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Sofortige Reform angemahnt: Fiskus lässt pro Jahr eine Milliarde an KFZ-Steuern liegen

Sofortige Reform angemahnt Fiskus lässt pro Jahr eine Milliarde an KFZ-Steuern liegen

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Regulär zahlen Autohalter einen Steuerbetrag, der sich an der Motorgröße des Fahrzeugs bemisst.

(Foto: picture alliance / Andreas Franke)

Seit 1922 erhebt der Staat Kraftfahrzeugsteuern - und schon seit der ersten Gesetzversion gibt es Ausnahmen. Mit den Jahren wächst die Zahl der Gründe, keine oder weniger Abgaben zu zahlen. Insgesamt entgeht der Staatskasse pro Jahr eine Milliarde Euro, rechnet der Bundesrechnungshof vor.

Der Bundesrechnungshof fordert die Streichung von zahlreichen Ausnahmen bei der KFZ-Steuer - und zwar sofort. Die Behörde erwarte, dass das zuständige Bundesfinanzministerium "ohne weitere Verzögerungen die Reform der kraftfahrzeugsteuerlichen Vergünstigungen einleitet", heißt es in einem Bericht des Rechnungshofs an den Bundestag. Es gehe um Mindereinnahmen von mehr als einer Milliarde Euro jährlich.

Der Rechnungshof beruft sich in dem vierseitigen Schreiben vor allem auf ein Gutachten der Universität Köln, das vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegeben worden war und seit Herbst 2019 vorliegt. Demnach seien die zahlreichen Vergünstigungen bei der KFZ-Steuer "zumindest stufenweise zurückzuführen". Aber: "Konsequenzen folgten dieser Einschätzung nicht", moniert der Bundesrechnungshof.

Viele der Ausnahmeregelungen "sind nachweislich nicht effizient oder haben ihr Ziel bereits erreicht", unterstreicht die Behörde. Dem Gutachten zufolge trügen sie "teilweise auch nicht zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Fortentwicklung des Steuerrechts bei". Der Bundesrechnungshof forderte das Ministerium auf, "eine schrittweise Überprüfung aller gesetzlichen Ausnahmetatbestände" zu starten. "Ziel muss sein, überholte und nicht (mehr) zielführende Regelungen abzubauen und Dauerförderungen zu beenden."

Rechnungshof: "Bislang keine Initiative" des Ministeriums

Wie der Bundesrechnungshof ausführt, sah bereits das erste Kraftfahrzeugsteuergesetz aus dem Jahr 1922 Steuerbefreiungen für bestimmte Fälle vor, etwa für "in landwirtschaftlichen Betrieben verwendete Zugmaschinen". Bei späteren Gesetzesänderungen seien die Regelungen erweitert worden - inzwischen würden für zehn Prozent des Fahrzeugbestandes in Deutschland Steuerbefreiungen und andere Ausnahmen gelten.

"Insgesamt führen sie zu jährlichen Mindereinnahmen von über 1 Mrd. Euro", resümiert der Rechnungshof. Aktuell nimmt der Bund jährlich rund 9,5 Milliarden Euro an KFZ-Steuer ein.

Von der Führung des Bundesfinanzministeriums zeigt sich der Rechnungshof enttäuscht. "Das BMF hat bislang keine Initiative ergriffen, überholte und nicht (mehr) zielführende Steuervergünstigungen abzubauen. Es hat zugelassen, dass alte, unbefristete Befreiungsvorschriften und Ausnahmen von der Regelbesteuerung trotz des nachgewiesenen Reformbedarfs unverändert fortbestehen", heißt es in dem Bericht.

Bundestag stützt Forderung nach Reform

Eine Reforminitiative des Ministeriums sei "seit Jahren überfällig". Jedoch zeigten auch jüngere Aussagen des Ressorts von Christian Lindner, "dass es keine Initiative ergreifen will, die notwendige Reform der kraftfahrzeugsteuerlichen Vergünstigungen anzugehen". Der Bundesrechnungshof hatte das Thema bereits früher aufgebracht. Unter anderem führte die Behörde es in ihrem jüngsten Jahresbericht auf, der im Dezember veröffentlicht wurde.

Die Grünen-Haushaltspolitikerin Paula Piechotta unterstützt die Forderung des Bundesrechnungshofs. Das Ministerium habe seit mehr als zehn Jahren die Sonderregeln bei der KFZ-Steuer nicht abgeschafft. "Angesichts der angespannten Haushaltslage ist es nun endgültig nicht mehr nachvollziehbar, warum auf diese Steuereinnahmen verzichtet wird." Deutschland könne es sich angesichts multipler Krisen, enger finanzieller Spielräume und dem Ziel, Deutschland klimaneutral zu machen, nicht mehr leisten, die Besteuerung von Kraftfahrzeugen mit jahrzehntealten Ausnahme- und Sonderregeln zu verwässern, so Piechotta.

Der Rechnungsprüfungs-Ausschuss des Bundestags habe das Finanzministerium aufgefordert, dem Ausschuss bis Ende 2023 zu berichten, jede kraftfahrzeugsteuerliche Vergünstigung auf ihren Fortbestand zu überprüfen.