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Postfaschistin an der Macht: Was bedeutet der Wahlsieg von Georgia Meloni?

Nach dem Wahlsieg des Rechtsbündnisses um die postfaschistische Partei Fratelli d'Italia der wahrscheinlich künftigen Ministerpräsidentin Georgia Meloni fragt man sich im In- und Ausland besorgt, wie es mit dem Land nun weitergeht. Wird sich Italien in der EU an die Seite von Ungarn und Polen stellen? Wird sich das hochverschuldete Land noch weiter verschulden? Und wird die Koalition überhaupt halten?

Was bedeutet Melonis Wahlsieg für die Europäische Union?

Klar ist, dass die EU-Kommission und die anderen Mitgliedsstaaten künftig neben Ungarn und Polen mit einem weiteren nationalistisch regierten Land zu kämpfen haben werden. Im Wahlkampf hat Meloni der EU mehrmals gedroht: "Jetzt ist Schluss mit lustig!" Sie dürfte dieser Ansage treu bleiben.

Meloni fordert, dass die italienische Gesetzgebung künftig einen Vorrang gegenüber dem EU-Recht haben müsse. Sie will zudem, dass sich die EU nur um die großen gemeinschaftlichen Themen kümmert und die Mitgliedsländer ansonsten weitgehend in Ruhe lässt. Besonders Berlin und Paris müssen sich auf Konfrontationen einstellen, denn "Italien will in Zukunft gleichwertiges Mitglied sein". Seit Jahren basiert die Politik der italienischen Rechten unter anderem darauf, Italien als "eine Kolonie Frankreichs oder Deutschlands" darzustellen. Und so behauptete Meloni immer wieder, dass die Bundesregierung gegen einen Gaspreisdeckel sei, weil Deutschland das Gas aus Russland noch immer zu einem weitaus niedrigeren Preis bekomme.

Aber ist Italien nicht auf das Geld der EU angewiesen?

Ja, Italien braucht das Geld aus dem Europäischen Wiederaufbaufonds, der aufgelegt wurde, um die Folgen der Pandemie abzufedern. Anders als Ungarn und Polen ist Italien zwar Nettozahler in der EU. Aber es ist auch das Land, dem mit fast 200 Milliarden Euro der größte Betrag aus dem Wiederaufbaufonds zukommt.

Dass die nationalpopulistische Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini bei den Wahlen weniger als 9 Prozent erreichte, gibt Meloni bei diesem Thema Beinfreiheit. Sie selbst verlangt zwar eine Revision des Wiederaufbaufonds, weiß aber auch, dass sie an dieser Stelle mit Brüssel nicht auf Konfrontationskurs gehen sollte - nicht nur ist Italien angesichts einer Schuldenquote von 150 Prozent auf das Geld der EU angewiesen. Es wäre auch fatal, den Finanzmärkten Signale der Unzuverlässigkeit zu senden. Sie wird also alles daran setzen, die Finanzen unter Kontrolle zu behalten. Salvinis Forderung einer höheren Neuverschuldung sowie einer Einheitssteuer von 15 Prozent für alle wird es daher nicht geben. Berichten zufolge sieht Meloni sich schon seit geraumer Zeit nach einem geeigneten Wirtschaftsminister um, der Brüssel nicht verschrecken würde.

Wird Italien nun auf Schmusekurs mit Russland gehen?

Meloni hat zwar wie viele europäische Rechtsradikale in der Vergangenheit gute Beziehungen zum russischen Präsidenten gepflegt, hat aber im Wahlkampf betont, sie werde nach einem Wahlsieg an den Sanktionen gegen Russland festhalten. Ein Spruch wie der von Berlusconi, Putin habe ja nur nach Kiew vordringen wollen, um "anständige Politiker an die Regierung zu bringen", ist bei ihr nicht vorstellbar. Bereits aus der Opposition heraus hat sie auch die Waffenlieferungsbeschlüsse an die Ukraine unterstützt und sich im Wahlkampf ohne Wenn und Aber hinter die NATO gestellt. Ihr Verhältnis zu den USA ist eng, wenn es auch hauptsächlich auf einer Nähe zu den Republikanern beruht. Ihre Partei Fratelli d'Italia hat dagegen keine engen Beziehungen zu Putins Partei "Einiges Russland", mit dem die Lega 2017 ein Abkommen unterschrieben hat.

Wird auch diese Koalition sich zerlegen?

Dass sowohl die Lega als auch Forza Italia unter 9 Prozent geblieben sind, gibt Meloni einen gewissen Handlungsraum. Trotzdem könnte das Regieren trotz der im Wahlkampf inszenierten Einigkeit anstrengend werden. Berlusconi hat schon vor den Wahlen wissen lassen, seine Partei stehe für einen klaren Pro-EU-Kurs, "und sollten die Herrschaften, unsere Verbündete, in die ich volles Vertrauen habe, eine andere Richtung einschlagen, dann sind wir raus". Ohne Berlusconis Partei könnte die Koalition jedoch kippen. Wie sich die Lega beziehungsweise deren Vorsitzender Salvini verhalten wird, ist unklar. Angesichts des Wahlergebnisses ist nicht einmal sicher, ob Salvini Lega-Chef bleibt.

Wie steht es um die Innenpolitik?

Das ist die Frage, die viele Gegner des Rechtsbündnisses in Italien umtreibt. Der Chef der Demokratischen Partei, Enrico Letta, hat einen Großteil seiner Wahlstrategie darauf getrimmt, die Italiener vor den Folgen einer rechten Regierung zu warnen. Eine Zeitlang bediente er sich auch einer bildlichen Darstellung: schwarz für das rechte Lager, rot für seins.

Das Gespenst des Postfaschismus hat die Wähler aber nicht beeindruckt: zu ideologisch, zu fern von ihren Alltagssorgen: den explodierenden Energiepreisen, der steigenden Inflation. Außerdem hat die Demokratische Partei in den letzten elf Jahren fast immer regiert. Sie hätte genug Zeit gehabt, die Versprechen, die sie im Wahlkampf gemacht hat, umzusetzen.

Die ersten Folgen einer rechten Regierung werden sich vor allem innenpolitisch zeigen. Zum Beispiel was Immigration betrifft und die Bürgerrechte. Meloni hat mehrmals von einer Seeblockade gesprochen und von Lagern für die Migranten in Nordafrika. In diesen soll festgestellt werden, ob sie ein Recht haben, in die EU zu kommen. Gesetzte wie jenes, das ausländischen Kindern nach der Grundschule die italienische Staatsbürgerschaft gewährt, oder das gegen Diskriminierung zugunsten der LGBTQ-Gemeinschaft, werden nicht kommen. Und auch die Schwangerschaftsunterbrechung könnte schwieriger werden. Hier dürfte die neue Regierung versuchen, Italien in eine Reihe mit Ungarn und Polen zu stellen.