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Keine Beratung auf EU-Gipfel: Verbrenner-Aus verschwindet von EU-Tagesordnung

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Regierungskreisen zufolge lehnt Wissing den Kommissions-Vorschlag nicht komplett ab, will aber Änderungen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mit seiner Blockadehaltung gegen das Ende der Verbrenner-Motoren setzt sich Bundesverkehrsminister Wissing in der EU durch. Da er einen Kompromiss der Kommission zu E-Fuels ablehnt, wird das Thema beim Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs gar nicht erst besprochen.

Der Streit um das Verbrenner-Aus wird über den EU-Gipfel am Ende der Woche hinaus ausgetragen. Das Thema stehe nicht auf der Tagesordnung der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag, sagten übereinstimmend deutsche Regierungs- und EU-Kommissionsvertreter. Damit hat das Kompromiss-Angebot der Kommission an Bundesverkehrsminister Volker Wissing bislang keinen Erfolg gehabt. Angeregt wurde darin eine eigene Fahrzeugkategorie für Verbrenner, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden könnten.

Ohne Deutschlands Zustimmung kann das geplante Verbrenner-Aus ab 2035 nicht beschlossen werden. Italien forderte unterdessen, dass auch Biokraftstoffe im Verbrenner weiter genutzt werden können. Wissing hatte im vergangenen Jahr bei den Verhandlungen zwischen Kommission, EU-Staaten und Europäischem Parlament einen Passus für einen Kompromiss durchgesetzt, wonach die Brüsseler Behörde um einen Vorschlag zu den E-Fuels gebeten wird. Dieser Passus ist nicht rechtsverbindlich. Die Kommission wollte ihn zudem erst nach dem formalen Beschluss der Staaten veröffentlichen. Wissing verlangte dann aber überraschend vorher eine Einigung über die E-Fuels.

Federführend im Verfahren ist eigentlich Umweltministerin Steffi Lemke, die hier hinter der Kommission steht und auch den Kompromissvorschlag stützen würde. Allerdings kann sich Deutschland bei Streit in der Koalition in Brüssel bei Abstimmungen nur enthalten, was in diesem Fall einem Nein gleichkommt. Die Hängepartie gefährdet inzwischen erhebliche Teile des EU-Klimaschutzprogramms "Fit for 55", da die einzelnen Elemente Verbindungen haben.

Italien will jetzt Biosprit im Tank nach 2035

In Brüssel sorgt das deutsche Vorgehen für erhebliche Verärgerung. Auch Unternehmen warnen vor einem Präzedenzfall im politischen Prozess, der die EU dauerhaft blockieren könnte. Die Union forderte die FDP dennoch auf, hart zu bleiben. "Die FDP sollte jetzt standhaft bleiben", sagte Vize-Fraktionschef Jens Spahn der "Augsburger Allgemeinen Zeitung". Die wissenschaftlichen Berater von Wissing hingegen sehen den Schlüssel beim Klimaschutz in der Elektromobilität. Während der Vorsitz des Expertenbeirats Klimaschutz in der Mobilität (EKM) den Strom-Antrieb als zentral bezeichnete, erwähnte ihn Wissing nach einem Treffen nur als eine von mehreren Optionen. Beim Klimaschutz dürfe man einzelne Lösungswege nicht von vornherein ausschließen, sagte der FDP-Politiker.

Meike Jipp, Co-Chefin des EKM, erwähnte indes allein die E-Mobilität: "Nur auf diesem Weg erreichen wir eine klimafreundliche Mobilität im Verkehrssektor." Deutschlands Verhalten rief inzwischen weitere Staaten mit Bedenken auf den Plan. Italien will nun auch eine Zulassung von Biosprit-Autos, wie ein entsprechender Brief an die EU-Kommission von dieser Woche zeigt, der Reuters vorliegt. "Italien wird keiner Interpretation der Kommission zustimmen, wonach "CO2-neutral" sich nur auf E-Fuels und nicht auf Biosprit bezieht", heißt es darin.

Regierungskreisen zufolge lehnt Wissing den Kommissions-Vorschlag nicht komplett ab, will aber Änderungen. Als Knackpunkt gilt, dass E-Fuel-Fahrzeuge der Kommission zufolge technisch so konstruiert sein müssen, dass sie andere Treibstoffe sofort erkennen und dann abschalten. Ein Mischbetrieb soll so ausgeschlossen werden.

E-Fuels werden bislang kaum produziert und gelten als knapp, teuer und ineffizient. Daher sollen sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken. Für Pkw bliebe dann ohnehin nichts übrig, selbst wenn alle erhofften Produktionskapazitäten ausgeschöpft werden könnten.