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Das CDU-Problem mit Maaßen: "Es droht ein langwieriger Krieg"

Parteichef Friedrich Merz will Hans-Georg Maaßen aus der CDU drängen. Für die Union steht mehr auf dem Spiel als für ihr ungeliebtes Sorgenkind.

Der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hat ein Ultimatum seiner Partei zum freiwilligen Austritt verstreichen lassen. Während die CDU Maaßens politische Ansichten und seine rassistischen Äußerungen für unvereinbar mit den eigenen Werten hält, sieht sich der neu gewählte Chef der parteinahen, rechtskonservativen Werteunion im Aufwind.

Würde ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen eingeleitet, würde dies vermutlich lange dauern. Entsprechend groß wäre die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Das will die CDU natürlich verhindern. Aber was kann sie überhaupt tun?

t-online hat mit dem Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder über den Umgang der CDU mit ihrem Sorgenkind, den Risiken einer Migrationsdebatte und den Herausforderungen der Partei in der Opposition gesprochen.

t-online: Warum tut sich die CDU mit Hans-Georg Maaßen so schwer?

Wolfgang Schroeder: Heute ist er Chef der Werteunion und gilt als Hoffnungsträger dieser selbst ernannten Konservativen, die der Union in den vergangenen Jahren schon viel Ärger bereitete. Die Brisanz dieser Strömung, die ja keine innerparteiliche ist, sondern von außen Einfluss auf die CDU zu nehmen versucht, ist im Zusammenhang mit der Gründung und Entwicklung der AfD zu sehen.

Einerseits hat die unzureichende Würdigung dieser Strömung durch die CDU-Führung seinerzeit dazu beigetragen, die Gründung der AfD zu befördern. Das war damals der sogenannte Berliner Kreis, ein Vorläufer der Werteunion, der sich mit seinen Positionen durch Angela Merkel und den damaligen Generalsekretär Hermann Gröhe nicht akzeptiert fühlte. Aus ihrer Sicht war die Haltung der CDU gegenüber ihrer Arbeit: Wir brauchen euch nicht und wir können unser Programm nicht an euren Positionen ausrichten. Andererseits wirbt dieser Kreis, von dem man gar nicht weiß, wer von ihnen eigentlich CDU-Mitglied ist, für eine Annäherung der AfD.

Wolfgang Schroeder (Quelle: David Ausserhofer/WZB Berlin/dpa/Archivbild/dpa-bilder)

Politikexperte und Wissenschaftler an der Uni Kassel

Wolfgang Schroeder ist Professor für das politische System der Bundesrepublik Deutschland an der Universität Kassel. Von 2009 bis 2014 war er Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg. Seit 2022 ist er Vorsitzender der Denkfabrik "Das progressive Zentrum".

Hängt die Ablehnung der CDU um Merkel gegenüber den wertkonservativen und wirtschaftsliberalen Positionen damit zusammen, dass man durch die Bezugnahme auf diese Gruppierung vielleicht fünf Prozent Stimmen gewonnen, dafür aber 25 Prozent eingebüßt hätte?

Das war damals die Perspektive, die auch heute noch zur Debatte steht, weshalb die Union sehr sensibilisiert ist. Dass die Partei den Berliner Kreis so brüsk abwies, hat aber eben auch die Gründung der AfD mit befördert. Das war sicherlich nicht die entscheidende Quelle für die Gründung, aber eben auch eine.

Die konservative Werteunion hat die Partei also ein Stück weit in der Hand?

Die Strategie der Werteunion gegenüber der CDU läuft darauf hinaus, sich als Opfer zu inszenieren - nach dem Prinzip: "Wir werden von der Union nicht nur nicht ernst genommen. Wir werden sogar für die Modernisierung der CDU geopfert. Dabei sind wir eigentlich Gralshüter der CDU, die aus dem wirtschaftsliberalen Teil, aus dem christlich-sozialen Teil und aus dem durchaus konservativen bürgerlich-nationalen Teil besteht. Und dieser bürgerlich-nationale Teil spielt überhaupt keine Rolle mehr."

Was droht nun mit dem Versuch, Maaßen aus der Partei auszuschließen?

Protagonisten, die den Markenkern einer Partei bespielen, emphatisch besetzen, und in Konkurrenz zur Parteiführung besetzen, sind für jede Parteiführung eine schwierige Herausforderung. Wenn es dann noch so ist, dass eine Parteiführung diese Protagonisten bekämpft, weil sie die eigene Deutungsmacht infrage stellen, dann kann dies zu einem langwierigen Kleinkrieg führen. Dabei ist keinesfalls immer ausgemacht, wer diesen Kampf gewinnt. Auf jeden Fall versucht so eine Gruppe wie die Werteunion, die Parteiführung durch die Manege zu ziehen und vor sich herzutreiben. Klein beigeben gibt es nicht. In diesem Sinne agiert ja auch Maaßen.

Und das hätte die Union vermeiden können?

Das ist schwierig zu sagen. Aber die Union hätte ja ihrerseits auch loyale Leute in die Werteunion schicken können, um bestimmte Entwicklungen abzumildern oder ins Leere laufen zu lassen. Solche Möglichkeiten hat die Partei wohl zu wenig genutzt. Stattdessen wird die Union ein erhebliches Problem über einen längeren Zeitraum bekommen.