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Das Ende einer Ära rückt näher: Rekordgewinne der Ölmultis verpuffen wie Strohfeuer

190 Milliarden US-Dollar. So viel Gewinn fahren die fünf größten westlichen Ölkonzerne im vergangenen Jahr ein. Es könnte ein letztes Hurra für die Energieriesen sein. Langfristig denkende Anleger schrecken vor weiteren Investitionen in fossile Energien zurück.

Experten schätzen, dass Exxon, Chevron, BP, Shell und Total im vergangenen Jahr zusammen einen Gewinn von rund 190 Milliarden Dollar gemacht haben. Dennoch: Die fetten Jahre der fossilen Energiekonzerne neigen sich langsam dem Ende zu, davon sind zumindest langfristig denkende Investoren überzeugt. Zwar hat sich der Betriebsgewinn von BP im vergangenen Jahr auf knapp 28 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt im Vergleich zu 2021, wie das Unternehmen heute verkündet. Das sind Höchstwerte, die die meisten Unternehmen in Zeiten von Inflation und drohender Rezession nicht zu träumen wagen. Aber auf lange Sicht haben Energieunternehmen aus Anlegersicht schon erheblich an Bedeutung verloren.

Im Leitindex des amerikanischen Aktienmarktes, dem S&P 500, hat der Energiesektor ein immer geringeres Gewicht. Wie die US-Zeitung "Wall Street Journal" berichtet, ist der Anteil der Energieunternehmen am Gesamtwert der 500 größten börsennotierten Unternehmen der Vereinigten Staaten zuletzt zwar wieder auf etwa 4,9 Prozent gestiegen. Das ist mehr als die zwei Prozent, die sie zu Pandemiezeiten ausmachten, aber viel weniger als die 16,2 Prozent, die 2008 den Höchststand markierten.

Großinvestoren schrecken zurück

Die schwindende Bedeutung an der Börse ist hauptsächlich auf die geringe Zukunftsfähigkeit der Branche zurückzuführen. Während viele Länder und Unternehmen versuchen, von fossilen Brennstoffen wegzukommen, schaffen es die großen Öl- und Gasunternehmen nicht, auf grüne Energie umzustellen. Und das schreckt wichtige Investoren ab.

Vor allem Großinvestoren überarbeiten ihr Portfolio und üben Druck auf Unternehmen aus, ihre Klimaziele zu erreichen. Der norwegische Staatsfonds, der größte Einzelinvestor der Welt, sprach vergangene Woche eine drastische Warnung an das Management von 80 Unternehmen aus. Wenn die Unternehmen keine Klimaziele umsetzten, würde der Fonds gegen die Wiederwahl ihrer Vorstände stimmen. Das sind keine leeren Drohungen: Im vergangenen Jahr hat der Fonds bereits gegen den gesamten Vorstand von 18 Unternehmen gestimmt, wie die britische Zeitung "The Guardian" berichtete.

"Wir haben unsere Erwartungen an die Unternehmen erhöht, wenn es darum geht, Ziele zu setzen, um bis 2050 das Netto-Null-Ziel zu erreichen", sagte Carine Smith Ihenacho, Leiterin der Abteilung Governance und Compliance bei der Norges Bank, die im Auftrag des norwegischen Volkes mehr als 13 Billionen norwegische Kronen (1,2 Billionen Euro) verwaltet, der Zeitung. "Und wir werden die Unternehmen stärker dazu drängen, Ziele zu setzen und zu verstehen, wie sie dieses Ziel erreichen wollen."

Globale Abhängigkeit von Öl und Gas

An Zielen mangelt es diesen Unternehmen nicht. So verkündete der Vorstandsvorsitzende von BP, Bernard Looney, schon vor drei Jahren ein Netto-Null-Ziel für den Ölriesen bis 2050. Doch von diesem Kurs ist die Firma inzwischen wieder abgewichen. So plant BP, seinen mit Spannung erwarteten Vorstoß in erneuerbare Energien wieder zurückzufahren. Das berichten englische Medien vergangene Woche übereinstimmend. Looney sei enttäuscht von den Erträgen einiger grüner Investitionen. Die grüne Energiestrategie solle also geschmälert werden.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sehen die Unternehmen die Gewinne oft erst viele Jahrzehnte später. Die Verlockung schneller, hoher Gewinne angesichts rasant steigender Preise für fossile Energieträger ist noch zu groß. Denn im Gegensatz zu Anlegern wie Pensionsfonds, die längerfristig denken müssen, gibt es auch andere Investoren, die auf einen schnellen Gewinn aus sind. Der Druck dieser Investoren, die letzten Meilen des fossilen Zeitalters mitzunehmen, ist groß. Statt in zukunftsfähige Projekte zu investieren, stecken die Energiekonzerne ihr Geld lieber in sich schnell rentierende Öl- oder Gasförderprojekte. So lohnen sich die Investitionen auch dann noch, wenn die Ölnachfrage in den nächsten Jahren zurückgeht.

Ein wachsender Teil der Rekordgewinne wird zudem einfach an die Investoren ausgeschüttet. Chevron kündigte jüngst an, in großem Stil Gewinne an seine Aktionäre zu verteilen. Auch BP will angesichts der steigenden Gewinne seine Dividende um zehn Prozent erhöhen. Außerdem will das Unternehmen in den nächsten drei Monaten Aktien im Wert von 2,75 Milliarden Dollar zurückkaufen, nachdem es zuvor schon Aktien im Wert von 11,7 Milliarden Dollar erworben hatte.

Dieser Boom wird nicht ewig anhalten, so ein US-Investor gegenüber dem "Wall Street Journal". Zwar werde der Energiesektor noch einige Jahre besser abschneiden als der breite Markt. Und einige Anleger könnten auch dann noch Aktien kaufen, wenn ein wirtschaftlicher Abschwung die Ölpreise schwächt, aber viele seien aufgrund ihrer Klimaverpflichtungen jetzt schon endgültig ausgestiegen. Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen dauert nur etwas länger als von vielen Branchenbeobachtern vorhergesagt.