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Main-Post-Aktion "Zeichen setzen!": Der Würzburger Caritasladen und sein Gratis-Einkaufserlebnis für Bedürftige

Ein Stück soziale Teilhabe für finanziell benachteiligte Menschen: Das ist das Ziel und die Aufgabe des Caritasladens in der Würzburger Koellikerstraße. Hier werden von mehr als 60 ehrenamtlich engagierten Frauen und Männern gebrauchte Kleidung, Schuhe, Bettwäsche, Handtücher und Gepäckstücke kostenlos an Bedürftige ausgegeben – insgesamt rund 50.000 Teile pro Jahr. 

Wenn es den Caritasladen nicht bereits seit Dezember 2008 gäbe, man müsste ihn spätestens jetzt erfinden: Nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes leben derzeit fast 14 Millionen Menschen in Deutschland von einem Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze, das sind 600.000 mehr als vor Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020.

"Wir haben immer viel zu tun, die meisten Ehrenamtlichen übernehmen eine Schicht pro Woche", sagt Ralf Kröner. Er ist der Teamleiter von sechs Leuten, die immer am Dienstagvormittag drei Stunden lang Kunden bedienen und Bekleidung ausgeben. Vier Schichten pro Woche gibt es, pro Schicht kommen im Schnitt 50 bis 60 Kundinnen und Kunden in den Laden, um sich mit dem Nötigsten einzudecken.

Einzige Voraussetzung: ein Berechtigungsschein für den Laden und drei Euro pro Quartal

Einzige Voraussetzung dafür ist ein Berechtigungsschein in Form einer "Caritasladencard", die bei zahlreichen sozialen Diensten und Fachstellen in Würzburg und Umgebung erhältlich ist. "Unsere Zielgruppe sind finanziell benachteiligte Menschen, die wir gar nicht genauer definieren", erläutert Tobias Goldmann, Fachbereichsleiter für Soziale Dienste bei der Caritas. Die Bedürftigkeit wird von den Fachstellen geprüft, Inhaberinnen und Inhaber der Karte erhalten dann gegen einen Gebühr von drei Euro pro Quartal gut erhaltene gebrauchte Bekleidung, die der Caritas von Menschen aus der Region regelmäßig gespendet wird.

Angenommen, sortiert und in die Regale eingeräumt werden die Kleidungsstücke immer am Mittwoch- und am Freitagnachmittag. Auch die Betriebskosten des von der Caritas angemieteten Ladens, gut 15.000 Euro pro Jahr, werden über Spenden finanziert.

Eine der Ehrenamtlichen am Dienstagvormittag ist Ursula Gödel, die sich von Beginn an im Caritasladen engagiert. Die Arbeit im Team macht ihr Spaß: "Ich bin sozial eingestellt und komme sehr gerne, weil wir hier den Leuten helfen können." Viele Kunden und Kundinnen sind regelmäßig da und erzählen auch ihre Geschichten. "Man lernt sie kennen und einzuschätzen", sagt Gödel, die auch von schwierigen und wählerischen Kunden zu berichten weiß: "Es gibt auch anstrengende Tage, die an die Substanz gehen."

Weil wegen Corona nicht zu viele Menschen gleichzeitig im Laden sein sollen, erhält jeder Kunde vor Ort derzeit einen 30-minütigen Termin, um Kleider für sich und seinen Nachwuchs auszusuchen. "Wenn eine Frau fünf Kinder hat, bekommt sie schon einmal eine Hose oder ein T-Shirt mehr", sagt Ursula Gödel. Der Caritasladen will seinen Kunden als Form der sozialen Teilhabe eine Art Einkaufserlebnis bieten. Sie können sich die Ware selbst aussuchen: "Unser Angebot soll keine Kleiderkammer sein, in der man ein vorher geschnürtes Paket bekommt", sagt Goldmann.

Im Corona-Jahr 2021 mit seinen vielen Beschränkungen kamen rund 2400 Menschen in den Caritasladen. Diese Zahl wurde 2022 bereits nach den ersten beiden Quartalen erreicht, nachdem die Regeln gelockert und zahlreiche Geflüchtete aus der Ukraine nach Würzburg gekommen sind. Durch die drastisch steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten erwarten Tobias Goldmann und Ralf Kröner in den kommenden Monaten einen weiteren Anstieg.

"Die Leute bekommen hier von allem genug. Sie können sich vernünftig einkleiden und müssen nichts dafür bezahlen", betont Kröner. Er engagiert sich seit rund neun Jahren im Caritasladen: "Weil es mir persönlich ganz gut geht und ich mit meinem Leben zufrieden bin. Deshalb will ich einfach etwas zurückgeben. Es gibt genug bedürftige Menschen, und ich kann hier meinen Teil beitragen." Für Pausen ist in den drei Stunden Schicht kaum Zeit: "Wir haben heute rund 400 Kleidungsstücke ausgegeben", berichtet Kröner am Mittag am Ende der Schicht.

Jetzt dringend gebraucht: Kinderkleidung, Winterjacken, dicke Pullover 

Auf der Webseite des Caritasladens ist aufgezählt, was derzeit besonders gebraucht wird. Neben jeder Art von Bekleidung für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter sind das Winterjacken, aber auch Mützen, Pullover und andere warme Kleidungsstücke für bedürftige Menschen, die bei den Heizkosten sparen und damit rechnen müssen, sich demnächst in kalten Wohnungen aufhalten zu müssen.

Zeichen setzen!

Die Aktion "Zeichen setzen!" wurde und wird auch in Zeiten der Corona-Pandemie fortgesetzt – zuletzt in überwiegend digitaler Form. In den Zeitungstiteln der Mediengruppe Main-Post und online auf www.mainpost.de wird über beispielhafte Initiativen berichtet. Nach der Jury-Entscheidung werden die vier Preise – dotiert mit 500 bis 3000 Euro – in einer eigenen Veranstaltung im Spätherbst verliehen.

Die Initiativen kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Dabei sind soziale Aktionen wie Besuchsdienste, Hausaufgabenhilfen und Tafeln, aber auch kulturelles Engagement. Bewerben können sich Initiativen entweder selbst, oder sie werden durch Dritte vorgeschlagen - etwa durch Leserinnen und Leser oder die Redaktion. Jede und jeder kann Personen oder Gruppen benennen, die in ihrer Umgebung Wichtiges zum Gemeinwohl beitragen. Eingereicht werden können Projekte und Initiativen aus Unterfranken und dem benachbarten Main-Tauber-Kreis. Die Bewerbungsfrist für die laufende Aktion ist bereits abgelaufen.

Informationen rund um die Aktion, die Bewerbung, die Kriterien sowie erschienene Beiträge finden Sie unter www.mainpost.de/zeichensetzen und www.lernwerk.volkersberg.de

Quelle: Main-Post