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Spielabsage in Frauen-Bundesliga: Frustrierter FC Bayern ärgert sich über DFB

Der FC Bayern reist zum Auswärtsspiel in der Frauen-Bundesliga zu Turbine Potsdam und muss statt mit drei Punkten im Gepäck die Heimreise unverrichteter Dinge antreten. Die Partie wird kurz vor Anpfiff wegen des gefrorenen Rasens abgesagt. Das ärgert die Münchnerinnen mächtig.

Aus München angereist, um Fotos zu machen und Autogramme zu geben. Mehr blieb den Spielerinnen des FC Bayern am Sonntag nicht übrig. Das Spiel in der Frauen-Bundesliga bei Turbine Potsdam wurde eine Stunde vor Anpfiff abgesagt. Der Rasen unbespielbar, so bewertete es das Gespann um Schiedsrichterin Nadine Westerhoff. "Der Platz ist total gefroren. Sowohl in dem einen als auch in dem anderen Sechzehner", sagte sie bei Magentasport. Die Verletzungsgefahr sei dadurch zu groß gewesen.

Eine Entscheidung, die viele Fans nur über Hörensagen mitbekamen. Den Tweet von Turbine sahen viele nicht oder erst zu spät, die Informationen waren spärlich. Die Karl-Liebknecht-Straße vom S-Bahnhof Babelsberg zum Karl-Liebknecht-Stadion war gefüllt mit Getuschel, irritierten und überraschten Menschen, die größtenteils aber nicht sofort umkehrten, sondern sich den Rasen doch gern selbst ansehen wollten. Schließlich hatte der SV Babelsberg 03 doch am Vortag noch gegen Hertha BSC II in der Regionalliga Nordost der Männer auf demselben Platz spielen können. Doch deutliche Minustemperaturen in der Nacht hatten die Lage verändert, wie bei der Platzbegehung des Schiedsrichterinnengespanns entschieden wurde. Eine Rasenheizung gibt es in Potsdam nicht.

Rasenheizung keine Pflicht

Während sie bei den Männern bis zur Dritten Liga seit mehr als 15 Jahren zur Pflichtausstattung gehört, gibt es derartige Regeln nicht für die Frauen. Vor allem wohl, weil die Klubs mit deutlich kleineren finanziellen Mitteln ausgestattet sind und sowohl die Anschaffung als auch der Betrieb einer solchen Heizung mit hohen Kosten verbunden sind. Der SV Babelsberg, mit dem sich Turbine das Stadion teilt, hatte im vergangenen Jahr ob des Kriegs in der Ukraine und der Energiekrise gefordert, die Pflicht zur Installation einer Rasenheizung ab der Dritten Liga abzuschaffen.

Nun wäre aber eine solche Heizung am Sonntag überaus hilfreich gewesen. Schon nach ihrer Ankunft in Potsdam postete die Münchnerin Sarah Zadrazil ein kurzes Video von ihrem Rundgang auf dem Rasen. Zu sehen ist Teamkameradin Karolina Lea Vilhjalmsdottir, die auf den Rasen klopft, der ein "Klonk" abgibt, ehe sie die Spielabsage prophezeit. An der Information für die Zuschauerinnen und Zuschauer aber mangelte es, immer wieder wunderten sich einzelne, warum es so wuselig im Stadion ist und niemand auf seinem Platz steht. Enttäuschte Auswärtsfans waren bedient, ein älterer Herr war sogar extra aus Stuttgart angereist. Vier junge Leute standen sogar noch nach dem terminierten Anpfiff am Getränkestand und waren völlig überrascht, als sie auf Nachfrage von der Spielabsage erfuhren.

"Wir hatten damals einen Heimrecht-Tausch angefragt"

Die Partie zwischen Potsdam und den Bayern wäre der Abschluss der Hinrunde gewesen. Das Spiel war das einzige der Liga, das an diesem Wochenende ausfallen musste. An der Spitze steht mit 33 Punkten der VfL Wolfsburg nach dem 4:0 beim SC Freiburg am Samstag. Der FC Bayern hätte seinen Rückstand mit einem Sieg beim Tabellenletzten Potsdam wieder auf fünf Punkte verkürzen können. "Das ist mega frustrierend und total bitter", sagte Bayerns Sportliche Leiterin, Bianca Rech bei Magentasport: "Das Spiel wäre wichtig für uns gewesen, um den Anschluss zu halten."

Es war nicht nur die Frustration, die den Münchnerinnen zusetzte, sondern auch der Ärger. Schließlich hatten sie vorausgesehen, dass sie den langen Weg umsonst auf sich nehmen könnten. "Es ist absolut bitter, weil wir letztes Jahr schon mit dem DFB im Austausch waren. Aus der Vergangenheit wussten wir, dass es in diesen Monaten immer schwierig ist, in Potsdam zu spielen. Wir hatten damals einen Heimrecht-Tausch angefragt. Das ist leider nicht passiert", sagte. "Das hätte besser laufen können. Gerade wenn wir darüber reden, die Liga professioneller machen zu wollen."

Die Frauen-Bundesliga genießt derzeit eine immense Aufmerksamkeitssteigerung, der Hype nach dem Vize-Titel der DFB-Frauen bei der Europameisterschaft hat angehalten, die Stadien sind so gut besucht wie nie zuvor. Es wird viel über einen Mindestlohn für die Spielerinnen debattiert, über professionelle Bedingungen ähnlich der Männer. Andere Ligen in Europa sind da schon weiter. Etwa die englische Women's Super League. Und doch hapert es auch dort ab und an an den Witterungsverhältnissen. Denn auch in England sind Rasenheizungen bei den Frauen nicht vorgeschrieben.

Ausgerechnet beim FC Chelsea, einem der führenden Frauen-Teams, gab es Ende Januar große Aufregung um die Partie gegen den FC Liverpool, die nach nur sechs Minuten abgebrochen worden war. Den gefrorenen Platz hätte Chelsea-Trainerin Emma Hayes von Anfang an nicht freigegeben. "Man konnte von Anfang an sehen, dass das Feld an den Seiten einer Eisbahn ähnelte." Allerdings können ja "nicht die Trainer entscheiden, ob ein Spiel stattfindet, sondern die FA und seine Vertreter", so Hayes in der BBC. Die aber seien gar nicht vor Ort gewesen. Als die Spielerinnen dann reihenweise hilflos über den Rasen schlitterten, wurde die Partie doch abgebrochen.

Kunstrasen als Alternative?

Diskutiert wird nun unter anderen bei den Fans, wie eine günstige Alternative zu Rasenheizungen aussehen könnte. Die Münchnerinnen hatten den Heimrecht-Tausch angesprochen, bei ihnen hätte gespielt werden können. Möglich wäre aufgrund des Spielplans mit nur zwölf Bundesliga-Teams vielleicht auch, die Winterpause zu verlängern und so die frostige Zeit zu umgehen. Allerdings gibt es natürlich auch noch die Partien im DFB-Pokal sowie für die Bayern und den VfL Wolfsburg Spiele in der Champions League. Und auch die Nationalteam-Slots müssen eingeplant werden.

Alternativ wird die Möglichkeit von Kunstrasen-Plätzen abgewogen. Die S-Bahn-Strecke zwischen Potsdam und Berlin führt vorbei an solchen, auf allen waren Kinder und Jugendliche aktiv. Doch eine professionelle Alternative ist er nicht. Als bei der WM der Frauen im Jahr 2015 in Kanada auf Kunstrasen gespielt wurde, sorgte das für einen Sturm der Entrüstung bei den Spielerinnen. Es sei ein "Albtraum", sagte US-Starspielen Abby Wambach. "Auf diesem Belag zu spielen, das verändert alles. Der Ball springt anders, und du überlegst dir, ob du wirklich in ein Tackling gehen oder grätschen sollst, weil du dir dann blutige Knie holst oder dir die Hüfte aufschürfst."

Die Proteste waren vor der WM unerhört geblieben, eine Klage vor Gericht war sogar abgewiesen worden, was Anwalt Hampton Dellinger damals zu der Aussage veranlasste: "Die FIFA hätte niemals die Männer gezwungen, eine WM auf Plastikrasen auszutragen." Seine Lektion gelernt hat der Weltverband dann erst während des Turniers, die WM darauf - 2019 in Frankreich - wurde wieder auf echtem Rasen gespielt.

Spielabsage passt unverschuldet ins Bild von Turbine

Das werden auch die Münchnerinnen schon am Samstag wieder - im heimischen Campus-Stadion (13 Uhr/Magentasport und im ntv.de-Liveticker). Dann geht es zum offiziellen Auftakt der Rückrunde im Spitzenspiel gegen Eintracht Frankfurt, die den FC Bayern durch ihren knappen 1:0-Sieg beim SV Meppen am Sonntag in der Tabelle zumindest vorübergehend überholten.

Wann das Spiel in Potsdam nachgeholt wird, ist noch unklar. Es ist ein weiteres offenes Thema bei Turbine: Mit nur einem Punkt aus zehn Spielen sind sie abgeschlagene Tabellenletzte, nur fünf eigene Tore stehen bei 28 Gegentreffern zu Buche. Der erste Bundesliga-Abstieg droht akut - und dann hat das Team derzeit noch nicht einmal einen Cheftrainer. Sven Weigang hatte seinen Posten überraschend nur zwei Tage vor dem Restart aufgegeben. Dass nun auch noch der Platz unbespielbar war, passt unverschuldet ins Bild des gefallenen Traditionsklubs.