Hat die Innenministerin im Interview mit BILD gelogen?: Internes Dokument erhöht Druck auf Faeser
Steht immer mehr unter Druck: Innenministerin Nancy Faeser
Foto: Vincenzo Mancuso
Sie verstrickt sich immer mehr!
„FOCUS Online“ hat Einblicke in ein internes Dokument, das belegen soll, dass Nancy Faeser (53, SPD) im Interview mit BILD nicht die Wahrheit gesagt hat.
Um sich auf den Hessen-Wahlkampf konzentrieren zu können und die Affäre um den Ex-BSI-Chef Arne Schönbohm (54) zu beenden, stand die Bundesinnenministerin BILD Rede und Antwort.
Angeblich „ein politischer Fehler“, urteilt jetzt der FOCUS. Denn: Würde man ihre Aussagen gegenüber BILD mit den Dokumenten um den Rauswurf Schönbohms – die dem Nachrichtenmagazin vorliegen – vergleichen, „so tun sich eklatante Wahrheitslücken auf“.
Denn: Im Interview mit BILD hat Faeser auf Nachfrage behauptet, die Ablösung habe nichts mit der Böhmermann-Story zu tun gehabt. „Nein, es ging um Vertrauen. Die Cybersicherheit ist so wichtig, dass hier keine Zweifel bestehen dürfen“, so Faeser.
Brisant: Das interne Dokument – der Bescheid zum Verbot der Dienstgeschäfte an Schönbohm vom 18. Oktober 2022 – erklärt allerdings das Gegenteil.
Da heißt es: „Aufgrund der aktuellen Vorwürfe gegen Sie in ihrer Funktion als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, die nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung 'ZDF Magazin Royale' vom 7. Oktober verbreitet wurden, ist in der Öffentlichkeit das Vertrauen in Amtsführung nachhaltig beschädigt.“
Und weiter: „Unabhängig davon, wie stichhaltig diese sind und ob diese sich im Ergebnis als zutreffend erweisen, ist in der öffentlichen Meinung ein Vertrauensverlust eingetreten, der eine weitere Amtsführung unmöglich macht und die Aufgabenerfüllung im BSI.“
Gerade in der aktuellen Sicherheitslage einer hybriden Kriegsführung Russlands müsse das BSI und seine Amtsleitung über jeden Zweifel „hinsichtlich kompromittierender Beziehungen zu Russland und nahestehender Kreise“ erhaben sein, zitiert der FOCUS den Ministeriumsbescheid.
Fakt ist: Der Inhalt der Faeser-Aussage und der dokumentierte Bescheid klaffen auseinander, dabei erklärte Faeser noch im Interview: „Die Prüfung meines Ministeriums war sehr gründlich.“ Dabei wurde Schönbohm bereits eine Woche nach Bekanntwerden der Vorwürfe abgesetzt.
Hintergrund: Im „ZDF Magazin Royale“ vom 7. Oktober 2022 hatte Moderator Jan Böhmermann über angebliche mittelbare Kontakte Schönbohms zum russischen Geheimdienst berichtet. Schönbohm war damals Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
Am 12. Oktober verbot das Innenministerium Schönbohm, sich zu den schweren Vorwürfen öffentlich zu äußern. Der BSI-Chef sah sich jedoch gezwungen, sich öffentlich zu rehabilitieren. Darum beantragte er selbst am 17. Oktober 2022 gegen sich die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Die Ermittlungen sollten zeigen, auf welcher Grundlage er selbst geschasst wurde.
Faeser ließ ihn in einem disziplinarischen Vorverfahren mit dem Geheimdienst ausforschen. Am 18. Oktober untersagte die Ministerin ihm „die Führung der Dienstgeschäfte“.