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Neue Bundeswehr-Einheit: Territoriales Führungskommando nimmt Arbeit auf

Mit dem Ende des Kalten Krieges ist die jahrelang erprobte militärisch-zivile Kooperation in den Hintergrund getreten. Doch die Lage hat sich mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine geändert. Zum Schutz vor Versuchen einer Destabilisierung des Landes gibt es nun eine neues Führungskommando der Bundeswehr.

Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage nach dem russischen Angriff in der Ukraine hat das Verteidigungsministerium entschieden, die Führung der Streitkräfte im Inland in einem neuen Kommando zu bündeln. Die zentrale Befehlsstelle des Territorialen Führungskommandos in der Berliner Julius-Leber-Kaserne wird am heutigen Montag in Berlin von Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in Dienst gestellt. Befehlshaber des neuen Führungskommandos der Bundeswehr für das Inland wird Carsten Breuer, der bereits den Corona-Krisenstab im Kanzleramt unter Scholz geleitet hat. Für die Führung der Auslandseinsätze hat die Bundeswehr weiter das Einsatzführungskommando in Schwielowsee bei Potsdam.

Breuer will die Reaktionsfähigkeit auf eine gezielte Destabilisierung zügig verbessern. Eine "hybride Einflussnahme auf die Sicherheitsarchitektur Deutschlands, also dieser Zustand, bei dem man sagen muss, das ist nicht mehr ganz Frieden, aber es ist auch noch nicht ganz Krieg", sei der "worst case" für das Kommando, sagte der Generalleutnant.

Als hybride Kriegsführung bezeichnet das Verteidigungsministerium es, wenn gegnerische Mächte auf eine Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Hackerangriffen auf die Infrastruktur bis hin zu Propaganda in Medien und sozialen Netzwerken setzen. Es entsteht Instabilität, auf die reagiert werden muss. "Dieses zu beherrschen, und zwar in der gesamten Bandbreite, das macht den Kern dieses Kommandos aus", sagte der 57-Jährige dazu.

800 Mitarbeiter - rund um die Uhr

Das neue Territoriale Führungskommando hat die "operative Führung der Kräfte" - darunter Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst und Cyber-/Informationsraum - beim Heimatschutz. Dazu gehören auch Amts- und Katastrophenhilfe, hybride Bedrohungslagen, die zivil-militärische Zusammenarbeit und die Koordination des Aufmarsches verbündeter Kräfte in Deutschland oder die Verlegung über Deutschland. Rund 550 Soldaten und 250 Zivilisten übernehmen die Aufgabe und sind rund um die Uhr in einer Operationszentrale im Einsatz.

"Die Operationszentrale des Kommandos wird 24 Stunden, sieben Tage in der Woche in Betrieb sein. Sie bewertet offene Quellen, wertet aber auch Informationen aus, die militärisch eingestuft sind und führt das Ganze in einem territorialen Lagebild zusammen", sagt der General. Das Lagebild zeige, wo gehandelt werden müsse und gebe den Rahmen für die weiteren Planungen. "Den Wert dieses Kommandos macht eine ununterbrochene, robuste Führungsfähigkeit über das gesamte Intensitätsspektrum hinweg aus, - vom Frieden, von subsidiären Hilfseinsätzen der Streitkräfte über den Spannungs- und Verteidigungsfall bis hin zum Krieg."

"Nur alte Pläne zu entstauben, reicht nicht"

In Deutschland, aber auch anderen europäischen Staaten, sind in den Jahren der Entspannung einige eingespielte Verfahren und Praktiken für den Krisen- und Verteidigungsfall nicht mehr geübt oder auch abgebaut worden. Beispiele in Deutschland dafür sind fehlende Sirenen und Alarmierungssysteme, der Verkauf staatlicher Bunker und die Aufgabe von Depots.

"Viele Dinge, die früher auch in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern für den Verteidigungsfall geregelt waren, sind vom Ende des Kalten Krieges über die 90er Jahre hinweg bis heute in Vergessenheit geraten", sagte der General. Er nennt die zivil-militärische Zusammenarbeit "in beiden Richtungen", die Unterstützung der Zivilbevölkerung, aber auch wie Zivilverteidigung, die militärische Landesverteidigung unterstützt. "Nur alte Pläne aus der Schublade zu holen und zu entstauben, würde gerade vor dem Hintergrund hybrider Einflussnahme viel zu kurz springen. Wir müssen einer hybriden Einflussnahme genau diese Mittel und Methoden entgegensetzen, die einen Staat, die eine Gesellschaft resilient machen", sagte Breuer.

Das neue Kommando soll auch die "Hülle für einen nationalen Krisenstab zur Verfügung stellen", sagte Breuer. Das Militär hält also Personal und Technik bereit, damit die Bundesregierung Entscheider und Experten künftig schneller an einem Tisch versammeln kann.