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Haben die USA Nordstream gesprengt? Moskaus Ex-CIA-Büroleiter äußert sich

Der US-Starjournalist Seymour Hersh behauptet, die USA hätten die Nord-Stream-Pipelines gesprengt. Als einzigen Beleg führt er eine ungenannte, fragwürdige Quelle an.

Als eines der ersten Medienunternehmen griff der russische Propagandasender Russia Today eine Geschichte auf, die buchstäblich und politisch Sprengstoff enthält. Über Twitter verbreitete der kremltreue Kanal: "Der amerikanische investigative Journalist und ehemalige "NYT"-Autor Seymour Hersh hat einen explosiven Artikel darüber veröffentlicht, wer hinter der mysteriösen Explosion steckt, die die russische Nord-Stream-Gaspipeline zerstörte."

Es ist eine These, die bislang ohne Beleg ist und welche die russische Regierung schon von Beginn an streute. Nachdem am 26. September 2022 in der Ostsee ein Anschlag mit mehreren Sprengladungen auf die Nord-Stream-Pipelines verübt worden war, hatte der Kreml sofort die USA im Verdacht. In der mutmaßlichen Sabotage-Angelegenheit ermittelt unter anderem auch der deutsche Generalbundesanwalt.

In einem aufsehenerregenden Artikel hat nun der für seine steilen Thesen ohne Nennung von Quellen bekannte US-Journalist Seymour Hersh folgende Behauptung aufgestellt:

"Im vergangenen Juni platzierten Taucher der Marine (...) den ferngezündeten Sprengstoff, der drei Monate später drei der vier Nord-Stream-Pipelines zerstörte, so eine Quelle mit direkter Kenntnis der operativen Planung." Der Sprengstoff sei demnach im Rahmen der Übung "Baltops 2022" platziert worden. 14 Nato-Länder und zwei Partnerstaaten hatten dabei mit rund 7.000 Soldatinnen und Soldaten und rund 50 Schiffen im Juni 2022 in der Ostsee verschiedene Szenarien geübt.

Die behaupteten Planungen für die Sprengung sollen laut Hersh bereits im Dezember 2021 begonnen haben. Für den Fall, dass Russland wirklich in der Ukraine einmarschieren sollte. Die US-Regierung dementiert Hershs Behauptungen aufs Schärfste. t-online geht der Behauptung nach sowie der Frage, wie Hersh dazu kommt und wie viel Substanz seine Behauptung hat.

Eine unbekannte Quelle

Seine einzige Quelle für seine extrem heikle Version nennt Seymour Hersh nicht, und damit wird die Sache problematisch. Überprüfbare Belege, die über Hörensagen hinausgehen, wären in einer so brisanten Angelegenheit wichtig. Denn es wäre ein Vorgang, der von der russischen Gegenseite und auch von Deutschland als kriegerischer Akt gewertet werden könnte.

Seymour Hersh ist nicht irgendwer. Auf seinem erst vor wenigen Stunden aufgesetzten Blog bezeichnet er sich selbst als den "weltweit führenden investigativen Journalisten", der "unabhängige Berichterstattung" liefere.

Seit Ende der 60er-Jahre ist Hersh einer der bekanntesten amerikanischen Enthüllungsjournalisten. Seinen ersten großen Erfolg feierte er mit der Aufdeckung von Kriegsverbrechen der US-Armee im Vietnamkrieg. Danach schrieb er lange Zeit für die "New York Times" und zuletzt bis 2015 für das renommierte Magazin "New Yorker".

Die Liste seiner Enthüllungsgeschichten ist lang. Kritik an seiner Arbeitsmethode begleitete ihn trotzdem sein ganzes Journalistenleben. Der Vorwurf lautete immer wieder: Er nutze fast ausschließlich anonyme Quellen, denen er zu viel Glauben schenke. Niemand könne überprüfen, ob das Gesagte wirklich stimmt.

Eine berühmte Diskussion löste Hersh beispielsweise aus, als er behauptete zu wissen, dass die Tötung des 9/11-Terroristen Osama bin Laden ganz anders abgelaufen sei, als von der Obama-Regierung verbreitet. Weder sei die Aktion von den Amerikanern allein geplant worden, noch habe es die von der US-Regierung behauptete Seebestattung nach islamischem Ritual gegeben.

Hershs Vorgehen brachte ihm schon damals den Vorwurf ein, Unsinn zu schreiben und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Seine neue Enthüllung ist bemerkenswerterweise auch bei keinem renommierten Medium erschienen. Womöglich fand sich keiner, der die Story bei diesem Stand der Recherche für veröffentlichbar hielt.

Moskaus Ex-CIA-Büroleiter: "Das ist einfach traurig"

Auf Anfrage von t-online sagte der ehemalige CIA-Mitarbeiter und Ex-Leiter des Moskauer Büros, John Sipher:

"Das ist einfach traurig. Ich werde nicht einmal meine Zeit damit verschwenden, das zu lesen. Der Seymour Hersh der 1960er und 1970er-Jahre ist längst Geschichte. In den vergangenen Jahren beschäftigt er sich zunehmend mit Verschwörungen und Unsinn. Für mich als ehemaligen CIA-Offizier ist schlicht nicht zu glauben, sich alleine vorzustellen, dass eine so lächerliche Idee ihren Weg durch die Bürokratie und Aufsicht finden könnte. Das ergibt auf keiner Ebene Sinn und ist niemandes Zeit wert."

Dementi der US-Regierung

Für seine neuen Behauptungen zu einem angeblichen US-Anschlag konfrontierte Hersh nach eigenen Angaben das Weiße Haus. Die Reaktion: "Das ist falsch und vollständig erfunden", schrieb ihm eine Regierungssprecherin. Der amerikanische Geheimdienst Central Intelligence Agency (CIA) antwortete Hersh ähnlich: "Diese Behauptung ist vollkommen falsch."