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Kolumne fürs Leben - Ein Leben ohne Handy – geht das?

Was ist wirklich wichtig? Was berührt uns heute – und vergeht auch morgen nicht? Es sind die Dinge, die uns bewegen, seit es Menschen gibt: Glück, Liebe, Familie, Partnerschaft, Zeit, Stress, Einsamkeit, Abschied, Trauer.

BILD-Kolumnist Louis Hagen, aus einer deutsch-jüdischen Familie stammend, hat Antworten auf die ewigen Fragen der Menschheit bei Dichtern, Denkern und Forschern gesucht. Und ein paar Antworten gefunden, die verblüffend einfach sind – und unser Leben doch bereichern können.

Kein Essen, bei dem es nicht auf dem Tisch liegt. Kein Gespräch, ohne dass es blinkt oder vibriert, kaum ein Blick in die Augen, der nicht auch nach unten abschweift – zu dem kleinen Ding in der Hand der Kinder oder Enkel. Das Handy. Das haben Sie, liebe Leser, schon öfter erlebt, natürlich.

Ich habe mit meiner jungen Kollegin Rebecca (19) darüber gesprochen, sie hatte ihr Handy in der Hand. „Warum ist das Smartphone denn so wichtig?“, fragte ich sie. Ihre Antwort war verblüffend.

„Oft hört man von den Eltern: Leg doch mal das Handy weg und unterhalte dich mit uns. Was die Eltern aber meist nicht wissen, ist der Druck, dem wir ausgesetzt sind. Wir können den sozialen Medien nicht entfliehen. Sie sind überall und das schlimmste ist, dass man Teil davon wird, ohne es überhaupt zu merken.“

Andauernd höre man es klicken, sagt Rebecca. „Alles wird gefilmt. Was man auf den Videos sieht, ist aber in Wirklichkeit eine Art Scheinwelt: 30 Sekunden so tun, als wäre man der glücklichste Mensch auf einer der coolsten Partys der Welt.“

▶︎ In Wahrheit hätten viele das Gefühl von FOMO, Fear Of Missing Out. Auf Deutsch: Die Angst, nicht mehr dabei zu sein. Alles muss gepostet, geliked und kommentiert werden: Beziehungen, Liebe, Mode, Kultur, Musik, Reisen. Wer nicht postet, ist ein Geist.

BILD-Kolumnist Louis Hagen

Foto: Wolf Lux

Das Lebensgefühl von Millionen jungen Menschen wird also in die Welt gepostet nach dem Motto: Seht her, wie glücklich ich bin! Dabei ist es nur Glück auf Zeit. Das kleine Handy ist wie eine große Bühne auf dem Welttheater, und jeder spielt dort seine Rolle.

▶︎ Mein Fazit: Handy hin oder her – junge Leute sind das, was sie immer waren. Glücklich oder traurig, einsam oder verliebt, selbstbewusst oder ängstlich. Liebe Eltern, liebe Großeltern: Seien Sie milde, wenn es um den vermeintlichen Handy-Wahn der jungen Leute geht. Sie sind damit aufgewachsen, sie kennen gar nichts anderes. Smartphones sind für sie kurze Momente des Glücks.

Wie schön, dass so was möglich ist – gerade in schweren Zeiten.

Louis Hagen (74) war 13 Jahre Mitglied der BILD-Chefredaktion, ist heute Berater bei der Kommunikationsagentur WMP. Seine Texte sind als Buch erhältlich unter koehler-mittler-shop.de.