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Söder eskaliert im Wahlrechts-Zoff - Herr Bundespräsident, stoppen Sie dieses Gesetz!

Das gab’s noch nie: Union und Linkspartei verbrüdern sich und beklagen einen „Angriff auf die Demokratie“.

Stein des Anstoßes: die am Freitag beschlossene Wahlrechtsreform der Ampel. Das Parlament soll von derzeit 736 auf 630 Stimmen verkleinert werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) ist empört – und fordert jetzt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67), das Gesetz zu stoppen!

„Wir appellieren an den Bundespräsidenten, dass er dieses offensichtlich verfassungswidrige Gesetz nicht unterschreibt“, so Söder zu BILD am SONNTAG.

Obwohl selbst die eigenen Experten erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit hätten, habe die Ampel „es so durchgedrückt“, sagt Söder weiter. „Die Ampel versucht, den Wählerwillen zu verfälschen.“

Es sei ein einmaliger Vorgang, dass sich eine Bundesregierung über das Wahlrecht „eine neue Mehrheit zusammenzimmert“, schimpft Bayerns Ministerpräsident. Obwohl selbst die eigenen Experten erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit hätten, habe die Ampel „es so durchgedrückt“.

Und er kündigte an: „Die Wahlrechtsreform ist ein Angriff auf unsere Demokratie, deswegen werden wir dagegen klagen. Wer die meisten Stimmen hat, muss ins Parlament einziehen!“

Am Samstag beschloss außerdem der CSU-Vorstand einstimmig, gegen die Reform Verfassungsbeschwerde einzulegen. Wie auch die Klage der Staatsregierung soll die Verfassungsbeschwerde noch vor der Sommerpause eingereicht werden. Das kündigte Söder in einer Videokonferenz an, wie BILD am SONNTAG aus Teilnehmerkreisen erfuhr.

Tatsächlich ist die Wahlrechtsreform dringend nötig, weil der Bundestag seit Jahren aufgeht wie ein Hefeteig. Aktuell hat er 138 Abgeordnete mehr als gesetzlich vorgesehen (598).

Laut Steuerzahlerbund kosten die 138 Abgeordneten in dieser Wahlperiode etwa 410 Millionen Euro. Effektiver arbeitet der Bundestag dadurch nicht.

Von aktuell 736 soll das Parlament auf 630 Stimmen verkleinert werden

Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Übergröße hängt mit den Erst- und Zweitstimmen zusammen.

► Mit der Erststimme wählt man einen Kandidaten im Wahlkreis. Insgesamt gibt es 299, deren Gewinner in den Bundestag einziehen.

► Mit der Zweitstimme wählt man eine Partei. Das Zweitstimmenergebnis entscheidet, wie sich der Bundestag zusammensetzt.

► Das dicke Ende kommt, wenn Parteien überwiegend bei den Erststimmen punkten und dadurch mehr Sitze erringen, als ihr gemäß Zweitstimmenergebnis zustehen (Überhangmandate). So wie bei der CSU in Bayern.

Folge: Es müssen noch mehr Sitze (Ausgleichsmandate) an andere Parteien vergeben werden, bis die Mehrheitsverhältnisse wieder stimmen. XXL-Bundestag!

In den letzten Jahren war der Widerstand gegen Reformversuche gewaltig, vor allem bei der CSU. Die damaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (74) und Wolfgang Schäuble (80, beide CDU) konnten nichts erreichen, die Schwesterpartei blieb stur.

► Eine Partei soll nur noch so viele Sitze bekommen, wie ihr laut Zweitstimmenergebnis zustehen. Erststimmen-Gewinner werden nicht immer belohnt. Wahlkreise könnten unbesetzt bleiben.

► Aber: Statt auf 598 hat sich die Ampel auf 630 Abgeordnete festgelegt. Dadurch sinkt das Risiko unbesetzter Wahlkreise.

► Was die Opposition auf die Palme bringt: Die „Grundmandatsklausel“ wird gestrichen. Bisher konnten damit Parteien einziehen, die zwar die Fünf-Prozent-Hürde nicht geschafft, aber mindestens drei Direktmandate ergattert haben. So wie aktuell die Linke (sie kam 2021 nur auf 4,9 Prozent). Auch der CSU (5,2 Prozent) geht das zu weit. Sie könnte theoretisch nach der nächsten Wahl 2025 trotz mehr als 40 gewonnener Wahlkreise künftig mit keinem einzigen Abgeordneten mehr im Bundestag vertreten sein.

Macht sich die CSU Sorgen? Markus Söder (56) behauptet: „Die CSU kommt sicher über fünf Prozent, aber wir akzeptieren dennoch nicht, dass die Ampel versucht, ganz Bayern und Teile des Ostens mundtot zu machen.“

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese (39) kontert: „Was bei dem ganzen Geschrei der CSU untergeht: Alle Fraktionen müssen dabei gleichermaßen Federn lassen.“ Die Zeiten seien hart, alle müssten sparen, und da sei es nicht mehr vermittelbar, wenn die Zahl der Volksvertreter ungebremst weiter wachse.

Foto: BILD

Dieser Artikel stammt aus BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Ausgabe gibt es hier.