
Trauernde beten in Moulay Brahim.
(Foto: AP)
Das Erdbeben in Marokko sucht auch das kleine Bergdorf Moulay Brahim im Hohen Atlas heim. Viele Häuser sind zerstört, viele Familien beklagen Opfer. Der 40-jährige Lahcen hat seine Frau und vier Kinder verloren. "Ich möchte mich einfach aus der Welt zurückziehen und trauern", sagt er.
Lahcen sitzt in einer Ecke der kleinen Krankenstation in Moulay Brahim. Der 40-Jährige hält den Kopf geneigt, sein Körper ist vor Schmerz zusammengezogen. "Ich habe alles verloren", sagt er mit kaum hörbarer Stimme. Durch das Erdbeben in der Nacht zum Samstag - das schwerste in der Geschichte Marokkos - hat Lahcen seine Frau und seine vier Kinder verloren.
Das brutale Schicksal Lahcens ist in dem Bergdorf in aller Munde. "Ich kann im Moment nichts tun, ich möchte mich einfach aus der Welt zurückziehen und trauern", sagt er.
Die Leichname seiner drei Töchter haben die Rettungskräfte bis zum Samstagnachmittag aus den Trümmern geholt. Die Leichname seiner Frau und seines Sohnes müssen noch geborgen werden. Daran, dass auch sie gestorben sind, besteht kein Zweifel. Dass Lahcen nicht selber ums Leben kam, liegt nur daran, dass er sich zum Zeitpunkt des Bebens außerhalb des Hauses der Familie befand.
Moulay Brahim liegt eine Stunde Autofahrt von der Touristenmetropole Marrakesch entfernt im Hohen Atlas. In dem Dorf in der Provinz Al-Haouz kamen Dutzende Menschen ums Leben.
Al-Haouz, wo das Beben sein Epizentrum hatte, ist von der Katastrophe besonders hart getroffen. 1293 Tote zählen die Behörden bis zum späten Samstagabend in dieser Provinz. Insgesamt werden bis dahin 2012 Todesopfer des Bebens registriert, das nach Angaben des marokkanischen Zentrums für wissenschaftliche und technische Forschung eine Stärke von 7,0 hatte.
Bagger heben Gräber aus
Die Rettungskräfte arbeiten sich in Moulay Brahim mit schwerem Gerät durch die Ruinen der eingestürzten Häuser vor. Auf einer Anhöhe werden derweil Gräber ausgehoben. Hasna, eine etwa 40-jährige Frau sitzt vor der Tür ihres einfachen Hauses. "Es ist eine fürchterliche Tragödie. Wir sind alle völlig erschüttert davon, was passiert ist", sagt sie.
Ihre eigene Familie sei verschont geblieben, berichtet Hasna. "Aber viele meiner Nachbarn haben Angehörige verloren. Der Schmerz lässt sich nicht in Worte fassen."
Auf der Anhöhe wischt Bouchra ihre Tränen mit dem Schal weg, während sie den Männern dabei zusieht, wie sie die Gräber schaufeln. "Die Enkel meines Cousins sind tot", sagt sie. "Ich zittere immer noch. Es war wie eine Feuerwalze, die alles verschlingt."
Eine andere Einwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, erzählt, wie ihr Onkel ganz knapp dem Tod entkam. "Er betete gerade, als das Dach einstürzte. Aber wie durch ein Wunder wurde er aus den Ruinen seines Hauses gerettet."