in Gefangenschaft blüht, mag man sich kaum vorstellen. Eine Vielzahl weiterer Frauen wurde bereits zu Tode geprügelt.

Viele meiner Verwandten leben bis heute im Iran, darunter meine Tante und ihre Familie. Über soziale Medien hielt ich Kontakt mit ihnen, doch seit über einer Woche sind sie für niemanden aus meiner Familie mehr erreichbar. Wir wissen nicht, ob es ihnen gut geht, ob sie noch leben …

Was ich aber weiß: Iranische Frauen sind keine grauen Mauerblümchen, meine Tante nicht, schon meine Oma zu ihren Lebzeiten nicht. Sie sind bunt, sie lieben das Leben, die Freiheit, haben eine moderne Sicht auf die Welt. Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, war das Erste, das iranische Frauen im Ausland nicht mehr trugen, ihr Hijab (Kopftuch). Ich weiß um die Einstellung meiner Familie, ich weiß, dass ihre Seelen sie aufstehen ließen, dass sie mutig und tapfer sind und wir uns berechtigte Sorgen um ihr Leib und Leben machen

Jeder Iraner weiß, dass das Leben in der Öffentlichkeit ein ganz anderes ist als das in den privaten vier Wänden. Das Leben in der Öffentlichkeit ist für die unterdrückten Frauen geprägt von Zwängen, Verboten, Restriktionen. Doch im geschützten privaten Umfeld blühen die Frauen des Irans seit jeher auf: Sie lieben Mode, zeigen sich in moderner Kleidung und ihren Freunden ihre tollen Haare. Weltweit gibt es kaum Frauen, die schönere und dickere Haare haben.

Das Zeigen und Abschneiden ihrer prächtigen Haare ist jetzt auch das Zeichen ihres Protests geworden. Obwohl die Seele der iranischen Frauen bis ins Mark erschüttert ist, erweisen sie jedem, der ihren Freiheitskampf in den sozialen Medien unterstützt, ihre aus tiefstem Herzen empfundene Dankbarkeit. Hunderte solcher Dankes-Zuschriften fürs Teilen von Beiträgen habe ich bereits von mir unbekannten Personen in der vergangenen Woche erhalten.

Eine weltweite Welle der Solidarisierung macht sich auf den Weg. Ein Land, was seine wunderschönen Frauen unter Hijabs und Tschadors (Gewänder) versteckt, ihre Freiheit unterdrückt und nun auch noch ihrer Stimmen berauben will, war und ist nie zeitgemäß, ist moralisch am Ende.

Kein Kleidungsstück wurde im Iran so sehr diskutiert wie der Hijab: Seine Geschichte im Iran reicht vom Kopftuchverbot bis hin zum heutigen Kopftuchzwang, das von durch die Straßen ziehenden brutalen Sittenkommandos überwacht wird.

Am Hijab schieden und scheiden sich die Geisteshaltungen. Er war nicht mehr eine Frage von Glaube oder Unglaube, sondern wurde zum politischen Instrument. Das Mullah-Regime ist gegen Aufklärung, gegen Humanismus, gegen die Moderne und hat schlichtweg Angst vor der Meinung und Selbstbestimmung seiner starken Frauen, die ihren Freiheitswillen niemals vergessen haben und sich derzeit mit massiven Protesten zur Wehr setzen.

Die Frauen des Irans sind dabei, eine neue Revolution zu führen – unter Einsatz ihres Lebens. Denn keine Tradition, kein Kulturgut, kein Glaube rechtfertigt, etwas den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes aus ZWANG überzustülpen. Jeder sollte die Freiheit haben, (wirklich) selbst entscheiden zu dürfen.

Mein Name ist Aresou, was auf Persisch WUNSCH bedeutet und mein Wunsch ist: Unterstützt die im Iran für ihre Freiheit und Gleichberechtigung todesmutig kämpfenden Frauen JETZT weltweit mit euren Stimmen, die lauter denn je sein müssen und nicht verstummen dürfen!