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Tech-Layoffs: Warum im Silicon Valley Tausende Mitarbeiter entlassen werden

Die großen US-Technologieunternehmen entlassen Tausende von Mitarbeitern. Es heißt, sie wappnen sich für schwere Zeiten. Was hat das für Deutschland und die hiesigen Start-ups zu bedeuten? 

Amazon, Meta, Alphabet, Microsoft und zuletzt auch Spotify: In den vergangenen Wochen und Monaten haben mehrere Schwergewichte der US-amerikanischen Tech-Branche Entlassungen angekündigt. Insgesamt setzten die Unternehmen rund 50.000 ihrer Mitarbeiter auf die Straße. 

Dabei haben die Konzerne während der Pandemie noch massenhaft Personal eingestellt und ihre Belegschaft stark aufgestockt. Jetzt stellt sich heraus: Einige Unternehmen sind über das Ziel hinausgeschossen und müssen kräftig nachkorrigieren. Auffällig ist: „Die Entlassungswelle in der Tech-Industrie trifft hauptsächlich Plattformen, die während Corona in den vergangenen beiden Jahren besonders gefragt gewesen sind“, sagt Jens Förderer, Professor für Innovation und Digitalisierung an der Technischen Universität München, im Gespräch. 

Doch die Zeiten, in denen das Geld billig und die Nachfrage grenzenlos schien, haben sich geändert. Die Technologiekonzerne sind durch die schlechte wirtschaftliche Lage zunehmend unter Druck geraten. Unter anderem die wegfallenden Werbeeinnahmen zwingen die Tech-Giganten aus dem Silicon Valley zu einer Kurskorrektur.

Entlassungswelle ist Dämpfer für die Branche

Das bedeutet aber nicht, dass der Hype vorbei ist. „Ganz im Gegenteil. Die Tech-Branche wird weiterhin wachsen, nur schlagen die Unternehmen einen vorsichtigeren Kurs ein“, sagt Förderer. Das Wachstum während der Pandemie sei schlicht ungezügelt gewesen. Wie sich die Kurse teilweise entwickelt haben, sei absolut unrealistisch gewesen.

SAP-Stammsitz im badischen Walldorf

Der Softwareriese SAP will Hürden für potenzielle Bewerber abbauen: Ein Uni-Abschluss soll daher künftig kein Muss mehr sein, kündigt Personalvorständin Sabine Bendiek im Interview mit Capital an. Der Plan ist eine Reaktion auf den anhaltenden IT-Fachkräftemangel

„Aus ökonomischer Sicht ist der Stellenabbau die richtige Entscheidung“, sagt Förderer. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten seien Unternehmen dazu gezwungen, sich von Mitarbeitern zu trennen, neu zu skalieren und konservativer zu planen, um größere Einbußen zu verhindern. „In der Hype-Zeit haben Unternehmen nicht nur viel zu viel Mitarbeiter eingestellt, sondern auch zu viele riskante Projekte mit billigem Geld gewagt.“

Sorgen, dass die entlassenen 50.000 Mitarbeiter lange ohne Anstellung bleiben werden, scheinen unbegründet. Zahlen von Recruiting-Firmen legen nahe: Rund 80 Prozent der jetzt betroffenen Mitarbeiter finden spätestens in drei Monaten wieder einen neuen Job. „Die entlassenen Mitarbeiter fallen einigermaßen sanft. Auch in den USA gibt es einen Fachkräftemangel und es ist unbestritten, dass der IT-Markt weiterwachsen wird“, sagt Förderer.

Nichtsdestotrotz ist die Entlassungswelle ein Dämpfer für eine Branche, in der über Jahre hinweg Goldgräberstimmung herrschte. Die Tech-Unternehmen werden nach Einschätzung von Förderer nicht drumherum kommen, ihre Portfolios zu bereinigen. Sie müssen viel mehr ganz genau hinschauen, welche Produkte sich noch lohnen. Das Problem hierbei: Produkte, die eine Wette auf die Zukunft sind oder ein Risiko darstellen, werden eher einkassiert. „Damit droht Innovation auf der Strecke zu bleiben“, sagt Förderer.

Ende der Fahnenstange schon erreicht?

Und die Entlassungswelle in der US-Technologiebranche rollt längst weiter. Während es zuerst die verbraucherorientierten Plattformen getroffen hat, bauen inzwischen längst auch Unternehmen ihr Personal ab, die ihre Produkte eher an Unternehmen vertreiben. So hat der Softwarekonzern Salesforce angekündigt, rund jeden zehnten Mitarbeiter loswerden zu wollen. Der SAP-Rivale will zusätzlich außerdem einige Standorte schließen. Und auch der Netzwerkausrüster Cisco hat sich ein Restrukturierungsprogramm auferlegt, in dessen Rahmen fünf Prozent der Stellen wegfallen sollen. 

In Unternehmen fallen verschiedene Arbeiten an – doch nicht alle können sich mit jeder Aufgabe identifizieren. Das kann frustrieren

In Zeiten von Fachkräftemangel müssen Arbeitgeber ihr Personal zusammenhalten. Immer wichtiger wird dabei ein Begriff: „Meaningfullness“ – der Sinn der Arbeit. So können Arbeitgeber das Gefühl stärken 

Das Ende der Fahnenstange ist laut dem Analysten Dan Ives von der Investmentfirma Wedbush dabei noch lange nicht erreicht. „Wir rechnen mit einem branchenweiten Jobabbau von weiteren fünf bis zehn Prozent. Denn viele Unternehmen haben Geld ausgegeben wie Rockstars der 1980er Jahre.“

Auswirkungen auf Deutschland hat der Personalabbau der Tech-Konzerne bislang noch nicht. Lediglich in der Startup-Szene haben einige Mitarbeiter ihre Jobs verloren, so etwa bei dem Online-Immobiliendienstleister McMakler oder dem E-Roller- und Fahrradverleiher Tier. Das liegt aber nicht daran, dass die jungen Unternehmen während der Pandemie eine Einstellungsoffensive gestartet haben. Vielmehr wird ihnen jetzt ihr Finanzierungs-Modell zum Verhängnis. Denn mit steigenden Zinsen ziehen etliche Kapitalgeber ihr Geld schneller wieder ab.

Dieser Artikel ist zuerst auf ntv.de erschienen.

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