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Steigende Gaspreise: Diese Personen sollten besonders sparen

Ein anschauliches Beispiel sei da die Subventionierung, die an jene fließt, die sich Fotovoltaikanlagen auf das eigene Dach setzen. "Davon kann nur profitieren, wer überhaupt ein eigenes Haus hat."

Die große Zahl an Mietern in den unteren Einkommensklassen bleibe bei den Förderprogrammen ein Problem. Denn weil die Nebenkosten die Mieter tragen, gebe es nur bedingt Anreize für Vermieter, sich überhaupt um eine bessere Dämmung oder einen eigenen Beitrag zur Stromerzeugung zu bemühen, erläutert Held.

Ein kleines Gegensteuern der Regierung ist zu erkennen. Im Mai hat die Ampelregierung die CO2-Abgabe neu geregelt, die seit 2021 beim Heizen mit Öl oder Erdgas erhoben wird. Bis dahin mussten diese Zusatzkosten alleine die Mieter tragen. Seit Mai gilt nun: Je schlechter der energetische Zustand eines Gebäudes ist, desto mehr der Abgabe müssen die Vermieter übernehmen.

Ein erster Schritt, lobt Held. Damit aber sei es noch nicht getan. "Die Bundesregierung muss sich weiterhin sehr viel intensiver die Frage stellen: Wie kann so gefördert werden, dass auch untere Einkommensgruppen profitieren?"

Linke: "Die anderen sollen sparen"

Und müssten Regierung und Behörden nicht gerade jetzt, in der Krise, mit Blick auf die enormen Unterschiede stärker an einkommensstarke Haushalte appellieren, ihren Verbrauch zu reduzieren?

Die energiepolitische Sprecherin der SPD, Nina Scheer, teilt t-online mit, dass das Wesen eine solidarischen Gesellschaft sei, Besserverdienende verhältnismäßig stärker einzubeziehen. "Das muss zugleich auch umsetzbar sein." Die Entlastungspakete der Regierung müssten deswegen "zielgerichtet" ausgestaltet werden.

Ralph Lenkert, Energieexperte der Linken, sieht hingegen die Notwendigkeit für Appelle an wohlhabendere Haushalte: "Die Bundesregierung, auch die Bundesnetzagentur, sollte stärker den Pro-Kopf-Verbrauch an Energie adressieren, der ist bei Besserverdienenden deutlich höher", sagt er.

Warum das nicht ohnehin schon passiere? Lenkert vermutet: "Da die Bundesregierung und die Ministerialbürokratie zu den besserverdienenden Schichten gehören, glaube ich, ist es wie oft: Es sollen die anderen sparen und bei sich selbst sieht man kein Potenzial."

Die Datengrundlage

Für seine Berechnungen hat Benjamin Held als Grundlage die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) verwendet. Die freiwillige Haushaltsbefragung wird alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt. Dabei werden mittels einer repräsentativen Quotenstichprobe von etwa 0,2 Prozent der deutschen Haushalte soziodemografische Merkmale erfragt.

Helds Fazit ist deutlich: "Je wohlhabender Haushalte sind, desto größer ist im Durchschnitt auch ihr Energieverbrauch. Das trifft auf alle Energieformen zu: Strom-, Wärme- sowie Energieverbrauch für Mobilität."

Held hat die deutschen Haushalte für seine Berechnungen in zehn gleich große Gruppen aufgeteilt. Die Einkommen in der Gruppe 1 sind am niedrigsten, die in der Gruppe 10 am höchsten. Er hat den Energieverbrauch der Haushalte für Strom, Wärme und den motorisierten Individualverkehr einzeln berechnet sowie eine Gesamtbetrachtung geschaffen.

Und die Unterschiede zwischen Gering- und Gutverdienern sind extrem: 7.131 Kilowattstunden (kWh) pro Person und Jahr verbraucht die unterste Einkommensklasse insgesamt im Durchschnitt für Strom, Wärme und den Verkehr mit Kraftfahrzeugen. In der höchsten Einkommensklasse ist der Verbrauch mit 14.434 Kilowattstunden doppelt so hoch.

Mehr Wohnfläche, mehr Flüge, mehr Pkw-Fahrten

Noch weiter wächst die Differenz an, wenn man den Flugverkehr mit in Betracht zieht. Dann verbraucht die unterste Einkommensklasse 7.855 Kilowattstunden, die höchste hingegen 21.760 kWh pro Person und Jahr – also rund das Dreifache. Hier merkt Held allerdings an, dass die Daten zum Fliegen spärlicher und weniger aussagekräftig sind als die für die anderen Sparten.

Das Fazit bleibt jedoch auch ohne den Flugverkehr: Den größten Energieverbrauch haben die Haushalte in Deutschland, die viel verdienen. Warum ist das so?

Besonders groß seien die Unterschiede beim Verbrauch für Heizen und für die Mobilität, sagt Held. "Das hat mehrere Gründe: Wer mehr Geld hat, hat eine wesentlich größere Wohnfläche, fährt wesentlich häufiger und längere Wege mit dem Auto und fliegt auch sehr viel öfters, gerade auch Langstrecke."

Im unteren Einkommensbereich hingegen wohne man auf deutlich weniger Fläche. "Es gibt außerdem sehr viele Menschen, die gar keinen Pkw haben und sich Flüge oft gar nicht leisten können", so Held. "Der richtige Adressat für Spartipps sind deswegen insbesondere die einkommensstärkeren Haushalte."

Von Förderprogrammen profitieren vor allem Wohlhabendere

Held sieht außerdem ein weiteres Problem in der aktuellen Energiesparpolitik: Die Förderprogramme, die die Ampelkoalition und ihre Vorgängerregierung aufgelegt haben, seien vor allem so gestrickt, dass sie reichen Haushalten zugutekommen. Also ausgerechnet jenen, die ohnehin gut verdienen.