CDU-Chef Friedrich Merz (67) hat zugespitzt, als er kritisierte, dass „deutsche Bürger“ keine Termine bekämen, während abgelehnte Asylbewerber sich auf Staatskosten die Zähne neu machen ließen.
ABER der Sauerländer traf mit seiner Beobachtung ein weitverbreitetes Gefühl: die Sorge, dass der Zustrom an Migranten Deutschlands Möglichkeiten übertrifft. 3,3 Millionen Geflüchtete zählte das Ausländer-Zentralregister Ende Juni 2023 – 111 000 mehr als noch ein halbes Jahr zuvor. Tendenz: stark steigend!
Wie der neue ARD-Deutschlandtrend ergab, halten 67 Prozent der Deutschen gegenwärtig die Aufnahme der Zuwanderer für „eher nicht“ oder sogar „auf keinen Fall verkraftbar“.
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (48, CDU) schaltete sich ein. Er sagte: „Alle, die sich um Flüchtlinge kümmern, sind gerade am Limit, ob es die Kommunen sind, ob es die Schulen sind, die Kitas, die Kindergärten. Auch die Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer sagen uns, es ist einfach echt zu viel. Das gilt auch für die sozialen Sicherungssysteme, und ich glaube, darauf wollte Friedrich Merz hinweisen.“
Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland tragen? BILD macht den Check.
Schulen
Die Zahl der Schüler in Deutschland wird nach der ersten großen Flüchtlingswelle 2015/2016, so berechnete es die Kultusministerkonferenz, bis 2035 um eine Million steigen (aktuell: 11,1 Millionen). Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Stefan Düll, sagte BILD, dass bis dahin „rund 50 000 Lehrer zusätzlich“ eingestellt sein müssen. Das Problem, das von der Kultusminister Konferenz (KMK) noch nicht einberechnet wurde, sei aber ein weiterer Zustrom: „Bis dahin können noch viel mehr Kriegs- und Armutsflüchtlinge nach Deutschland gekommen sein.“
Schwer besorgt: NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU)
Foto: IMAGO/Metodi Popow
NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (66, CDU) sagt es deutlicher: „Wenn ein ausländisches Kind hier ist, werden wir alles tun, dass es einen guten Kita-Platz kriegt und gut in der Schule ist. Aber wir haben 100 000 Schüler in unseren Schulen, wo wir vor zwei Jahren noch gar nicht wissen konnten, dass die hier sein werden.“ Das sei nicht alles so einfach hinzukriegen: „Die Lehrer wohnen nicht auf den Bäumen. Die sind auf dem Arbeitsmarkt nicht zu kriegen. Schulklassen und Schulen kann man nicht einfach so vergrößern. Deswegen muss man sagen: Wir sind in vielen Bereichen an den Grenzen unserer Kapazität angekommen.“
Wohnungen
Schon im Januar 2023 fehlten in Deutschland mehr als 700 000 Wohnungen – höchster Stand seit mehr als zwanzig Jahren. Laut Bauministerin Klara Geywitz (47, SPD) sind allein schon wegen der Unterbringung der Flüchtlinge aus der Ukraine eher 500 000 bis 600 000 neu gebaute Wohnungen im Jahr nötig als die 400 000, die sich die Ampelkoalition vorgenommen hatte.
Sie verwaltet den Wohnungs-Notstand: Bauministerin Klara Geywitz (SPD), hier mit Agrarminister Cem Özdemir (Grüne)
Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, warnt in BILD: „Es muss mit leider immer weiter abnehmenden Wohnungsbauzahlen bis zu einer Fertigstellungszahl von nur 200 000 neuen Wohnungen jährlich gerechnet werden. Damit verschärft sich der Wohnungsmangel immer weiter.“ Denn mit der Bevölkerungszahl Deutschlands steige der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen „kontinuierlich an“.
Kitas
Eine Studie der Bertelsmann Stiftung besagte schon im vergangenen Jahr: Es fehlen in Deutschland fast 400 000 Kita-Plätze! Der Mangel: insbesondere im Westen Deutschlands gigantisch hoch (362 400 fehlende Plätze). Forscherin Anette Stein sagte im ZDF: „Wir sind mitten im Kollaps.“ Der Migrantenzustrom 2023 - noch gar nicht eingerechnet.
Arzt-Termine
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung ist die Lage in den Praxen aktuell „angespannt“, aber: noch „beherrschbar“. In 10 000 Praxen niedergelassener Ärzte würden aktuell 650 Millionen Fälle/Jahr behandelt.
Das Problem sei, dass jede zehnte Arztpraxis innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre schließen müsse, wenn es keinen Nachfolger gebe. Grund: Viele Ärzte sind über 60 Jahre alt, gehen demnächst in Ruhestand. „Wartezeiten von mehreren Monaten und viele Kilometer Anfahrt für den Arzt-Termin“ sind aus Sicht von KBV-Chef Andreas Gassen so ein realistisches Szenario.
Jobs
Auf dem Arbeitsmarkt sieht es etwas besser aus. Im August 2023 waren in Deutschland insgesamt 771 154 Stellen als „offen“ gemeldet. Die meisten Jobs sind in den Bereichen Verkehr/Logistik (61 000), Verkauf (61 000) und Elektro (51 000) zu vergeben. Theoretisch auch für Migranten interessant, sofern sie auch Sprachkenntnisse haben. Immerhin: Von den Asylbewerbern, die im Zuge der ersten großen Welle 2015 kamen, haben inzwischen 55 Prozent einen Job.
Fazit von CDU-Laumann: „Wir sind in vielen Bereichen an den Grenzen unserer Kapazität angekommen.“ Die Hilfe müsse sich endlich auf „wirklich verfolgte Menschen“ konzentrieren.