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News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Donnerstag (8. Dezember)

Russische Interkontinentalrakete (Aufnahme aus dem Jahr 2018)

Russische Interkontinentalrakete (Aufnahme aus dem Jahr 2018)

Foto: RU-RTR Russian Television / dpa

Was in den vergangenen Stunden geschah

Die Gefahr einer atomaren Eskalation des Ukrainekrieges ist nach Ansicht von Bundeskanzler Olaf Scholz kleiner geworden. »Russland hat aufgehört, mit dem Einsatz von Atomwaffen zu drohen. Als Reaktion darauf, dass die internationale Gemeinschaft eine rote Linie markiert hat«, sagte Scholz den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung »Ouest-France«.

»Bei meinem Besuch in Peking haben der chinesische Präsident Xi und ich gemeinsam zum Ausdruck gebracht, dass Atomwaffen nicht eingesetzt werden dürfen. Kurz darauf haben die G20-Staaten diese Haltung bekräftigt.« Auf die Nachfrage, ob die Gefahr einer atomaren Eskalation abgewendet ist, sagte der SPD-Politiker: »Für den Augenblick haben wir einen Pflock dagegen eingeschlagen.«

Olaf Scholz (am 22. November)

Foto: Filip Singer / EPA

Scholz rief Russland auf, den Krieg sofort zu beenden und die Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen. »Richtig ist, dass es dann um die Frage geht, wie wir Sicherheit für Europa erreichen können«, sagte er mit Blick auf Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu möglichen Sicherheitsgarantien für Russland. »Natürlich sind wir bereit, mit Russland über Rüstungskontrolle in Europa zu sprechen. Das haben wir schon vor dem Krieg angeboten, und an dieser Position hat sich nichts geändert.«

Scholz verteidigte einmal mehr den Umfang der deutschen Unterstützung für die Ukraine. »Deutschland gehört nach den USA zu den Ländern, die die Ukraine am stärksten unterstützen, auch mit Waffen«, sagte der Kanzler. »Übrigens hat niemand Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert«, fügte Scholz hinzu.

Für die Rettung der Friedensordnung in Europa nehme Deutschland auch wirtschaftliche Nachteile in Kauf und gebe mehr Geld für seine Verteidigungsfähigkeit aus. »Denn es gibt keinerlei Garantie, dass Russland nicht noch andere Länder attackiert«, sagte Scholz. Zugleich betonte er: »Wir tun alles, um zu verhindern, dass es zu einem direkten Krieg zwischen Russland und der Nato kommt. Ein solcher Konflikt hätte nur Verlierer – auf der ganzen Welt.«

Das sagt Moskau

Russland wird Atomwaffen nach den Worten von Kremlchef Wladimir Putin nur als Reaktion auf einen Angriff einsetzen. »Wir betrachten Massenvernichtungswaffen, Atomwaffen, als ein Mittel der Verteidigung«, sagte Putin am Mittwoch auf einer im Fernsehen übertragenen Sitzung des Menschenrechtsrates des Kremls. Die Strategie Russlands basiere auf einer Politik des »sogenannten Vergeltungsschlags«. »Wenn wir angegriffen werden, schlagen wir zurück«, fügte er hinzu. Putin weiter: »Wir haben unseren Verstand nicht verloren. Wir sind uns bewusst, was nukleare Waffen bedeuten. (...) Wir werden mit diesen Waffen nicht herumfuchteln, wie mit einer Rasierklinge. Aber natürlich handeln wir in dem Bewusstsein, dass sie existieren.«

In der Vergangenheit hatte der Kremlchef angekündigt, das russische Territorium werde mit allen militärischen Mitteln verteidigt. Nun hob er mit Blick auf die Konfrontation mit dem Westen infolge des Ukrainekrieges hervor, dass »die Gefahr eines Atomkriegs wächst«. Dieser Konflikt könne sich noch »lange hinziehen«, so Putin.

In einer ersten Reaktion bezeichneten die USA die Äußerungen des Kremlchefs als leichtfertiges Gerede. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, lehnte eine direkte Antwort auf Putins Ankündigung ab. Gleichzeitig aber betonte er gegenüber den Medien, »wir halten jedes lockere Gerede über Atomwaffen für absolut unverantwortlich«.

Russische Sicherheitskräfte haben nach offiziellen Angaben am Mittwoch einen verurteilten Straftäter festgenommen, der in einer Grenzregion zur Ukraine mit einem Maschinengewehr auf Polizisten geschossen haben soll. Einem russischen Medienbericht zufolge soll es sich dabei um einen Deserteur der in der Ukraine kämpfenden Söldnertruppe Wagner handeln.

Dem russischen Ermittlungskomitee zufolge steht der 38-jährige Mann im Verdacht, am Dienstag in der zur russischen Grenzregion Rostow gehörenden Stadt Nowoschachtinsk auf eine Gruppe Polizisten geschossen und dabei einen von ihnen verletzt zu haben. Er sei nach fast 24-stündiger Fahndung in dem Dorf Kiseljowo gefasst worden. Laut den Ermittlern war der Verdächtige zuvor wegen »Diebstahls und Raubs« verurteilt worden.

Nach Informationen des Telegramkanals Basa, der für seine guten Kontakte zu den russischen Sicherheitskräften bekannt ist, verbüßte der Mann seine Strafe in einer russischen Strafkolonie, als er von der Wagner-Truppe für den Kampf in der Ukraine rekrutiert wurde. Später habe er seine Meinung aber geändert und sei desertiert.

Das sagt Kiew

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von anhaltend schweren Gefechten im Osten seines Landes berichtet. Bei jüngsten russischen Angriffen auf die Stadt Kurachowe im Gebiet Donezk seien zehn Menschen getötet worden, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Donnerstag. Über die Lage rund um die derzeit besonders heftig beschossene Kleinstadt Bachmut, die die Russen bereits seit Monaten einzunehmen versuchen, sagte er: »Dort gibt es eine sehr harte Konfrontation. Jeder Meter zählt.« Er dankte zudem allen ukrainischen Soldaten, die sich den Angreifern entgegenstellten.

Russland hat nach ukrainischen Angaben das ukrainische Stromnetz bislang über tausend Mal angegriffen. »Diese Angriffe sind der größte Schlag gegen ein Stromnetz, den es je gegeben hat. Mehr als tausend Granaten und Raketen wurden auf elektrische Anlagen, Leitungen und Umspannwerke abgefeuert«, zitierte die Agentur Interfax den Chef des Netzbetreibers Ukrenergo, Wolodymyr Kudrytsky. Die Energieinfrastruktur funktioniere aber trotz erheblicher Schäden noch immer.

Die ukrainische Armee hat nach Angaben von Präsident Selenskyj rund 2000 von Russland besetzte Ortschaften des Landes wieder befreit. »Uns ist es bereits gelungen, 1888 Ortschaften von den Besatzern zu befreien«, sagte der Staatschef. »Fast genauso viele ukrainische Städte und Dörfer sind aber noch besetzt«, fügte er hinzu.

Internationale Reaktionen

Estland hat für 2023 einen Staatshaushalt mit Verteidigungsausgaben in Rekordhöhe verabschiedet. Nach dem vom Parlament in Tallinn am Mittwoch beschlossenen Budget wird der Militäretat im kommenden Jahr erstmals den Wert von einer Milliarde Euro übersteigen – das sind umgerechnet 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des baltischen EU- und Nato-Landes.

Estland grenzt an Russland und betrachtet dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine als direkte Gefahr für seine Sicherheit. Der Ostseestaat im Nordosten Europas hat deshalb bereits in diesem Jahr seine Militärausgaben massiv aufgestockt und rüstet seine Streitkräfte auf.

Der Sohn eines ehemaligen russischen Top-Beamten mit Verbindungen zu Präsident Wladimir Putin ist in einem Drohnenfall in Norwegen freigesprochen worden. Das meldete die Nachrichtenagentur NTB am Mittwochabend. Während sich der Verteidiger des angeklagten Geschäftsmannes Andrej Jakunin zufrieden über das Urteil äußerte, kündigte die zuständige Staatsanwältin gegenüber dem Rundfunksender NRK und der Zeitung »Verdens Gang« Berufung an.

Jakunin, ein 47 Jahre alter britisch-russischer Staatsbürger, hatte die Anschuldigungen vor einem Gericht im nordnorwegischen Tromsø zurückgewiesen. Dort wurde ihm vorgeworfen, auf einer Segelreise in Spitzbergen im Sommer verbotenerweise eine Drohne fliegen gelassen und damit gegen Sanktionen für russische Staatsbürger verstoßen zu haben. Mitte Oktober war er deshalb festgenommen worden.

Zuletzt waren in Norwegen immer wieder Drohnen über sensibler Infrastruktur gesichtet worden, unter anderem über Ölplattformen in der Nordsee oder Flughäfen. Mehrere Russen wurden im Zuge dessen festgenommen und teils zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt – der Freispruch Jakunins könnte nun Auswirkungen auf diese Urteile haben.

Jakunins Vater ist Wladimir Jakunin, ein früherer Chef der russischen Eisenbahn und einer der Gründer des Datschen-Kooperativs »Osero«, dem auch Putin angehörte. Alle Gründungsmitglieder haben nach Putins Ernennung zum Präsidenten Karriere entweder als Geschäftsleute oder hochrangige Beamte gemacht. Jakunin selbst ist vor ein paar Jahren allerdings aus dem engsten Umfeld Putins aussortiert worden.