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Proteste nach Freitagsgebet: Irans Regime mobilisiert eigene Anhänger

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Unterstützer des Mullah-Regimes protestieren in Teheran.

(Foto: IMAGO/NurPhoto)

Die Wut über die Sittenpolizei und das Mullah-Regime treibt seit Tagen Tausende Iranerinnen und Iraner auf die Straße. Die Regierung setzt den Demonstranten nicht nur Gewalt entgegen, sondern auch Gegenprotest. Nach dem Freitagsgebet marschieren Regierungsanhänger durch die Städte und fordern "Tod den Verschwörern".

Irans Streitkräfte haben angesichts der anhaltenden Proteste auf Schärfste vor einer Störung der Sicherheit im Land gewarnt. "Wir werden den Feinden nicht erlauben, die Situation auszunutzen", zitiert die iranische Nachrichtenagentur Isna aus einer Mitteilung. Auch der Geheimdienst warnte nach Angaben der Agentur Tasnim vor einer Teilnahme an "illegalen Versammlungen".

Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi hatte am Donnerstag ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei den landesweiten Protesten angeordnet. Mindestens 17 Menschen wurden bei den Unruhen bereits getötet, meldet das Staatsfernsehen. Aktivisten befürchten jedoch eine deutlich höhere Opferzahl durch Gewalt der Polizei und der als besonders brutal geltenden Revolutionsgarden. Die Organisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo spricht von 36 bestätigten Toten. Als im November 2019 massenhaft Gegner des Mullah-Regimes auf die Straße gingen, kamen bei der blutigen Niederschlagung der Proteste Hunderte Menschen ums Leben, Amnesty International spricht von mindestens 304 Toten. Damals schaltete die Regierung das Internet sechs Tage lang ab, um die Organisation der Demonstrationen zu erschweren und um zu verhindern, dass Informationen nach außen dringen.

Auslöser der jetzigen Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung.

Als Reaktion mobilisierte die iranische Führung ihre Anhänger. Nach Angaben der Staatsmedien gingen Tausende Menschen nach dem Freitagsgebet auf die Straßen, um sich mit dem Regierungskurs zu solidarisieren. Bei den von der Regierung organisierten Demonstrationen marschierten Anhänger durch mehrere Städte, wie auf Bildern des Staatsfernsehens zu sehen war. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna riefen die Demonstranten auch Slogans wie "Tod Amerika", "Tod Israel" oder "Tod den Verschwörern" sowie "Unser Volk ist wach und hasst Unruhestifter". Auf den Bildern des Staatsfernsehens waren vor allem Männer zu sehen, aber auch einige schwarz verschleierte Frauen.

Erstmals äußert sich Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich am Freitag zu den Protesten im Iran: "Es ist schrecklich, dass Mahsa Amini im Polizeigewahrsam in Teheran gestorben ist", schrieb Scholz auf Twitter. "Egal wo auf der Welt: Frauen müssen selbstbestimmt leben können - ohne um ihr Leben fürchten zu müssen."

Als Reaktion auf die Proteste hat die Regierung den Zugang zum Internet auch diesmal massiv eingeschränkt, und insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. Dutzende Menschen wurden laut iranischen Medien im Rahmen der Proteste verhaftet. Unter ihnen sind nicht nur Teilnehmer der Unruhen, sondern auch Aktivisten und Journalisten. Auch die Journalistin Nilufar Hamedi, die den Fall Aminis als eine der Ersten bekannt gemacht hatte, wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran inhaftiert.

Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen sehen viele Frauen die Regeln inzwischen aber eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch nur auf dem Hinterkopf - zum Ärger erzkonservativer Politiker. Religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen.