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News: Wladimir Putin, Ostsee, Nato, Russland, Boris Palmer, Lina E., Corona-Warn-App

Lauter Putin-Gipfel

Heute ist Großgipfeltag in der Weltpolitik. Kreuz und quer über den Globus kommen Minister, Staatschefs und sonstige Würdenträgerinnen zusammen ­– und immer geht es mehr oder weniger explizit um Wladimir Putin.

Kriegstreiber Putin

Foto: Mikhail Klimentyev / ITAR-TASS / IMAGO

In Wismar empfängt Außenministerin Annalena Baerbock am Nachmittag die Kolleginnen und Kollegen der acht Ostseeanrainer-Staaten. Und natürlich wird es um Putin gehen. Ganz konkret um dessen Überfall auf die Ukraine und die richtige Reaktion darauf. Und zumindest indirekt bei der Suche nach mehr Unabhängigkeit von Putins Regime und dessen fossiler Energie. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien zum Beispiel – insbesondere der Offshore-Windkraft. Dass die Teilnehmer auch von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig begrüßt werden, die einst wie eine Löwin für Gas aus Russland kämpfte, ändert nichts an der Richtigkeit des Anliegens.

Bevor sie nach Rostock fliegen, müssen die meisten Außenminister heute Vormittag allerdings erst mal ihr informelles Nato-Außenministertreffen in Oslo beenden. Das begann gestern. Von dem Termin ging die klare Zusicherung an die Ukraine aus, dass das Bündnis dem Land in seinem Abwehrkampf gegen Putins Invasion weiter zur Seite stehen wird.

In der Stadt Bulboaca in Moldau, findet derweil das Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) statt. Diese wurde vergangenes Jahr mit dem Ziel gegründet, 47 europäische und vorderasiatische Staaten, die keine Mitglieder der Europäischen Union sind, näher an die EU heranzuführen. Klammer auf: Und um sie aus dem Einflussbereich von Wladimir Putin zu lotsen. Klammer zu. Darunter sind Länder wie die Ukraine oder Moldau selbst. Für die Bundesrepublik ist Kanzler Olaf Scholz vor Ort.

Und dann treffen sich in Südafrika heute die Außenminister der BRICS-Staaten, zu denen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zählen. Sie stehen mehr oder weniger treu zu Putin und dessen Krieg und würden ihn, so er sich trotz eines internationalen Haftbefehls wegen Kriegsverbrecherei denn traut, im August auch zum großen BRICS-Gipfel der Staats- und Regierungschefs empfangen.

Die Welt ist nervös, das zeigt auch die multiple Gipfelei dieser Tage. Sollte Putin unter einer narzisstischen Störung leiden, hätte er zumindest ein Ziel erreicht: Alles dreht sich dieser Tage um ihn und seine viele Verbrechen.

Palmerloses Tübingen

Ab heute ist Tübingen palmerlos, zumindest im Rathaus. Der umstrittene Oberbürgermeister startet heute in eine einmonatige Auszeit. Diese hatte Boris Palmer nach einem erneuten öffentlichen Eklat angekündigt. Bei einer Konferenz zum Thema Migration hatte er fünfmal trotzig das N-Wort benutzt. Und als aggressive Demonstranten ihn als »Nazi« beschimpften, wählte er den unpassendsten aller Vergleiche: Es sei, als würde man ihm den Judenstern anheften.

Eklat-Produzent Palmer

Foto:

Dimitri Drofit / Eibner / IMAGO

Den Juni über möchte Palmer nun dem Internet fernbleiben, auf Facebook und E-Mails verzichten. Er wolle an sich arbeiten, sagt er der Nachrichtenagentur dpa: »Ich sehe den Monat als Aufgabe.« Für die Auszeit habe er sich professionelle Hilfe geholt, um künftig besser mit Konfrontationen umgehen zu können.

Natürlich kann man diese Ankündigung als weitere PR-Kasperei verhöhnen. Man kann sich auch fragen, ob vier Wochen nicht ein wenig kurz sind, wenn es um eine grundsätzliche Beschäftigung mit den eigenen Unzulänglichkeiten geht. Andererseits: Wer von uns hat schon mal vier Wochen in die Selbstbefragung investiert?

Wer ernsthaft dazu bereit ist, verdient Respekt und Unterstützung. Und keine Häme.

Justiz und Selbstjustiz

Um 10.30 Uhr gestern wurde die Linksextremistin Lina E. vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt – für die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und die Serie von sechs Angriffen auf Rechtsextremisten. Es folgte eine achtstündige Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters. Erst an deren Ende, um 19.50 Uhr, erfuhr Lina E. dass sie nach zweieinhalb Jahren Untersuchungshaft erst mal nach Hause darf. Bis das Urteil rechtskräftig ist. Eine Revision ist möglich.

Demonstrierende Sympathisanten von Lina E.

Foto: Sebastian Willnow / dpa

Antifaschistisches Engagement ist großartig. Es müsste viel stärker belohnt und gewürdigt werden. Ja, es bräuchte mehr davon in Deutschland! Aber es sollte konsequent friedlich sein. Schon allein, um sich nicht auf das Niveau jener mentalen Stiernacken zu begeben, gegen die sich das Engagement richtet.

Auch beim Kampf für eine gute, gerechte Sache, darf man sich nicht über das Gesetz stellen, sondern sollte jene auf demokratischem Wege entstanden Spielregeln achten, die unser Zusammenleben fairer und friedlicher machen. Wenn jeder, der glaubt, ein hehres Anliegen zu haben, zur Selbstjustiz greifen würde, würde das Zusammenleben für alle zur Hölle.

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Verlierer des Tages …

Ex-Hoffnungsträger Warn-App

Foto: Stefan Jaitner / dpa

…ist die Corona-Warnapp. Haben Sie das Ding etwa noch auf dem Handy? Dann wäre heute ein guter Tag, es zu löschen. Die vielleicht teuerste App der Geschichte bekommt nämlich, anders als Boris Palmer, keine Auszeit. Sie wird heute eingeschläfert.

Die Warnfunktion wurde wegen der entspannten Pandemie-Lage schon zum 1. Mai deaktiviert. Nun soll die App in einen »Schlafmodus« gehen, auf regelmäßige Aktualisierungen wird verzichtet. Der einzig verbliebene Nutzen könnte sein, dass man auf der App weiter sein elektronisches Impfzertifikat vorzeigen kann. Aber wem soll man das noch vorzeigen? Ich jedenfalls werde diese selbst zu Corona-Hochzeiten wenig hilfreiche App nicht vermissen.

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Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • »Wenn ich an mein Gesicht denke, weiß ich einfach: So fühle ich mich an!«: Nina nennt ihren Blindenstock Stöckli und mag lilafarbene Fingernägel. Lenka schreibt einen Roman und träumt von der Schauspielschule. Beide sind jung, blind und kennen ihren Körper ganz genau – und ihre Fähigkeiten. 

  • Was uns die Euro-Notenbank gebracht hat – und wo sie Hilfe braucht: Heute vor 25 Jahren wurde die Europäische Zentralbank gegründet. Trotz ihrer Erfolge misstrauen viele Menschen ihr immer noch, besonders in Deutschland. Ein Grund dafür findet sich auf jedem Geldschein. Ein Gastbeitrag von Marcel Fratzscher. 

  • Die dubiosen Methoden von Hitlers Leibarzt: Theodor Morell sicherte sich Hitlers blindes Vertrauen – bis sein Mix aus Arzneien und Drogen nicht mehr anschlug. Edzard Ernst, Experte für die fragwürdigen Seiten der Medizin, schildert Aufstieg und Fall des zwielichtigen Arztes. 

  • Tu nicht, was du liebst – zumindest nicht beruflich: Früher wurde gearbeitet, um Geld zu verdienen. Heute soll man seinen Job lieben – und dafür Überstunden und schlechte Bezahlung hinnehmen. Es ist an der Zeit, Erfüllung wieder abseits des Arbeitslebens zu suchen. 

Einen heiteren Donnerstag wünscht Ihnen.

Ihr Markus Feldenkirchen, Autor im SPIEGEL-Hauptstadtbüro