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Iran | Khamenei begnadigt wohl Tausende Gefangene, Journalistin festgenommen

Zum Jahrestag der Islamischen Revolution sollen zahlreiche Gefangene im Iran begnadigt werden. Eine weitere Journalistin wurde unterdessen festgenommen.

Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat laut Staatsmedien Zehntausende Gefangene begnadigt, darunter zahlreiche wegen der regierungskritischen Proteste Inhaftierte. Der Schritt erfolgte anlässlich des Jahrestags der Islamischen Revolution von 1979, wie das Staatsfernsehen verkündete. Die Begnadigungen umfassten demnach Hafterleichterungen und Amnestien. Auch im Rahmen der jüngsten Protestwelle inhaftierte Demonstranten seien von der Entscheidung betroffen, berichtete die Staatsagentur IRNA.

Der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei habe "der Begnadigung und Strafmilderung einer großen Zahl von Beschuldigten zugestimmt, die im Zusammenhang mit jüngsten Vorfällen angeklagt oder in anderen Fällen verurteilt wurden", hieß es in einer am Samstag auf Chameneis Webseite veröffentlichten Erklärung.

Die Begnadigungen erfolgten laut IRNA auf Vorschlag des Justizchefs Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi, der zuletzt einen harten Kurs gegen Demonstranten verfolgt hatte. Die iranischen Staatsmedien berichten nicht unabhängig vom Regime in Teheran.

Justizbehörde fordert "Reue-Erklärung"

Die Begnadigungen sind an Bedingungen geknüpft, berichtete IRNA weiter. Unter anderem werde keinen Gefangenen vergeben, denen Spionage zur Last gelegt wird. Auch Mord, Beschädigung oder Brandstiftung von Regierungs- oder Militäreinrichtungen schließe einen Gnadenspruch aus.

Die Justizbehörde verkündete ihrerseits auf ihrer Webseite "Misan Online", dass im Zusammenhang mit der Protestbewegung Festgenommene nur dann freigelassen würden, wenn sie eine "Reue-Erklärung und eine schriftliche Verpflichtung" unterzeichneten, "ein ähnliches vorsätzliches Verbrechen nicht zu wiederholen".

Bericht: Schwester einer bekannten Journalistin festgenommen

Örtlichen Medienberichten wurde unterdessen die Schwester einer bekannten Journalistin festgenommen. Elnas Mohammadi, Journalistin und Schwester der seit Monaten inhaftierten Elaheh Mohammadi, sei inhaftiert worden, berichtete die iranische Zeitung "Entekhab" am Sonntag. Elaheh Mohammadi hatte als eine der ersten Journalistinnen im Iran über den Tod der Protestikone Jina Mahsa Amini berichtet. Warum nun auch ihre Schwester Elnas festgenommen wurde, war zunächst unklar. Dem Bericht zufolge soll sie bei einer Gerichtsvorladung festgenommen worden sein.

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Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York wurden im Rahmen der jüngsten Proteste fast 100 Medienschaffende festgenommen. Etwa die Hälfte von ihnen kam inzwischen auf Kaution frei. Auf einer Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) liegt der Iran auf einem der letzten Plätze. Kritiker werfen der iranischen Führung vor, auch Familien inhaftierter Journalisten unter Druck zu setzen.

Die Journalistinnen Elaheh Mohammadi der Zeitung "Hammihan" sowie ihre Kollegin Nilufar Hamedi der Reformzeitung "Shargh" sind seit Ende September inhaftiert. Die Justiz wirft ihnen vor, die Proteste als "ausländische Agentinnen" durch ihre Berichte ins Rollen gebracht und gegen die nationale Sicherheit verstoßen zu haben. Die Zeitungen weisen die Vorwürfe zurück.

Iranischer Reformpolitiker fordert "grundlegenden Wandel"

Einer der wichtigsten Reformpolitiker im Iran, der frühere Regierungschef Mir Hossein Mussawi, forderte angesichts der Proteste einen "grundlegenden Wandel" im Iran. "Der Iran und die Iraner brauchen und sind bereit für einen grundlegenden Wandel", schrieb der 80-Jährige in einer auf seiner Webseite veröffentlichten und von örtlichen Medien verbreiteten Erklärung. Die Grundzüge eines solchen Wandels seien bereits von der "Bewegung Frauen-Leben-Freiheit" vorgezeichnet, erklärte Mussawi mit Blick auf den wichtigsten Slogan der Demonstranten.

Mussawis Einschätzung nach liegen den Protesten "miteinander verbundene Krisen" zugrunde. Dabei handele es sich um "Krisen der Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft, Legitimität, Kultur und Medien". Die derzeitige "Struktur" des Systems hält der bekannte Reformer für "unhaltbar" und schlägt daher ein "freies und faires Referendum" zu einer möglichen neuen Verfassung vor.

Wie bei der "Volksrevolution von 1979" hätten die Menschen "ein Recht auf grundlegende Überarbeitungen, um (...) den Weg für Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Entwicklung" des Iran zu ebnen, erklärte Mussawi.