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Krankenhaus-Reform: Lauterbachs wichtigstes Projekt droht zu scheitern

Karl Lauterbach will die Krankenhäuser in Deutschland besser machen. Doch Experten sehen für die Reform nur noch wenig Chancen. Das liegt vor allem am Gesundheitsminister selbst.

Eigentlich kann sich Karl Lauterbach richtig glücklich schätzen. Denn der Gesundheitsminister plant eine so umfassende Reform der Krankenhaus-Landschaft, dass er sie selbst als "Revolution" bezeichnet. Das Potenzial für Empörung in der Bevölkerung ist also riesig. Doch bisher ruht der See. Kein Boulevard-Blatt hat die Hatz eröffnet, kein Shitstorm flutet das Netz.

Die Stille hat ein wenig damit zu tun, dass gerade alle Augen auf Robert Habeck und die Heizungsmisere gerichtet sind. Habecks Pech ist Lauterbachs Glück. Noch stärker aber spielt mit hinein, dass die "Revolution" des Gesundheitsministers zwar noch ziemlich in den Anfängen steckt, aber trotzdem schon zum Reförmchen zu verkommen dreht.

Das liegt nicht unwesentlich am Gesundheitsminister selbst. Kritiker nämlich werfen ihm schon jetzt, wo Bund und Länder noch über die Grundlagen diskutieren, wo nicht einmal Eckpunkte des Gesetzes vereinbart sind, einen fundamentalen Fehler vor. Einen, der kaum wieder zu korrigieren sein wird.

Lauterbach wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Dabei waren die Voraussetzungen denkbar günstig: Vom Präsidenten der Bundesärztekammer über Klinikleitungen und Patientenschützer bis zu Ministerpräsidenten stimmen alle überein, dass es dringend einer Krankenhaus-Reform bedarf. Im Grunde sind also alle auf Lauterbachs Seite – das ist für einen Minister, noch dazu bei einem so groß angelegten Vorhaben, ein seltener Glücksfall.

Grund für die Übereinstimmung ist nicht nur ein "Zu wenig" bei vielen Krankenhäusern. Ein Drittel schreibt nach Corona- und Energiekrise tiefrote Zahlen, nicht wenige bangen um ihre Existenz.

An anderer Stelle allerdings leidet Deutschlands Gesundheitssystem vor allem an einem "Zu viel": Die Bundesrepublik zahlt im europäischen Vergleich am meisten für ihr Gesundheitssystem, hat die meisten Krankenhäuser, die meisten Klinikbetten, die meisten und längsten stationären Aufenthalte – und landet in Statistiken zu vermeidbaren Todesfällen und der Qualität der Behandlung doch regelmäßig nur auf mittleren bis hinteren Plätzen.

"Wir haben im internationalen Vergleich sehr viele Betten und sehr viele Krankenhäuser. Das führt automatisch dazu, dass wir an vielen Stellen eine Gelegenheitsversorgung haben", sagt Wulf-Dietrich Leber t-online. Er ist Krankenhausexperte des Spitzenverbandes der gesetzlichen Kassen und in der Branche seit Jahrzehnten ein angesehener Experte für die komplexe Finanzierungslage.

Lauterbachs Reform soll zwei Probleme auf einmal lösen: Erstens die Finanzierung neu aufstellen und die Krankenhäuser von wirtschaftlichem Druck befreien. Und zweitens eine Umstrukturierung und so eine erhebliche Verbesserung der Qualität vorantreiben.

Kampfansage gegen Deutschlands "Zu viel"

Entscheidend ist dabei allerdings, wie die Reform genau angelegt ist – sonst wird sie nicht helfen. Eine Expertenkommission im Auftrag des Gesundheitsministeriums hat im Januar vergleichsweise radikale Einschnitte empfohlen, etwa Betten zu reduzieren, die Krankenhauslandschaft neu zu sortieren und Kliniken streng nach dem Umfang des Angebots einzuordnen – von der Basisversorgung bis zu Fachkliniken.

Nicht mehr jedes Krankenhaus soll also alles machen können, Fachwissen gebündelt werden, die Finanzierung in Zukunft danach ausgerichtet werden. Es ist eine Kampfansage gegen Deutschlands "Zu viel".

Von den Vorschlägen der Kommission war Experte Leber begeistert: "Die Kommission hat den Finger in die Wunde gelegt, indem sie die Struktur der Krankenhauslandschaft in den Fokus genommen hat." Er wertet die Vorschläge als "wirklich sinnvoll, um eine bessere Qualität und Wirtschaftlichkeit zu erreichen".

Politischer Sprengstoff

Politisch sind diese Vorschläge, mögen sie auch noch so sinnvoll sein, allerdings nicht leicht zu verkaufen: Für die Bürger soll die Behandlung zwar wesentlich besser werden, im Optimalfall sollen also Leben und Lebensjahre gerettet werden. Die Wege zum Krankenhaus aber werden bei bestimmten Krankheiten länger. Und einige Krankenhäuser könnten ganz schließen.