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Lauterbachs Krankenhausreform - Das soll sich jetzt für Patienten ändern

Bei der Vorstellung seiner großen Krankenhausreform hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD) drastisch geschildert, was im Gesundheitssystem schiefläuft.

Ärzte, mit denen er zusammen studiert habe, würden ihm berichten: „Es wird immer mehr darauf geschaut: Wie viele Fälle sind noch drin? Wie viele Knie können noch operiert werden?“ Könne man die Leistung im Bereich der Endoprothesen (z.B. Hüftgelenke) noch steigern? Ärzte bekämen sogar ein höheres Gehalt, wenn mehr Fälle erzeugt würden, so Lauterbach.

Bitteres Fazit für die Patienten: „Da kann der einzelne Patient nie sicher sein, ob sein eigener Eingriff einem ökonomischen Motiv folgt oder ob es medizinisch notwendig ist.“

Lauterbach sprach auch über unnötige Behandlungen im hohen Alter: Es würden „sehr gewagte und sehr aufwendige Eingriffe“ bei Patienten am Lebensende durchgeführt, bei denen der wahrscheinliche Gewinn gering sei.

All diese Missstände seien seit zehn Jahren klar, so Lauterbach. Intensivmediziner Prof. Christian Karagiannidis (48) ging mit seiner Selbstkritik noch weiter: „Wir haben in den letzten zwanzig Jahren Fehler gemacht“, gab er zu.

Das Hamsterrad sei auch deswegen so schnell gelaufen, „weil wir Mediziner das befeuert haben“. Partikularinteressen hätten im Vordergrund gestanden. Im OECD-Vergleich hätten wir es übertrieben „wie kein anderes Land“.

Was soll sich nun ändern? Aus Patientensicht vor allem drei Dinge, so Lauterbach:

► Die Menschen sollen sich darauf verlassen, dass etwa „in den ländlichen Gebieten und Stadtteilen, wo es wenig Versorgung gibt, Krankenhäuser auch überleben können, ohne dass sie mehr Fälle behandeln müssen“.

► Der Patient soll sicher sein, „dass ökonomische Aspekte keine Rolle spielen“. Er werde also nicht so behandelt, dass er der Klinik den höchsten Gewinn bringt, sondern so, wie es medizinisch notwendig ist. „Die Medizin wird wieder in den Vordergrund der Therapie gestellt und folgt nicht der Ökonomie“, versprach Lauterbach.

► Wer schwierige Eingriffe benötige, könne sich darauf verlassen, dass diese nur dort vorgenommen werden, wo sie besonders gut erbracht werden können. In Krankenhäusern, die personell und materiell gut ausgestattet seien.

Dadurch würden auch Ärzte und Pfleger entlastet, die „den ökonomischen Druck in den Krankenhäusern nicht ertragen wollen“ und die deswegen die Klinken verlassen.

Prof. Tom Bschor, Koordinator der Krankenhauskommission, sprach von einer „unverhältnismäßigen Gewinnerwartung“ der Krankenhäuser. In Deutschland würden 50 Prozent mehr Patienten in den Krankenhäusern behandelt als in unseren Nachbarländern. Das erhöhe sowohl die Kosten als auch die Belastung des Personals.

Karagiannidis erklärte, wie die Kommission das Problem lösen will: Derzeit würde eine Leistung im Krankenhaus zu 100 Prozent vergütet. Heißt: Je mehr Operationen, desto mehr Geld kommt in die Krankenhauskasse. Die Kommission schlägt vor, dass dieser Anteil deutlich reduziert und um eine Vorhaltekomponente ergänzt wird.

Das gelte insbesondere für Intensiv- und Notfallmedizin, für Geburtshilfe und Neugeborenen-Medizin. Dort soll der Vorhalteanteil 60 Prozent betragen. Karagiannidis: „Wir warnen davor, dass man die Vorhaltung zu hoch setzt, es braucht eine gewisse Ökonomie im System.“

Zudem sollen die Krankenhäuser in „Level“ eingeteilt werden. Von der Grundversorgung durch grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle über die Schwerpunktversorgung bis zur Maximalversorgung (z.B. Universitätskliniken). Wichtig: Wer eine Krebstherapie braucht, der soll künftig in einem zertifiziertem Krebs-Zentrum behandelt werden. Auch Ecmo-Therapien (künstliche Beatmung) sollen nur noch Krankenhäuser vornehmen dürfen, die dafür wirklich qualifiziert sind.

All das soll nicht mehr kosten als aktuell (13,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fließen ins Gesundheitswesen). Das Geld soll aber besser eingesetzt werden.

Irmtraut Gürkan, stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Berliner Charité, erklärte, die Umstellung des Krankenhauswesens solle fünf Jahre dauern. Zunächst aber muss die Ampel die Vorschläge der Kommission in ein Gesetz umwandeln.