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Dauerfeuer aus dem Weltall: Wächst die Erde oder schrumpft sie sogar?

Seit der Entstehung der Erde prasseln Meteoriten, Staub und Asteroiden auf sie nieder. Müsste sie mit der Zeit nicht immer größer werden? ntv.de fragt nach bei Planetenforscher Ulrich Köhler. Und der weiß von einem weiteren Effekt, der die Rechnung auf den Kopf stellt.

Niemand war dabei, als es geschah. Doch man ist davon überzeugt, dass der Planet Erde sich formte, indem sich kleine Gesteinsbrocken zu einer immer größeren Kugel zusammenklumpten. Dies geschah in der Kindheit des Sonnensystems, als eine gigantische Staub- und Gasscheibe die Sonne umkreiste. Je größer die junge Erde wurde, desto mehr Material zog sie an. Bis heute hält der Gesteinsregen in abgeschwächter Form an. Wächst die Erde also immer noch?

"Tonnen an Meteoriten, Staub und Asteroiden aus dem Weltraum prasseln auf die Erde nieder", sagt Ulrich Köhler, Planetengeologe am Institut für Planetenforschung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), zu ntv.de. Die Menge ist im Vergleich zur Gesamtmasse der Erde winzig. Aber in manchen Jahren ist auch mal deutlich mehr: "Vor 66 Millionen Jahren kam mit einem Schlag eine Milliarde mal mehr Masse als gewöhnlich auf die Erde", so Köhler. Es war der Asteroid, der die Dinosaurier auslöschte. Aber selbst dieser hatte nur ein Milliardstel der Erdmasse.

Die Frage ist nun: Kann die Erde auch Masse wieder ans All zurück verlieren? Seit fast 70 Jahren schießt die Menschheit schließlich Raketen und Satelliten in den Weltraum. Die neue Mond-Rakete der NASA etwa ist vollgetankt mehr als 2600 Tonnen schwer. "Doch Raketen fallen wieder zurück auf die Erde", so Köhler. Auch der Treibstoff der Tanks bleibt nach dem Verbrennen in der Atmosphäre.

Nur die Nutzlast der Raketen bleibt zumindest für eine gewisse Zeit im Weltraum. Im Laufe der Jahrzehnte sollen davon immerhin mehr als 10.000 Tonnen zusammengekommen sein, die - funktionstüchtig oder als Weltraumschrott - die Erde und die Sonne umkreisen. Das Material aus den niederen Umlaufbahnen fällt irgendwann wieder in die Atmosphäre, wo es verglüht. Nur einige wenige Raumsonden sind tief ins Sonnensystem vorgedrungen und können als - verschwindend geringer - Masseverlust für die Erde gewertet werden.

Atmosphäre verschwindet im All

Doch es gibt über unseren Köpfen noch ein viel gewaltigeres Leck: die Atmosphäre. Sie ist ständig Teilchenstrahlung aus dem Weltraum ausgesetzt. "Wenn diese Strahlung auf die Hochatmosphäre trifft, werden Moleküle getroffen, zerschossen und die ionisierten Atome und Moleküle so stark beschleunigt, dass sie der Gravitation der Erde entweichen können", erklärt Köhler. Im Jahr verschwinden etwa 100.000 Tonnen an Masse in den Weltraum.

"Am Mars sieht man gut, dass ein Planet über die Zeit durch Strahlung fast seine ganze Atmosphäre verlieren kann", sagt Köhler. Bei der Erde sei das jedoch nicht zu befürchten, da Vulkane immer neues Gas nachliefern. Zudem könne die Erde durch ihre größere Masse die Luft-Moleküle besser festhalten als der Mars - und sie ist durch ihr Magnetfeld auch besser vor Sonnenwinden geschützt. Dennoch ist der jährliche Verlust an Masse nicht zu leugnen.

Die Rechnung ist also relativ simpel: Etwa 50.000 Tonnen gewinnt die Erde pro Jahr durch Staub und Gestein aus dem All hinzu, etwa 100.000 Tonnen verliert ihre Atmosphäre. Bleibt am Ende ein Minus von 50.000 Tonnen. Die Masse der Erde nimmt mit der Zeit also ab. Müssen die Menschen also bald enger zusammenrücken?

Es bleibt noch jede Menge Zeit

Setzt man den jährlichen Masseverlust in Relation zur Gesamtmasse der Erde, dürfte das für ein wenig Erleichterung sorgen. Insgesamt wiegt die Erde 5,972 Trilliarden Tonnen. Bei einem Verlust von 50.000 Tonnen jährlich würde es mehr als 100 Billiarden Jahre dauern, bis die Erde komplett verschwunden ist. Doch allein die Sonne hat eine erwartete Restlebensdauer von nur 5 Milliarden Jahren - bevor die Erde verschwinden könnte, wird sie also lange erloschen sein.

Übrigens: Im 19. Jahrhundert kam eine Theorie auf, nach der die Erde über die Jahrmillionen deutlich gewachsen ist: die sogenannte Erdexpansionstheorie. Mit ihr wollten Forscher unter anderem erklären, warum der einst zusammenhängende Superkontinent Pangaea auseinandergeplatzt ist - die Erde als aufgehender Kuchen also. Das Problem: Es gibt keinen bekannten Mechanismus, der diese Art der Expansion erklären könnte. Heute spielt die Erdexpansionstheorie daher keine Rolle mehr.