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Riss durch Mannschaft und Klub?: Der abenteuerliche Dilettanten-Stadl des FC Bayern

Was ist denn da nur los beim FC Bayern München? Die Ereignisse der letzten Tage toppen alle bekannten Geschichten rund um den "FC Hollywood" aus der Vergangenheit. Der Klub präsentiert sich im Moment auf allen Ebenen auf eine fatale Art und Weise. Auf Thomas Tuchel wartet eine ganz besondere Mission!

Auf den neuen Trainer Thomas Tuchel kommt eine Mammutaufgabe zu - die viel größer und ernster ist, als es fast alle Beobachter des FC Bayern München bis vor Kurzem noch vermutet hätten. Denn wie die - auch für den an Spektakel gewohnten Rekordmeister - außerordentlichen Ereignisse der letzten Tage zeigen: Im Innengefüge des FC Bayern München scheint es tiefe Risse auf verschiedenen Ebenen zu geben.

Für Tuchel bedeutet das, dass er allein über den sportlichen Erfolg die Chance haben wird, den Klub von der Säbener Straße im Inneren zu befrieden. Bleiben die entsprechenden Ergebnisse auf dem Platz aus, wird es schon in naher Zukunft zu einem radikalen Umbruch beim FC Bayern München nicht nur innerhalb der Mannschaft, sondern auch auf Führungsebene kommen.

Einmalig öffentliches Drama

Auch wenn die Offiziellen und viele Fans es immer noch nicht gerne hören wollen: Der FC Bayern München ist auf dem Weg zu einem "normalen" Verein der Fußball-Bundesliga zu werden. Die über so viele Jahre manifestierte Stärke des Klubs ist ins Wanken geraten - und dabei offenbaren sich immer mehr Probleme, die zu einer echten Gefahr für die gewohnte Dominanz des FC Bayern München werden können. Denn wie erfahrene Beobachter des Rekordmeisters in den letzten Tagen immer wieder erstaunt anmerkten, habe es solch ein öffentlich aufgeführtes Drama selbst beim "FC Hollywood" in dieser Form und Ausprägung in all den Jahren der Mitgliedschaft in der ersten Fußball-Bundesliga noch nie gegeben.

Dass etwas im Busch ist beim FC Bayern München, deutete sich spätestens Mitte Februar an, als Uli Hoeneß einen Talk bei der "Neuen Presse" in Hannover dazu nutzte, mit einem Rundumschlag aus der "Abteilung Attacke" seinen Klub und die handelnden Personen für einige Tage aus der (medialen) Schusslinie zu nehmen. Drei Wochen später ließen neue Worte von Hoeneß über den damaligen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann aufhorchen: "Ich meine, dass das ganze mal wieder eine Kampagne ist - warum auch immer. Ich verstehe das nicht. Er hat sich meiner Meinung nach nichts zuschulden kommen lassen."

Eine gezielte Kampagne gegen Nagelsmann? Harter Tobak. Doch Hoeneß schoss diese Nebelkerze natürlich ganz bewusst ab. Allerdings sagte er damals im selben Interview einen Satz, der nun - angesichts der Ereignisse der letzten Tage - äußerst schlecht gealtert ist: "Es sind nach wie vor alle Ziele erreichbar."

Hundsmiserable Kommunikation

Doch genau dieser Widerspruch eint Hoeneß mit dem aktuellen Präsidenten des FC Bayern, Herbert Hainer. Der hatte noch am vorletzten Wochenende gemeint: "Julian macht es sehr gut. Die Trainer-Diskussion kam von außen." Nach der Entlassung sagte er: "Ja, ich habe Julian Nagelsmann vor nicht allzu langer Zeit auch noch voll unterstützt und 'Langzeitprojekt' gesagt. Weil ich es mir gewünscht habe und gehofft habe, dass wir mit dem Julian das durchziehen." Zwischen diesen beiden Aussagen lag nicht einmal eine Woche. Diese Art des Kommunizierens und diese Form der Außendarstellung des Präsidenten Hainer kann man noch nicht einmal, wie im Fall von Hasan Salihamidžić, "hundsmiserabel" nennen.

Nein, sie offenbart viel mehr das problematische Innenverhältnis beim FC Bayern München. Denn entweder entlarven diese Worte seine Anschuldigungen ("Trainer-Diskussion kam von außen") als falsch oder, was fast noch schlimmer wäre für die Bayern, Herbert Hainer wäre am Ende nicht mehr oder nicht immer auf dem aktuellen Stand der internen Diskussionen gewesen. Was auch immer von diesen beiden Optionen stimmt: Es zeigt, dass beim Rekordmeister wenigstens bei der Kommunikation im Augenblick vieles nicht rund läuft. Und das ist noch sehr wohlwollend ausgedrückt.

Und dass es auch bei der Verständigung an anderer Stelle innerhalb des Klubs große Probleme gibt, zeigte sich an den Reaktionen der Spieler Leon Goretzka und Joshua Kimmich im Rahmen des DFB-Länderspiels gegen Peru. Ihre deutlichen Aussagen in Richtung von Hasan Salihamidžić und Oliver Kahn legten entschieden mehr über die Binnen-Verhältnisse im Verein offen, als es allen Beteiligten recht sein kann. Anscheinend hatte man die beiden Führungsspieler des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft weder direkt noch indirekt in die Skepsis gegenüber dem Cheftrainer eingeweiht bzw. deren Meinungen über Nagelsmann in den Entscheidungsprozess miteinbezogen.

Formal war es möglicherweise dem engen Zeitfenster geschuldet, inhaltlich jedoch ist diese Non-Kommunikation kurzfristig wie auf lange Sicht sicherlich problematisch. Denn verständlicherweise wird nun auch genauer auf die Reaktionen bzw. Nicht-Reaktionen anderer Führungsspieler wie Manuel Neuer oder Thomas Müller geschaut.

Erfolg kann schnell für Ruhe sorgen

Und dieser Blick wirft nun neue Fragen auf, die für den FC Bayern sehr unangenehm sein können - oder möglicherweise den wahren Kern der Entlassung von Julian Nagelsmann offenbaren. Denn vermutlich hatte der ehemalige Trainer des FC Bayern nicht die Kabine an sich verloren bzw. gegen sich aufgebracht, sondern durch die Kabine ging ein tiefer Riss - und man traute es Nagelsmann nicht mehr zu, diesen zu kitten.

Nun ist Thomas Tuchel in München der Chefcoach. Und wer die zufriedenen Blicke zwischen Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić bei der Vorstellung und den ersten Worten von Thomas Tuchel bei der Pressekonferenz gesehen hat, der konnte die Sehnsucht der beiden Führungskräfte des FC Bayern nach etwas mehr Ruhe und Konstanz im und für den Klub erahnen. Salihamidžić meinte gestern im "Doppelpass" mit leuchtenden Augen, dass es "Thomas sehr, sehr gut gemacht" habe. Das stimmt.

Und genau darauf wird es nun in den nächsten Tagen und Wochen ankommen. Thomas Tuchel wird beim FC Bayern München nicht nur als Trainer gebraucht werden. Viel mehr wird er als Kommunikator nach innen und außen aktiv werden müssen. Am besten natürlich flankiert von guten Ergebnissen auf dem Platz. Denn wie sagte Uli Hoeneß richtigerweise: Noch sind alle Ziele erreichbar. Und sollte das am Ende tatsächlich klappen, so schnelllebig ist der Fußball, werden die unterhaltsamen Aufführungen des abenteuerlichen Münchener Dilettanten-Stadl der letzten Tage schon bald nur noch vergnügliche Erinnerungen an turbulente Zwischenstürme im kühlen Frühling gewesen sein.