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Peter Seppelfricke: Zins-Turbulenzen: Sind Geldmarktfonds wieder attraktiv?

Anleger müssen sich die Zinsknauserei der Banken nicht gefallen lassen. Geldmarktfonds sind ein guter Cash-Ersatz und bieten höhere Verzinsungen bei deutlich geringeren Risiken.

Die Deutschen sind ein Volk von Kapitalmarktmuffeln. Auf den Giro- und Tagesgeldkonten der privaten Haushalte schlummern in Deutschland aktuell etwa 3,7 Billionen Euro (siehe Abbildung), das entspricht etwa 40 Prozent ihres gesamten Geldvermögens. Die Banken können daran prächtig verdienen.

Trotz der Zinswende im vergangenen Jahr bieten die meisten Banken und Sparkassen für Einlagen ihrer Kunden anhaltend nur Null- oder Mini-Zinsen. Die mickrig verzinsten Kundeneinlagen können die Banken aktuell an den Geldmärkten zu etwa 3,5 Prozent anlegen und folglich eine Nettozinsmarge von circa 3 Prozent verdienen.

Des einen Freud, des anderen Leid: Mit ihrer Gleichgültigkeit gegenüber den Entwicklungen an den Finanzmärkten schustern die Deutschen den Banken aktuell Nettozinserträge in Höhe von gut 112 Mrd. Euro zu. Dabei ist man von einer angemessenen Verzinsung der Einlagen nur einige Sekunden beziehungsweise Mausklicks entfernt. Was die Banken können, können die Anleger auch! Mit einem (Online-)Kauf von Geldmarktfonds können Anleger ihre Gelder mühelos und liquide mit einem überzeugendem Rendite-Risiko-Profil parken.

Peter Seppelfricke: Zins-Turbulenzen: Sind Geldmarktfonds wieder attraktiv?

Rendite von Geldmarktfonds folgt den Leitzinsen der EZB

Geldmarktinstrumente sind im deutschen Wertpapierhandelsgesetz (WphG) exakt definiert. Sie umfassen handelbare Finanzinstrumente wie kurzlaufende Anleihen, Schuldscheindarlehen oder Einlagenzertifikate mit einer Restlaufzeit von höchstens 397 Tagen. Die Verzinsungen am Geldmarkt werden maßgeblich von der Europäischen Zentralbank (EZB) geprägt. Mit ihren aktuellen und im kommenden Jahr erwarteten Leitzinsen geben sie einen Korridor für die Verzinsungen am Geldmarkt vor.

Der Einlagesatz bei der EZB (zu dem die Geschäftsbanken bei der Zentralbank Geld anlegen können) liegt aktuell bei 3,25 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz (zu dem Geschäftsbanken permanent Geld von der EZB erhalten können) liegt momentan bei 3,75 Prozent. Die Verzinsungen an den Geldmärkten werden sich in diesem Bereich einpendeln, ansonsten könnten die Banken mit den vorgegebenen Zinssätzen der EZB gewinnbringende Arbitragegeschäfte durchführen.

Geldmarktfonds legen in Geldmarktinstrumenten an und können folglich in etwa die vorgegebenen Leitzinsen der EZB realisieren. Aufgrund der anhaltenden Inflation – dem die EZB mit höheren Zinsen begegnen muss – dürften sich die Renditen auch in den kommenden Jahren in einer ähnlichen Größenordnung bewegen. Mit deutlichen Zinssteigerungen sollte man jedoch nicht mehr kalkulieren. Die EZB kann die andauernde Inflation nur mit angelegter Handbremse bekämpfen, ansonsten würde sie zahlreiche Schieflagen von Schuldnern im Banken-, Immobilien- und staatlichen Sektor riskieren. Eine weitere Destabilisierung des Finanzsystems liegt nicht im Interesse der EZB.

Rendite von Geldmarktfonds besser als Tagesgeld

Geldmarktfonds eignen sich insbesondere als Cash-Ersatz für Einlagen bei Banken, wenn sie an der Börse gehandelt und sekundenschnell wieder in Cash umgewandelt werden können. Passiv gemanagten Geldmarkt-ETFs ist deshalb regelmäßig der Vorzug zu geben vor nur außerbörslich erhältlichen aktiv gemanagten Geldmarktfonds. Mit der Handelbarkeit der Fonds gehen jedoch Kosten in Höhe der Handelsspanne (Differenz zwischen Kauf- und Verkaufkursen) einher. Die Handelsspannen (Spreads) an den Börsen für diese Fonds sind jedoch mit 0,1 Prozent recht moderat und können zudem durch das Setzen von sinnvollen Limits (etwa in der Mitte der Handelsspanne) reduziert werden.

Darüber hinaus sollten Anleger beachten, dass die Renditen von Fonds durch Ausgabeaufschläge oder laufende Gebühren gesenkt werden können. Ausgabeaufschläge sind bei derartigen Fonds jedoch unüblich und die laufenden Kosten bewegen sich zumeist in einem übersichtlichen Rahmen von jährlich etwa 0,1 Prozent der Anlagesumme. Insgesamt belaufen sich die jährlichen Kosten für Geldmarktfonds damit auf etwa 0,1-0,2Prozent der angelegten Gelder. Die absehbaren Renditen von Geldmarktfonds werden folglich dauerhaft über den Verzinsungen auf den Tagesgeldkonten bei Banken liegen. Aufgrund der flachen Zinsstruktur sind die Renditen aktuell sogar ähnlich hoch wie die Renditen von Anleihen und Rentenfonds mit längeren Laufzeiten.

Geringere Risiken als bei den Einlagen bei Banken 

Geldmarktfonds können derzeit nicht nur mit überlegenen Renditen, sondern auch sehr überschaubaren Risiken überzeugen. Fonds und ETFs stellen grundsätzlich Sondervermögen dar und die Eigentumsrechte an diesen Wertpapieren bleiben auch von einer Insolvenz der depotführenden Bank unberührt. Bei den Einlagen bei Banken, welche die gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 Euro übersteigen, ist dagegen ein Totalverlust möglich. Im Falle einer Schieflage oder Insolvenz der Bank können auch hohe Einlagen bei Banken von den Abwicklungsbehörden zur Haftung herangezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme dieser Mittel hängt von der Bonität beziehungsweise dem Rating der jeweiligen Bank ab.

Die verschiedenen Finanzinstrumente in einem Geldmarktfonds unterliegen ebenfalls Ausfall- bzw. Bonitätsrisiken. Aufgrund der breiten Streuung im Fonds gibt es jedoch kein Klumpenrisiko wie bei den Einlagen bei Banken und das Bonitätsrisiko lässt sich vom Anleger zudem beliebig skalieren. Für sehr risikoscheue Anleger bietet sich beispielsweise der Geldmarkt-ETF von iShares (WKN: A0RGEL) an. Er verleiht sein Geld ausschließlich kurzfristig an bonitätsstarke Staaten, kann dafür aber aktuell nur eine durchschnittliche effektive Verzinsung der enthaltenen Wertpapiere von 2,73 Prozent (Stand: 20. März 2023) bieten.

Daneben sind die Kursschwankungen von Geldmarktpapieren sehr gering. Grundsätzlich gilt: Je länger die Laufzeit oder Duration eines Wertpapieres, desto geringer sind die Kursausschläge. Die durchschnittliche Duration bei Geldmarkfonds liegt zumeist deutlich unter einem Jahr, die Zinsänderungsrisiken fallen deshalb deutlich geringer aus als bei Anleihen und Rentenfonds mit längeren Laufzeiten. Beim Geldmarktfonds wie dem Xtrackers II (WKN: DBX0AN) sind die Kursrisiken sogar nahezu vollständig eliminiert, da dieser Fonds die Tagesgeldzinssätze unter Banken (Euro Short-Term Rate €STR; aktuell: 2,40Prozent) repliziert.

Peter Seppelfricke: Zins-Turbulenzen: Sind Geldmarktfonds wieder attraktiv?

Peter Seppelfricke lehrt Finanzwirtschaft an der Hochschule Osnabrück. Er ist zugleich Gründer und Geschäftsführer der Value Investor Research GmbH. Hier finden Sie weitere Kolumnen von Peter Seppelfricke

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