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Erschreckende Studie: Jeder 20. sympathisiert mit Reichsbürger-Positionen

Bei Razzien gegen "Reichsbürger" ist am Mittwoch ein Polizist verletzt worden. Eine neue Studie zeigt: Vor allem die Anhänger einer Partei sympathisieren mit ihren Positionen.

Jeder 20. Deutsche hat eine Nähe zu den Positionen von "Reichsbürgern". Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung ("Kein Staat, meine Regeln"), die t-online exklusiv vorliegt. So stimmten in der repräsentativen telefonischen Umfrage fünf Prozent der Teilnehmer der Aussage zu, Deutschland werde noch immer von den Besatzungsmächten regiert. Dabei handelt es sich um eine zentrale Position der "Reichsbürger"-Bewegung. Weitere acht Prozent stimmten "eher" zu.

Von denen, die voll zustimmten, waren knapp zwei Drittel männlich. Auch zeigte sich: Je niedriger der formale Bildungsabschluss, desto höher die Zustimmung. Und: Bei AfD-Anhängern fanden sich deutlich häufiger "Reichsbürger"-nahe Anschauungen als bei den Sympathisanten anderer Parteien. So vertraten 16 Prozent von ihnen die Ansicht, dass Deutschland immer noch von Besatzungsmächten regiert werde. Bei den Sympathisanten anderen Parteien rangierte dieser Wert zwischen einem Prozent (Grüne) und vier Prozent (Union und FDP).

Für die Studie wurden zwischen dem 1. Dezember 2021 und dem 11. April 2022 insgesamt 5.511 Personen ab 16 Jahren zufällig ausgewählt und befragt. Die Ergebnisse wurden mit 90 telefonischen Einzelinterviews ergänzt, die sich aus der Gesamtgruppe dafür freiwillig zur Verfügung stellten. Dies ermöglichte tiefere Einblicke in das Weltbild der Befragten. 19 ausführliche Interviews konnten mit Personen geführt werden, die eine Tendenz zu extremen politischen Einstellungen im Bereich Verschwörung zeigen – Menschen, die für solche Befragungen meist nur sehr schwer zu erreichen sind.

Gewaltpotenzial ist bei "Reichsbürger"-Affinen höher

In der Gruppe jener, die zu "Reichsbürger"-Positionen neigen, ist das Gewaltpotenzial höher als in anderen Gruppen. Jeweils 16 Prozent von ihnen stimmen der Aussage zu, dass Sachbeschädigung oder Gewalt gegen Personen zur Durchsetzung von politischen Zielen "voll und ganz" gerechtfertigt sei. Im Rest der Bevölkerung sind es lediglich zwei Prozent.

Ausgeprägt ist bei den Befragten mit einer "Reichsbürger"-Affinität auch die Verachtung der Eliten und das Misstrauen in staatliche Institutionen. 74 Prozent gaben an, weniger bis gar kein Vertrauen in die Bundesregierung zu haben, in der Gesamtbevölkerung sind es 40 Prozent. Die öffentlich-rechtlichen Medien fanden 72 Prozent nicht vertrauenswürdig (Gesamtdurchschnitt: 39 Prozent). 69 Prozent waren überzeugt, dass die etablierten Medien nur das bringen würden, "was die Herrschenden vorgeben". In der Gesamtbevölkerung glauben das nur 14 Prozent.

Skepsis gegenüber der Polizei äußerte fast jeder zweite Befragte mit "Reichsbürger"-Positionen, hingegen nur 22 Prozent der restlichen Befragten.

"Ich habe meine eigenen Regeln"

Das Misstrauen gegenüber dem Staat geht einher mit der Nichtakzeptanz seiner Regeln. Der Aussage "Mir ist egal, was der Staat regelt. Ich habe meine eigenen Regeln" stimmten 23 Prozent der "Reichsbürger"-affinen Personen "voll und ganz" zu, im Gesamtdurchschnitt hingegen nur etwa vier Prozent.

Auch der Hang zu Verschwörungsthesen ist bei Menschen mit "Reichsbürger"-nahen Weltanschauungen besonders ausgeprägt. 64 Prozent von ihnen waren sich sicher oder ziemlich sicher, dass "geheime Mächte" die Welt steuern (Gesamtdurchschnitt: 24 Prozent). Auch hier sind AfD-Anhänger besonders häufig vertreten: Mehr als jeder Zweite ist überzeugt, dass sicher (15 Prozent) oder wahrscheinlich (36 Prozent) geheime Mächte die Welt steuern. Bei allen anderen Parteianhängern glaubt eine Mehrheit, dass diese Aussage falsch ist.

Die Einzelinterviews zeigten, dass es sich dabei oft um die "Klassiker" des Verschwörungsthesenmilieus handelt, also etwa die Behauptung, die Anschläge vom 11. September seien in Wirklichkeit von den USA selbst "inszeniert" gewesen. Damit einher geht eine stark ablehnende Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten. Mehr als jeder dritte Befragte mit "Reichsbürger"-affinen Positionen stimmte der Aussage zu, dass "die Welt ohne die USA eine bessere" wäre.

Auch typische rechtsextreme, rassistische und antisemitische Positionen wie der Glaube, "das Deutsche" müsse "reingehalten" werden, fanden sich überdurchschnittlich oft bei den Befragten mit einer Nähe zu "Reichsbürger"-Anschauungen. Das deckt sich mit Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, dass es zwischen diesen Milieus große Schnittmengen gibt. Etwas mehr als ein Fünftel vertrat die Ansicht, die Gesellschaft werde "durch Muslime unterwandert" (gesamt: fünf Prozent).

Allerdings hält der Autor der Studie, der Staatswissenschaftler Dominik Hirndorf, auch fest: "Nicht alle 'Reichsbürger'-Affinen glauben an eine Verschwörung, und nur jeweils ein Bruchteil stimmt Rechtsextremismus-nahen bzw. antisemitischen Aussagen stark zu." Vielmehr sei die Szene heterogen. Der Vergleich zur Gesamtbevölkerung zeige aber die weit überdurchschnittliche Höhe dieser Zustimmung zu solchen Positionen. Gepaart mit der deutlich erhöhten Gewaltakzeptanz dieser Gruppe und der bekannten Waffenaffinität seien die Einstellungsmuster "in höchstem Maße besorgniserregend", so Hirndorf.