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Schwanfeld nach Razzia geschockt: Mitten im Ort lebte ein Mann, der zum engeren Zirkel der Reichsbürger gehört

Zwei Tage nach der bundesweiten Razzia gegen Reichsbürger, bei der in Schwanfeld Harald P.  festgenommen wurde, geht in der 2000-Seelen-Gemeinde im Landkreis Schweinfurt alles seinen gewohnten Gang. Auf den Straßen sind am Freitag nur wenige Menschen unterwegs. Man geht seiner Arbeit nach, die Kundschaft vor dem Supermarkt spricht über Alltägliches. Manche haben den Großeinsatz der Polizei in der Straße genau gegenüber gar nicht mitbekommen und wissen von nichts.  

Hartmut Hempel und Robert Freund aber wissen genau Bescheid. Die beiden Rentner saßen am Tag der Razzia gerade an ihrem Stammtisch im Café der Bäckerei Dietmann nebenan und hatten den direkten Blick auf das Geschehen. "Da stand alles voller Polizeiautos", sagt Hartmut Hempel. "Die Straße war komplett abgesperrt." Man habe sich gewundert, was da los sei, aber nicht weiter darüber nachgedacht.

Gegenüber vom Bäckerei-Café: Großeinsatz mit bewaffnetem Zugriff

Am nächsten Tag lasen die beiden Rentner dann in der Zeitung, dass sich direkt vor ihren Augen ein Großeinsatz mit bewaffnetem Zugriff auf einen Mann abgespielt hatte, der zum engeren Zirkel der Reichsbürger-Verschwörer gehören soll.

"Das war dann natürlich unser Hauptthema", sagt Robert Freund, mit 83 Jahren einer der Ältesten am Stammtisch der "Coolen 60+". Persönlich bekannt ist Harald P. der Schwanfelder Stammtischtruppe nicht. Er habe sehr zurückgezogen gelebt. Er habe ihn manchmal beim Spazierengehen mit seinem großen Hund gesehen, sagt Hartmut Hempel. Man habe sich gegrüßt. Mehr nicht.   

Im Hof des Mehrfamilienhauses, in dem Harald P. wohnt, steht noch sein Kleinbus in olivgrüner Tarnfarbe, wohl eine Reminiszenz an seine Bundeswehrzeit. Die Bundesanwaltschaft wirft dem früheren Zeitsoldaten vor, für die Bewaffnung der Gruppierung zuständig gewesen zu sein, die nach Erkenntnissen der Ermittler des Bundeskriminalamts den Bundestag stürmen wollte.

Vielen Schwanfeldern war Harald P. nicht bekannt

Hautnah mitbekommen hat eine Nachbarin den Polizeieinsatz. Als sie frühmorgens um 6 Uhr die Zeitung aus dem Briefkasten holen wollte, habe ihr aus der Dunkelheit jemand zugerufen, wieder ins Haus zu gehen, das hier sei ein Polizeieinsatz. Beim Blick aus dem Fenster entdeckte sie dann schwerbewaffnete Polizisten vor dem Haus, in dem sich Harald P. im Dachgeschoss eingemietet hat. Seit etwa zwei Jahren wohne er hier. Wirklich bekannt sei ihr der Nachbar aber nicht. Wenn man sich mal traf, habe man über banale Dinge geredet. 

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Kaum jemand von den Einheimischen scheint Kontakt zu Harald P. gehabt zu haben. Bei rund hundert Zu- und Wegzügen im Jahr kennt man in Schwanfeld nicht jeden Neubürger, jede Neubürgerin. Auch Bürgermeisterin Lisa Krein ist Harald P. nicht persönlich bekannt. Er habe sich ordnungsgemäß im Einwohnermeldeamt angemeldet, er sei nicht aufgefallen.

Die Rathauschefin war am Tag der Razzia dienstlich unterwegs. Wie die meisten Ortsbewohner hat sie erst im Nachhinein erfahren, was in ihrem Dorf los war. Dass sich ein Reichsbürger-Verschwörer im beschaulichen Schwanfeld niedergelassen hat, wertet Lisa Krein als Einzelfall. Das sieht auch ihr Vorgänger Richard Köth so, der zwölf Jahre ehrenamtlicher Bürgermeister war: "Nicht jeder Unbekannte ist gleich ein Reichsbürger."

Tenor am Stammtisch: "In Schwanfeld ist die Welt halt noch in Ordnung"

Trotzdem: Der Schock im Dorf ist groß. "Das hätte ich nie gedacht", sagt die Verkäuferin an der Fleischtheke des Supermarktes. Harald P. habe hier eingekauft. "Er war ruhig und unauffällig."  

Auch Bäckermeister Udo Dietmann sagt, er sei "aus allen Wolken gefallen", als er von der Reichsbürger-Razzia unweit seines Cafés erfuhr. Zur gleichen Zeit seien bei ihm die Lebensmittelkontrolleure in der Backstube gewesen, deshalb habe er nichts mitbekommen.

Am Rentner-Stammtisch loben Hartmut Hempel und Robert Freund den schnellen Polizeizugriff. Und sagen: "In Schwanfeld ist die Welt halt noch in Ordnung."