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News: Friedensnobelpreis 2022, Markus Söder, deutsche Kinderkliniken

»Kampf für Demokratie und Freiheit«

An diesem Samstag ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Und heute Mittag wird der diesjährige Friedensnobelpreis in Oslo überreicht. Er steht – im Jahre des russischen Überfalls auf die Ukraine – ebenfalls ganz im Zeichen der Menschenrechte. Preisträger sind das ukrainische »Center for Civil Liberties« (CCL), die in Russland verbotene Menschenrechtsorganisation »Memorial« sowie der inhaftierte belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Beljazki, der von seiner Ehefrau im Rathaus von Oslo vertreten wird.

Nobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk

Foto: Håkon Mosvold Larsen / dpa

Als Anfang Oktober die Namen der Preisträger verkündet wurden, saß die CCL-Vorsitzende Oleksandra Matwijtschuk im Zug von Polen nach Kiew. Zufälligerweise im selben Zug: SPIEGEL-Korrespondent Christian Esch.

Christian war dann einer der Ersten, der noch im Zug ein Interview mit der Nobelpreisträgerin führen konnte. Gefragt nach der Bedeutung der Auszeichnung für sie, antwortete Matwijtschuk: Der Preis gehe mit Memorial und Beljazki »an Menschen, die den größeren Teil ihres Lebens gegen das gemeinsame Böse gekämpft haben, nämlich die autoritären Regime von Putin und Lukaschenko«.

Die sei die erste Dimension, »wir alle sind Menschenrechtler, und dass jetzt sozusagen die Armeen sprechen, liegt daran, dass die Stimmen der Menschenrechtsaktivisten in unserer Region über Jahre nicht gehört wurden«. Die zweite Dimension: Der Preis gehe an das gesamte ukrainische Volk, »in seinem Kampf für Demokratie und Freiheit«.

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Kommt ein Sondertribunal für Putin? Die Ukraine will Kremlchef Putin wegen des Kriegs gegen ihr Land vor ein Sondertribunal stellen. Bislang lehnten die USA, Frankreich und Deutschland den Plan ab. Doch nun bröckelt der Widerstand. 

  • »Russland will unter dem Schutz seiner Atomwaffen die bestehende Ordnung verändern«: Immer wieder droht Wladimir Putin mit Atomwaffen. Besonders in Deutschland wächst die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukrainekriegs. Müssen wir mit diesen Sorgen leben lernen, Claudia Major?

  • Kiew warnt vor gefälschten Anwerbebriefen für die ukrainische Armee in Deutschland: Das ukrainische Außenministerium hat vor perfiden Briefen in Deutschland gewarnt. In den gefälschten Schreiben wird den Adressaten der Dienst in der ukrainischen Armee angeboten – und viel Geld im Todesfall.

Die große, bunte Söder-Show

Eine Zeit lang habe ich über die CSU berichtet und geschrieben, natürlich auch über Markus Söder. Er war damals zwar weder Parteichef noch Ministerpräsident, dafür aber alles Mögliche: JU-Chef, Generalsekretär, Europaminister, Umweltminister (er nannte das: Lebensminister), Finanzminister. Einem solchen Experiment aber wie von meiner Kollegin Sara Sievert habe ich mich zu keiner Zeit unterzogen: Sara hat Markus Söder zwei Wochen lang auf Schritt und Tritt zu begleiten versucht.

Der Mann hetze von Termin zu Termin, schreibt Sara in ihrem Porträt: »Wie eine bayerische Taylor Swift legt Söder an jedem Ort die passende Platte auf. Von Country bis Kirchenlied wird immer das gesungen, was ihn gerade in die Charts befördert.« Die Show laufe auf allen Kanälen, ob Radio, Fernsehen, Social Media oder Print. Vor Söder könne sich kaum jemand im Freistaat abschotten.

Ein knappes Jahr vor der Landtagswahl wirkt Söder schon voll im Kampfmodus: »Jedes Mal ist das Publikum ein anderes, also tritt jedes Mal ein anderer Söder auf. Söder passt im Grunde ständig seinen Sound an. Mehrfach täglich, in seinem Auftreten bei Terminen.« Und innerhalb einiger Monate, wie bei der Coronapolitik.

Nun gab es nur wenige CSU-Ministerpräsidenten, denen eine gewisse Wandelbarkeit völlig fremd war. Mal dafür und mal dagegen zu sein, zugleich Regierung und Opposition zu spielen – das mitunter zynische Beherrschen dieser Dialektik macht einen Gutteil des jahrzehntelangen CSU-Erfolgs aus. Horst Seehofer verdiente sich etwa den Beinamen »Drehhofer«.

Bei Söder kommt die Nummer allerdings in neuer Quantität und Qualität daher, das habe ich bei Sara gelernt. Ist das den modernen Zeiten geschuldet? Oder hat der Politiker Söder hier das Geschäftsmodell seiner Partei einfach auf die Spitze getrieben?

Ich vermute Letzteres.

Der schlanke Staat und seine Folgen

Ich möchte Ihnen für dieses Wochenende eine Geschichte ans Herz legen, die mich erschüttert hat und auch wütend macht. Es ist eine wichtige Recherche. Ein SPIEGEL-Team um meine Kollegin Silke Fokken hat sich in deutschen Kinderkliniken umgeschaut und den dort grassierenden, mitunter lebensgefährlichen Mangel beschrieben.

Dass hierzulande über Jahre die medizinische Versorgung der kleinen Menschen teils kaputtgespart worden ist, das ist ein Skandal. Es gibt Lebensbereiche, die darf man nicht nach rein ökonomischen Kriterien organisieren. Kinderkliniken gehören dazu.

Die diversen Krankheitswellen in diesem Herbst und Winter reichten nicht aus als Erklärung für den schlimmen Zustand der pädiatrischen Versorgung, schreiben Silke und die Kollegen: »Sie verstärken nur die vielerorts gleichen Probleme: massive Personalnot und chronische Unterfinanzierung. Die Viren drohen ein ohnehin krankes System auszuknocken.«

Ein Kinderarzt aus Niedersachsen berichtet von einem Sechsjährigen in der Notaufnahme. Zweieinhalb Stunden sei er transportiert worden, weil es in seiner Heimatstadt keinen Platz für ihn gegeben habe. Er sei in einem lebensbedrohlichen Zustand gewesen. Das Team habe den Jungen »gerade noch so wieder hinbekommen«, erzählt der Arzt. »Hätte er zehn Minuten länger transportiert werden müssen, hätte er es nicht geschafft.«

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Ort des Tages…

…ist der Sitz der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburgs. Denn ausgerechnet dort findet heute der FDP-Landesparteitag statt. Ich finde das witzig.

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Korruptionsverdacht erschüttert EU-Parlament: Die Polizei ermittelt im EU-Parlament wegen Korruptionsverdacht, es gab Durchsuchungen und Festnahmen. Offenbar ist auch die griechische Vizepräsidentin Eva Kaili involviert – ihre Partei hat bereits reagiert.

  • Trump-Anhängerin Lake wehrt sich gegen ihre Niederlage bei der Gouverneurswahl: Sie unterlag bei der Gouverneurswahl ihrer Kontrahentin von den Demokraten und spricht von »illegalen Stimmzetteln«: Die Republikanerin Kari Lake klagt gegen mehrere Verantwortliche der Abstimmung.

  • Fall George Floyd – Ex-Polizist Kueng erneut verurteilt: Weiterer Schuldspruch gegen den Ex-Polizisten Alexander Kueng: Für sein Mitwirken an der Tötung von George Floyd wurde er jetzt zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Kueng sitzt allerdings bereits eine Haftstrafe ab.

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Ich. Ich. Ich: Afrika hat viele grandiose Fußballtalente, aber die Nationalteams scheitern immer wieder an den hohen Erwartungen bei einer Weltmeisterschaft. Einzige Ausnahme: Marokko. Wie ist das zu erklären? 

  • »Ich habe ein ausgeprägtes Helfersyndrom«: Eine 29-Jährige verbringt seit der Flut vom Juli 2021 jede freie Minute im überschwemmten Ahrtal. Wochenlang schuftete sie in den Ruinen der Häuser. Warum eigentlich? 

  • Wo Bahnfahren Spaß macht – und wo es ein Ärgernis ist: Während das 9-Euro-Ticket einen Bahn-Boom in Deutschland auslöst, reist Vielfahrer Jon Worth in 186 Zügen kreuz und quer durch Europa. Und merkt dabei, woran die Verkehrswende scheitert .

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Sebastian Fischer