Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Gewerbeimmobilien: Design Offices-CEO: „Die Lage wird noch deutlich wichtiger werden“

Joachim Gripp leitet das Geschäft des Büroanbieters Design Offices. Im Interview erklärt er, warum die Lage immer wichtiger wird, in welchen Städten der Markt überhitzt ist – und warum ein Online-Händler gerade den Berliner Immobilienmarkt bewegt

Joachim Gripp leitet Design Offices seit 2020

Joachim Gripp leitet Design Offices seit 2020

© PR

Capital: Herr Gripp, angeblich steckt der Markt für Gewerbeimmobilien in der Krise. Sie bieten bei Design Offices genau solche Flächen an, nur eben mit sehr flexiblen Laufzeiten – teils schon ab einen Tag. Wie geht es ihnen mit diesem Modell im Markt?
JOACHIM GRIPP: Wir müssen uns nichts vormachen: Es ist zurzeit ein schleppendes Geschäft mit langsamen Entscheidungsprozessen. Viele Unternehmen sind sich unsicher, wie hoch ihr Bürobedarf ist. Gleichzeitig sind wir selbst in der Fristentransformation tätig: Wir mieten lange, und vermieten kurz. Das ist ein Problem, wenn unsere Mieten gleichzeitig indexiert sind – also mit der Inflation steigen. Es ist aber auch nichts, was unmöglich ist. In diesen Zeiten müssen wir nur umso mehr mit einem guten Produkt überzeugen.

Design Offices vermietet klassische Büros, Coworking-Flächen und Konferenzräume. Damit stehen Sie in harter Konkurrenz – beispielsweise zu Wework oder Regus. Was machen Sie anders?
Ich lasse mich gerne vergleichen, aber nicht mit Wework. Wir haben ein deutlich höheres Servicelevel und nehmen zudem Deutschland deutlich ernster: Wir sind flächendeckend in 15 Städten aktiv, Wework nur in fünf. Grundsätzlich würde ich uns auch eher als Hospitality-Firma einordnen, und weniger als Immobilienfirma. Das unterscheidet uns sicher von den anderen. Unser größter Wachstumstreiber sind Meetings aller Größenordnungen, womit wir dieses Jahr schon über 30 Millionen Euro Umsatz machen werden. Da sind wir sehr stolz drauf, weil das selbst in der Hotellerie schwer zu toppen ist. Unser Fokus liegt auf Team Spaces und unsere Stärke ist das Servicelevel. Es ist unsere Superkraft, dass wir so viele Mitarbeiter haben – fast 500 in 50 Häusern. Unsere Kunden bekommen sofort Hilfe, wenn sie ein Problem haben. Das ist ein Riesenunterschied zur Konkurrenz.

500 Mitarbeiter an 50 Standorten. Das müssen ja enorme Personalkosten sein…
Ja, das sagen meine Investoren natürlich auch immer – und sicher wäre das für reine Bürovermietung nicht zu rechtfertigen. Durch unseren Fokus auf Team Spaces und das einhergehende Meetinggeschäft brauchen wir aber diesen Servicegrad. Die Personalstärke macht sich also durch Meetingumsätze bezahlt und hebt das Office-Erlebnis auf eine Ebene, die es so kein zweites Mal im Markt gibt – und natürlich auch unsere vergleichsweise hohen Preise rechtfertigt.  

Früher wollten Kunden vor allem drei Dinge: Lage, Lage, Lage. Wie ist das heute?
Genauso, nur noch viel stärker. Die Lage ist der absolute Goldstandard, und das zeigt sich auch in den Daten. Der Leerstand bei Büroflächen hat sich in den vergangenen beiden Jahren verdoppelt. Und trotzdem haben wir Steigerungen der Spitzenmieten von fast 20 Prozent. Das zeigt die Dynamik der Segmentierung. Es gilt bei Büroanmietungen zunehmend die Devise „Wenn schon, denn schon!“ Die Menschen wollen spätestens seit Corona einen Sinn dahinter sehen, warum sie ins Büro fahren. Sonst können sie dieselbe Arbeit auch von zuhause machen. Firmen müssen ihren Angestellten also etwas bieten – und dazu gehört sicher kein Linoleumbunker am Stadtrand. Es geht um kreatives, innovatives Teamwork und um die Unternehmenskultur. Dazu gehören neben den passenden Räumlichkeiten und einem Top-Serviceniveau auch Aktivierungsevents wie Vorträge, ein Feierabendbier und Begegnungsmöglichkeiten in anregender Umgebung. Dieser Trend ist aus meiner Sicht unumkehrbar und wird dazu führen, dass zentrale Lagen in Metropolen gefragter sein werden denn je.

Wework-Fläche am Potsdamer Platz in Berlin. Der Coworking-Anbieter ist bislang in fünf deutschen Großstädten aktiv 

Der Coworking-Anbieter Wework steht branchenintern in der Kritik – das „Co" in Coworking würde fehlen. Deutschland-Chefin Katharina von Schacky weist das im Interview zurück und erklärt wie das Unternehmen weiter wachsen will

Gilt das für alle Großstädte gleichermaßen?
Nein. In Frankfurt zeichnet sich schon ein Überangebot ab, weil man sich dort mehr vom Brexit erhofft hatte. Auch in Hamburg hat sich der Markt etwas abgekühlt.  

Wo wird es denn andersrum besonders eng werden? 
Eindeutig München, danach Düsseldorf und Köln. In den sogenannten B-Städten dürfte es in Leipzig und Hannover eng werden.

Und was ist mit Berlin?
Ja, Berlin ist natürlich immer sehr heiß. Wobei der Markt dort auch sehr dynamisch ist. In Berlin sehen wir derzeit ein riesiges Untervermietungsangebot. Ein bekannter Online-Modehändler hat dort beispielsweise an der Spree riesige Überkapazitäten und vermietet derzeit in großem Stil unter. Man kann fast das komplette Mediaspree-Quartier haben für ein paar Jahre. Das wird sich auch noch auf dem Markt bemerkbar machen.

Sie könnten doch selbst in die Fläche ziehen und weitervermieten?
Wir wollen in Berlin nachverdichten. Aber eher an den Stellen, wo wir schon sind: am Hauptbahnhof, am Potsdamer Platz, Unter den Linden, gerne auch am Alexanderplatz. Die Gegend rund um das Mediaspree-Quartier in Friedrichshain finde ich ein bisschen seelenlos. Und investitionstechnisch macht es auch keinen Sinn: Ich kriege keine Bauzuschüsse und wenn es schlecht läuft, muss ich in drei Jahren alles wieder rausreißen. Das wäre allenfalls interessant, wenn man den Mietvertrag potenziell übernehmen könnte.

In Berlin sitzen viele Startups in Coworking-Spaces. Wie wichtig ist dieser Markt noch für Sie?
Wir sagen zu niemandem Nein, wenn er bezahlt. Aber wir richten unser Produkt klar an den größeren Unternehmen aus – Mittelständler, Konzerne. Das ist unsere Zielgruppe. Dieses Umfeld kann allerdings für Coworker interessant sein, wenn sie nah an diesen Unternehmen sitzen und mit ihnen in Kontakt kommen wollen. Für uns wird das klassische Coworking trotzdem immer mehr zum Randgeschäft. Natürlich haben wir beispielsweise in Berlin viele der dort typischen B2C-Start-ups als Kunden, vor allem die jungen Lieferdienste. Inzwischen gibt es mit den besprochenen Untervermietungen an der Spree aber eine neue Konkurrenz für uns. Da sind viele Start-ups reingewandert, weil sie dort zugegebenermaßen auch günstiger mieten können als bei uns. Das kann ich auch verstehen, ein Start-up plant ja sowieso erst einmal nur für drei Jahre.

Welche Städte sind für Sie denn noch interessant?
Ich würde heute nicht mehr in Städten unter 300.000 Einwohnern investieren. Wir kämpfen in Heidelberg um den Break-even, allerdings auch, weil wir dort recht groß und nicht mittendrin sind. In Karlsruhe, das von den Einwohnerzahlen leicht über den 300.000 liegt, macht es hingegen richtig Spaß. In der Liga ist in Deutschland aber natürlich noch einiges möglich.  

Das Interesse an Bürogebäude kehrt nach Corona langsam zurück. Coworking-Spaces profitieren davon bislang aber nicht

Nach Corona stellten sich Coworking-Anbieter auf eine Hochkonjunktur ein. Doch die kam nicht – und jetzt müssen Anbieter um die Existenz fürchten

Was halten Sie von der Corona-These, dass Flexoffices auf dem Land die Zukunft sind – dass Firmen also ihre Mitarbeiter in den nächsten Coworking-Space schicken, um ihnen den Weg in die weit entfernte Firmenzentrale zu sparen?
Nicht viel. Natürlich wird es das vereinzelt geben. Aber grundsätzlich ist es so, dass das Büro vor allem ein Produktionsfaktor für Teams ist – nicht für Einzelkämpfer. Es geht immer mehr um die Frage: Was kann ich alleine zuhause besser schaffen, wofür brauche ich die Kreativität und den Input aus einer Gruppe? In keinem der Fälle brauche ich dafür eine Schreibtischvermietung auf dem Land oder am Stadtrand. 

Zeigt sich das auch bei Ihnen? Wie hoch ist der Anteil der Einzelkämpfer?
Der ist gering. Es gibt bei uns zwar Einzelbüros. Aber tatsächlich werden die fast immer von Unternehmen in einem Ensemble genutzt. Da gibt es also einen großen Raum mit einer hohen Aufenthaltsqualität – inklusive Sofa, Küche, Terrasse sowie das Chefbüro und Rückzugsräume. Das ist ein mehr oder weniger stabiles Set-up. Bei uns sind häufig Projektteams von großen Konzernen oder Beratungen, die vertraulich und diskret arbeiten wollen. Wir können die teils hohen Ansprüche dieser Mitarbeitenden innerhalb weniger Tage erfüllen. Und wenn die Projektteams fertig sind, können sie schnell wieder ausziehen.

#Themen