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Peter Seppelfricke: Immobilienaktien: Wer wird Milliardär?

Immobilienaktien sind aktuell an der Börse deutlich unterbewertet. Mit Übernahmen und Zerschlagungen ließe sich ein Vermögen verdienen.

Man stelle sich vor, in der Nachbarschaft gäbe es eine vermietete Immobilie, die eine jährliche Nettomiete von 100.000 Euro erwirtschaftet, Anfang des Jahres noch 3 Mio. Euro gekostet hat und eine Mietrendite von 3,3 Prozent abwarf. Diese Immobilie könnte man nun für 1 Mio. Euro erwerben und die Mietrendite hätte sich auf zehn Prozent verdreifacht. Dazu gibt es ein Rundum-Sorglos-Paket. Grunderwerbsteuer wird nicht erhoben, Makler- und Notargebühren (ca. zehn Prozent der Kaufkosten) fallen ebenfalls nicht an und die mühevolle Verwaltungsarbeit mit Mietern und Handwerkern wird kostengünstig organisiert. Als Bonus kann man sogar die günstigen langlaufenden Finanzierungsverträge der Vorbesitzer mit Effektivzinsen um die 1,6 Prozent übernehmen. Diese Konstellation wäre für viele Immobilienkäufer ein Traum – der sich aktuell erfüllen lässt!

Um diesen Anlegertraum zu verwirklichen, muss man nur die richtige Anlageformen im Immobilien wählen – Immobilienaktien. Ein Beispiel: Die Immobilien der TAG Immobilien AG haben aktuell einen Verkehrswert/Marktwert (Asset Value) von 6,9 Mrd. Euro. Diese Immobilien kann man in Summe übernehmen, wenn man die gesamten Aktien des Unternehmens zum Marktwert (Marktkapitalisierung) von aktuell 1,05 Mrd. Euro aufkauft und als Eigentümer der AG damit auch die Nettoschulden von derzeit 3,62 Mrd. Euro übernimmt. Den gesamte Immobilienbestand der AG könnte man also aktuell zu einem Marktwert (Enterprise Value) von etwa 4,6 Mrd. Euro erwerben. Der Abschlag auf den Verkehrswert beläuft sich auf 2,3 Mrd. Euro und die Mietrendite auf das (zu Marktwerten) gebundene Kapital beträgt realistisch gerechnet 9,2 Prozent.

Man muss hervorheben, dass die Risiken trotz der hohen Renditen überschaubar sind. Die Vermietung von Wohnungen erweist sich auch in Krisenzeiten als sehr stabil und die anhaltende Wohnungsknappheit lässt erahnen, dass auch in Zukunft die Mieten im Bestand oder bei Neuvermietungen an die Geldentwertung angepasst werden können. Darüber hinaus ist das Immobilienportfolio auf verschiedene Standorte breit gestreut und es gibt kein Klumpenrisiko. Aufgrund einer möglichen Immobilienkrise und weiteren Zinssteigerungen können die Immobilienpreise zwar deutlich sinken, damit sollte ein Käufer von Immobilienaktien jedoch gelassen umgehen. Das gebundene Vermögen bleibt konstant (es wurde ja schon bezahlt) und bei stetigen Mieteinahmen bleiben dann auch die Renditen auf das gebundene Vermögen stabil. Das Insolvenzrisiko ist auch begrenzt; die Immobilien sind zu weniger als 50 Prozent fremdfinanziert und ein BBB-Rating signalisiert über zehn Jahre eine Insolvenzwahrscheinlichkeit von etwa fünf Prozent.

Rendite der Immobilien hebelt sich durch günstige Verschuldung

Die Unterbewertung der Immobilien an der Börse wird besonders deutlich, wenn man die Berechnungen auf das Eigenkapital herunterbricht. Zu diesem Zweck vergleicht man den Net Asset Value NAV (Marktwerte der Immobilien abzüglich der Nettofinanzschulden) mit der aktuellen Marktkapitalisierung des Unternehmens. Bei der TAG Immobilien AG liegt der NAV in Form des Zerschlagungswertes Net Disposable Value NDV bei 2,6 Mrd. Euro bzw. 17,5 Euro je Aktie, während die Aktie derzeit an der Börse etwa nur mit 6 Euro notiert. Für das Nettovermögen des Unternehmens muss deshalb aktuell an der Börse nur 34 Prozent dieses Wertes gezahlt werden, der Discount beträgt 66 Prozent!

Aktienhändler an der New Yorker Börse

Die Zinswende macht es möglich: Es gibt bei der Geldanlage am Kapitalmarkt wieder Alternativen zu Aktien. Doch der Abschied vom TINA-Prinzip ist nicht ohne Risiken für Anlegerinnen und Anleger

Der nachhaltige Nettomietertrag (genauer gemessen mit den Adjusted Funds From Operations AFFO) liefert auf das zu Marktwerten gebundene Kapital (Marktkapitalisierung) deshalb aktuell eine Rendite von elf Prozent. Hierbei macht sich sehr positiv bemerkbar, dass die Zinsaufwendungen aufgrund der langfristigen Finanzierungen (durchschnittliche Laufzeit fünf Jahre) mit 1,6 Prozent auf die bestehenden Schulden noch sehr niedrig sind. Aber auch bei einer Verdoppelung der Zinsaufwendungen würde die nachhaltige Mietrendite nach Zinsen und Steuern nur auf acht Prozent sinken – auch das wäre noch eine beeindruckende Rendite für eine recht sichere Anlage.

Zerschlagungen eröffnen das größte Potential für Wertsteigerungen

Die sehr gute Risiko-Rendite-Kombination bei Immobilienaktien lässt sich grundsätzlich von jedem Aktionär nutzen. Die krasse Unterbewertung der Aktien an der Börse lässt sich jedoch unmittelbar aufdecken, wenn man das gesamte Unternehmen übernimmt und zerschlägt. Die vollständige Übernahme aller Aktien (inklusive Übernahmeprämien von ca. 30 Prozent) sollte beispielsweise bei der TAG Immobilien AG aktuell nur etwa 1,3 Mrd. Euro kosten; durch Zerschlagung bzw. Verkauf des Immobilienportfolios und Ablösung der Schulden könnte man diesen Wert auf den NAV von derzeit etwa 2,6 Mrd. Euro verdoppeln.

Es dürfte deshalb nur eine Frage der Zeit sein, bis der nächste Gordon Gekko bei Immobilienaktien um die Ecke kommt. Der Generation Ü50 dürfte der „Corporate Raider“ Gordon Gekko aus dem Film Wall Street (grandios gespielt von Michael Douglas) noch bekannt sein. Im Film übernimmt der gierige Gordon Gekko unterbewertet Unternehmen und verdient sich an den Zerschlagungen eine goldene Nase. Allerdings nutzt er dabei Insiderwissen, um unterbewertete Unternehmen zu identifizieren, oder Marktmanipulationen, um die Unterbewertungen herbeizuführen. Die Entlassungen von zahlreichen Mitarbeitern (im Film ist das eine Airline) im Zuge der Liquidierungen sind zudem moralisch höchst fragwürdig.

Bei Immobilienaktien sind derartig kriminelle Methoden bei den beschriebenen Transaktionen nicht erforderlich. Die Unterbewertungen der Unternehmen sind offensichtlich und die Zerschlagungen (Verkauf der Immobilien) wäre ohne viel Aufhebens und ohne soziale Härten problemlos möglich – vermutlich würden sich andere Immobiliengesellschaften um die angeboten Immobilienportfolios sogar reißen. Die Lizenz zum Reichwerden wir damit aktuell auf dem Silbertablett serviert. Wer greift zu?

Anmerkungen: Berechnungen des Autors mit Daten aus S&P Capital IQ. Der EV bezeichnet den Enterprise Value (Marktkapitalisierung zuzüglich Nettoverschuldung). Die AFFO bezeichnen die Adjusted Funds from Operations. Sie kennzeichnen den Cashflow, der den Eigentümern nach Modernisierungsaufwendungen in jeder Periode zur Verfügung gestellt werden könnte. Die tatsächlichen Dividendenzahlungen orientieren sich regelmäßig an den AFFO. Der NAV bezeichnet den Net Asset Value und beschreibt den Substanzwert des Eigenkapitals, wobei die Immobilien zu Marktwerten angesetzt werden.

Anmerkungen: Berechnungen des Autors mit Daten aus S&P Capital IQ. Der EV bezeichnet den Enterprise Value (Marktkapitalisierung zuzüglich Nettoverschuldung). Die AFFO bezeichnen die Adjusted Funds from Operations. Sie kennzeichnen den Cashflow, der den Eigentümern nach Modernisierungsaufwendungen in jeder Periode zur Verfügung gestellt werden könnte. Die tatsächlichen Dividendenzahlungen orientieren sich regelmäßig an den AFFO. Der NAV bezeichnet den Net Asset Value und beschreibt den Substanzwert des Eigenkapitals, wobei die Immobilien zu Marktwerten angesetzt werden.

Peter Seppelfricke lehrt Finanzwirtschaft an der Hochschule Osnabrück. Er ist zugleich Gründer und Geschäftsführer der Value Investor Research GmbH. Hier finden Sie weitere Kolumnen von Peter Seppelfricke

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